Samstag, 17. Oktober 2020

Sehr Speer: Germanias liegender Elfenbeinturm

Das neue Berlin (l.), dem alten Traum von "Germania" (r.) nachempfunden.


Das Original haben sie noch zusammen geträumt, der Führer und sein Lieblingsarchitekt Albert Speer. Doch die große Vision von Germania, der modernen Stadt auf den Trümmern des alten Berlin, das aus einem und auf einem Sumpf entstand, konnte nicht mehr Wirklichkeit werden. Die langen Parade-Alleen, die gigantischen Verwaltungsgebäude und die Große Halle des Volkes, höher aufragend als eine amerikanische Weltraumrakete, sie blieben Baupläne. Und die neue Reichskanzlei, eines der wenigen Gebäude, die am Ende der Amtszeit Hitlers noch mit leicht feuchtem Beton andeuteten, wie gigantisch dieses Germania hätte werden sollen, wurde nach dem Krieg auf Befehl der Sowjetischen Kontrollkommission abgerissen.  

Erst vor 20 Jahren wurden die Arbeiten fortgesetzt - ein von Axel Schultes entworfener Neubau im Berliner Spreebogen, angelehnt an die Form einer Waschmaschine - wurde am Platz der Republik errichtet. Das von viel moderner Kunst umstellte Gebäude öffnet sich zum zentralen Platz am Reichstag, der als Bürgerforum gestaltet ist und derzeit gerade einen sogenannten AHA-Graben erhält. A steht dabei für Abstand, H für Halt und das zweite A für Außengrenze. 

Die mehrdimensionale Installation ist Teil einer „Band des Bundes“ genannten Gebäudegruppe am Spreebogenpark, die jetzt Verstärkung bekommen soll: Ein prächtiger Erweiterungsbau soll dringend benötigte Büroflächen für die Mitarbeiter des Kanzleramtes schaffen. Das Kanzleramt wächst damit schlagartig auf die doppelte Größe - und es schafft erstmals den Brückenschlag auf die andere Spreeseite. Für 600 Millionen Euro - etwa die Hälfte der Summe, die für das repräsentative neue Berliner Hauptgebäude für 4.000 Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes fällig wurde - bringt die scheidende Kanzlerin ein Bauwerk auf den Weg, dessen Ikonografie die Ideen von Albert Speer entschlossen aufgreift. 

Lange Linien, klassische Bögen und der Mut zu gestalterischer Wucht treffen auf weitläufige Glasflächen, die Speer genauso hätte bauen lassen, hätte er zu seiner Zeit schon Zugriff auf asiatische Flachglasfabriken gehabt. Das ist groß gedacht und großartig gemacht. Mit der Erweiterung auf insgesamt 50.000 Quadratmeter Grundfläche gelingt dem deutschen Regierungssitz endlich auch der Sprung, den das deutsche Parlament schon hinter sich hat: Der Bundestag ist die größte demokratisch gewählte Volksvertretung weltweit, das Kanzleramt wird demnächst 16 Mal größer sein als das amerikanische Weiße Haus und 20 Mal größer als die berühmte "Number 10" der britischen Europa-Verweigerer. 

Der neue "Campus im Kanzlerpark" bietet Deutschlands Bundesverwaltungselite 400 zusätzliche Büros, untergebracht in einem halbrunden Gebäude mit sechs lichten und transparenten Stockwerken. Daran schließen zwei eingeschossige Bauten an, in denen Serviceeinrichtungen für die inzwischen auf 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewachsene Belegschaft des Bundeskanzleramts untergebracht werden. Dazu gehören etwa eine Kantine und ein "Veranstaltungsbereich" genannter Partybereich. Ergäntzt wird das Ganze durch ein eigenes Brief- und Logistikzentrum, das auch Emails empfangen können soll, gekrönt wird es neue Hubschrauberlandeplattform, wie sie nicht mal Trump hat, der immer noch auf dem Rasen vor dem Weißen Haus landen lassen muss. 

Hier zeigen sich Deutschlands wahre Größe und sein wiedergewonnenes Selbstbewusstsein. Der in Form einesliegenden Elfenbeiturm geplante Anbau enthält neun fünfetagige Wintergärten, die auch in späteren Jahren des Klimawandels für kühle Köpfe sorgen sollen.Dazu gibt es eine 250 Quadratmeter große Kanzlerwohnung, die als Ausweichquartier für den Fall eines Wasserschadens oder einer Belagerung der bereits bestehenden nebenan errichtet wird. 

Ein kleiner Kindergarten mit 15 Plätzen, Baukosten 2,8 Millionen Euro, sorgt zudem für gute und warme soziale Gefühle. Für jeden der 25.347 Quadratmeter des Anbau wird mit Baukosten von bescheidenen 18.529 Euro kalkuliert, das ist trotz der insgesamt durch Corona gestiegenen Kosten nur knapp viermal mehr als der Neubau der BND gekostet hatte.

Doch der Bund kann sich die Ausgabe leisten, um ein Stück Berliner Stolz neu zu pflanzen: Angesichts der laufenden Corona-Rettungskosten fallen die Baukosten für den zweckmäßigen Anbau kaum ins Gewicht. Den Bundeshaushalt belasten die Ausgaben nur marginal: Gerademal 0,02 Prozent müssen jährlich für die prächtige Ergänzung der neuen Berliner Mitte aufgewendet werden.

7 Kommentare:

  1. Hitler hatte als Gegenleistung immerhin die Weltherrschaft versprochen. Seine Architektur war dem an angemessen. Von Merkel gibt's als Gegenleistung auch die Weltherrschaft, allerdings die Herrschaft der Welt über Deutschland.

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  2. Welthauptstadt Germania, Weltherrschaft. Und alle Russen wohnen in Holzhäusern, haben lange Bärte und schlafen auf dem Ofen. Dahingegen legen alle Amis immerfort die Hinterhufe auf den Schreibtisch, und jeder kann dort am Wühltisch ein Maschinengewehr günstig erwerben.
    Commander Bligh hat Käse geklaut, und Kaiser Nero hat Rom angezündet ... Das weiß doch jeder!

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  3. vorne rechts , dritte Reihe kann man das Seppministerium für aufrechtes Gehen sehen .

    Brekerfiguren kommen da auch noch hin und dekorieren das dann so ein wenig .

    heute auf kc : "Hass im Netz - wie Bernd Politik macht " durch die Sendung führt Sepp

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  4. @ "Jahwe möge mehren" auf boarisch: Lenk' nicht ab.

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  5. Ein eigenes Brief- und Logistikzentrum, das auch Emails empfangen kann.
    Hat da schon jemand mit Dorothea Bär gesprochen?

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  6. 1. Programm : Schlagerratesendung mit Florian Sylbereisen und Nora, "der braune Anzug" Dr. Talking .

    es wird solange geraten bis alle froh sind . Alt brd Videos . Renzo Schlamotti mit "der Tingelbär in mir steht zu dir " ( 1993 ) . alle finden das gut - und ja - es fühlt sich nach west Republik an .

    Nora die talking queen im braunen Anzug singt was ins Mikro. Alle sind froh . 90 Minuten kein Koronertainment .

    ganz schön schlau - der Sendungsmacher - und dann der Herr von der Lippe , seit gefühlten 200 Jahren Teil der show ( Videoclip ) . Dann die Wettkämpfe - irgendwas mit Franzi und Wasser , Kradfahren und so Sachen halt die man in der Abendschau machen kann .

    anstrengend ist sie scho - die Schau mit dem völlig normalen Moderator der völlig normale Sachen tut und denkt .

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    "noch 12000 Tage Koroner " , 986 S. persia Dünndruck , Pechblendenverlag Auerbach , mit einem Vorwort von Harald Juhnke

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  7. Wieder einmal möchte ich meine vollste Zustimmung zum Artikel signalisieren. Eine winziges Haar in der Suppe möchte ich jedoch zur Anmerkung bringen. Für die Herstellung der Fassaden-Flachgläser hätten wir Asien nicht erobern brauchen. Das ist einer der zunehmend weniger werdenden Bereiche in dem unsere Old-Industrie noch auf dem Weltmarkt mitspielen darf.

    Daher kann man hier noch getrost fordern: "Egal ob kurz oder lange hier Lebende, kauft von nur von schon länger hier Lebenden gefertigtes Glas". Die Corona-Hilfen müssen ja auch bezahlt werden.

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