Donnerstag, 3. September 2020

Fünf Jahre Zustrom: Wie wir Syrien geschafft haben



Es war Not, es war Bürgerkrieg, es begaben sich Menschen auf eine gefährliche Flucht ins Ungewisse. Von dort hatten Verwandte angerufen. Macht mal den Fernseher an. Staunend sahen die Menschen in Damaskus den Anfängen dessen zu, was als "Willkommenskultur" Deutschlands funkelnagelneuen Ruf in der Welt begründen sollte. Offene Arme, keine offenen Beine! Ein Herz am linken Fleck, nicht rechts, wo der Hass wohnt. Für 15 Euro konnte der Neuankömmling sich bei "H&M" ausstatten wie "bei uns zu Hause der Bürgermeister". Ein Selfie im Jugendmode-Anzug. Schnell zu den Lieben daheim geschickt. Kommt doch auch! Etwas Besseres als den Tod im Bürgerkrieg findet ihr überall. "Und die 15 Euro für den Anzug, die haben sie mir hier geschenkt."



Die verrückten Tage vor fünf Jahren


Es waren verrückte Tage, damals, vor fünf Jahren, als Deutschland auf Friedensmission ging. Der Nahe Osten mit dem mörderischen Assad war - die Älteren erinnern sich - das größte Problem der Republik, die kurz davor stand, den 25. Jahrestag des Anschlusses der Ostgebiete zu feiern. Wer von den Alliierten so beschenkt wird, der hat auch selbst Verantwortung. Jahrelang hatte die Bundesregierung bis dato schon versucht, Polen, Tschechen, Dänen, Russen, Chinesen und vielen, vielen andere Staaten mehr oder weniger vorsichtig beizubringen, wie man zu leben, zu regieren und zu wirtschaften hat. Allein das Interesse blieb dünn. Selbstsüchtig beharrten selbst viele EU-Partner darauf, selbst entscheiden zu müssen.

Als in Syrien nun der Krieg zwischen dem gewählten Diktator Assad, islamistischen Terrorgruppen des Islamischen Staates und versprengten Demokratiefreunden ausbrach, sah sich Deutschland zuallererst in der Verantwortung für die vor Krieg, Hunger und Not fliehenden Menschen. Offene Türen und Tore erwarteten die Flüchtenden, die das als Einladung nahmen: Eine Million strömte nach Norden. In der UNHCR-Grafik (oben) ist der sogenannte Merkel-Knick deutlich zu sehen, der verursacht wurde, als sich in Syrien herumsprach, dass Deutschland seine Grenzen gar nicht schließen kann, weil sie so lang sind, dass das vollkommen unmöglich ist.

Unklar, was genau geschafft werden sollte


Die Kanzlerin, die ihre Anweisungen angesichts ihrer historischen Erfahrung mit Schabowskis kleinem Zettel nirgendwo schriftlich hinterlassen hat, tröstete mit ihrem inzwischen selbst historisch gewordenen "Wir schaffen das". Freilich ohne je zu erwähnen, was genau geschafft werden sollte. Der Zustrom wurde jedenfalls untergebracht, beköstigt und integriert, so gut er wollte. Mit großem Engagement diskutierte die Politik anfangs auch die Notwendigkeit, nun aber langsam auch mal "Fluchtursachen zu bekämpfen". 

Als die Heimatfront zu kippen drohte, weil nicht einmal die Mehrzahl der Teddybärenwerfer sich vorstellen konnte, dass auch ein zweites, drittes, fünftes und zwölftes oder 20. Jahr mit jeweils einer Million "Neuankömmlinge" (SZ) zu schaffen sein würde, wurde stattdessen das Flüchtlingsaufhalteabkommen mit der Türkei geschlossen. Ein Menschen-gegen-Geld-Vertrag, der den türkischen Machthaber Erdogan zum Oberaufseher aller vor Krieg und Gewalt Flüchtenden machte, die von Deutschlands Versprechen, es sei Platz genug für alle da, zum Aufbruch motiviert worden waren.

Das Verschwinden des Gesamtproblems


Nun waren sie halt nicht mehr da. Und nun verlor sich auch die peinigende Dringlichkeit des Gesamtproblems. Assad schien nicht weggehen zu wollen, er gewann nach und nach sogar den Bürgerkrieg. Trump tauchte auf, die AfD, eine Versammlung recht fürchterlicher Gestalten, wurde zum parlamentarischen Mahnmal der Merkeljahre. Syrien, immer noch ein Land im Ausnahmezustand, verlor an Interesse (Grafik oben). Deutsche Zeitungen berichteten nicht, deutsche Gemeinsinnsender mieden das Thema zusehends. Die vielen Parteien, die vielen Interessen. Die Russen, die Türken, die Amerikaner, die Jesiden, die Kurden, die Israelis, die Islamisten, die Freie Armee. Und unsere Avacs obendrüber und keiner weiß, warum.

Syrien verschwand fast rückstandsfrei aus der medialen Wahrnehmung. Gelegentlich meldeten Auslandsmedien noch bizarr erscheinende Neuigkeiten von einer "Regierungsbildung" in Damaskus. Im Internet zeigen private Reisende unerhörte Szenen. Im Allgemeinen aber hat Deutschland sich das ehedem brennende Problem auf die altbekannte Art vom Leib geschafft: Aus den Medien, aus den Augen. Aus dem Sinn, Jedes Thema stirbt, wenn das Publikum beginnt, sichtliche Anzeichen von Langeweile zu zeigen.

Der ganze Assad-Kram, der Bürgerkrieg, das "menschliche Leid" (Merkel), all das spielt nicht einmal in den zahllosen Kaisergeburtstagsbeiträgen eine Rolle, die zum 5. Jubiläum der Grenzöffnungnichtschließung über das Land rollten wie bestellt. Kein Wort zu den Gründen, kein Satz zu den Ursachen, keine Folgerung aus dem Versagen angesichts eines Krieges, der immer noch tobt. Und kein Hinweis darauf in den federfertigen Analysen, dass ursprünglich eigentlich alle hatten heimkehren sollen, wenn denn zu Hause wieder Frieden herrscht.

4 Kommentare:

  1. Was zum Lachen: Der verlinkte Artikel in Der Spiegel, Lesen bis an die Bezahlbarriere genügt. Natürlich braucht man dort für die premiumjournalistische Analyse einen Mustermigranten als Kronzeugen, der vielleicht sogar wirklich existiert. Ob er ein Portemonnaie voller Geld bei der Polizei abgegeben hat oder nachts von Merkel träumt, kriegt man aber nur gegen Geld heraus.

    P.S. wer weiterlachen will: Fefe aktuell über Trump und die CSU

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  2. Ja, hab auch gelacht, was Fefe für die die Welt antreibenden Geschichtsprozesse hält. Er ist aber in seiner Rolle als Verleger, Herausgeber, Chefredakteur und umtriebigster Schriftsteller des Zentralorgans aller Fefidioten auf diesen Meldungskorridor beschränkt, sonst laufen ihm die Leser weg. Beschränkt ist er auch. Ja.

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  3. >> Man müsste mal ein Trinkspiel machen, finde ich. Jedesmal einen Shot, wenn auf Demos Leute Transparente für Meinungsfreiheit herumwedeln, während direkt daneben Presse ausgegrenzt oder Leute weggeschickt werden. <<

    Fefe vorgestern. Erinnert entfernt an die Beerdigungsszene in der Verfilmung von Die verlorene Ehre der Katharina Böll, als der Himmelskomiker bei der Verscharrung des in gerechtem Zorn erlegten Zeitungsschmieranten vo einem Angriff auf die Pressefreiheit seiert ...

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  4. >> Weil es dafür keine moralisch akzeptable Begründung gibt, lügt er an einem Stück was von Wahlbetrug in die Kameras.

    Heut lügt sich der fefe mangels Englischkenntnissen eine Wahllüge von Trump zusammen. Oder er schaut zu viel Tagesschau. Die macht Hirnkrätze.

    Im O-Ton von Trump habe ich keinen Wahlbetrug gefunden. NBCnews ist wohl auch sowas wie fefe, Tagesschau, heute oder Neues Deutschland.

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