Donnerstag, 27. August 2020

Wahlrechtsreförmchen: Drei Sitze für ein Hallelujah

In der Corona-Krise bewies der Bundestag, dass auch die Hälfte der Abgeordneten ausreichen würde, um wegweisenden Regierungserklärungen zu lauschen. Aber wohin mit dem Rest?

Zwölf Jahre Schwangerschaft, zwölf Jahre in einem Zustand, den das Bundesverfassungsgericht als nicht verfassungsmäßig bezeichnet hatte, der sich aber auch einfach nicht entbinden lassen wollte. Erst zwölf Jahre nach dem ersten Urteil der Verfassungsrichter zum Umgang mit Überhang- und Ausgleichsmandaten, die zu einer beständigen Erhöhung der Zahl der Sitze im deutschen Bundestag führen, hat sich die große Koalition in Berlin "auf eine Wahlrechtsreform geeinigt", wie das frühere Nachrichtenmagazin Der Spiegel zusammenfasst. Ein Nachtsitzung nur, und der seit einem Jahrzehnt verworrene gordische Knoten, der den Bundestag zum zweitgrößten Parlament der Welt direkt hinter der chinesischen Volkskammer aufgebläht hatte, war zerschlagen.

So leicht geht das, wenn alle wollen, weil das Thema sonst im Wahlkampf immer wieder auf den Tisch gekommen wäre. Und so leicht geht das vor allem, weil dank der hohen Kunst des schnellen Verzögerns trotz der nun nach Beurteilung durch alle Experten gefundenen "Lösung" niemand gar nichts wird aufgeben müssen.

Nach langem Streit habe sich die Große Koalition nun zu einem Kompromiss durchgerungen, heißt es zum weisen Ratsschluss des Koalitionsausschusses, der nachgerade genial ist: Für die Bundestagswahl 2021 bleibt alles, wie es war, das Parlament darf weiter über seine verfassungsmäßige Größe hinaus wachsen, nur soll eine "Übergangslösung" ganz oben, dort, wo der Bundestag droht, vielleicht auch noch größer zu werden als das Parlament von mehr als einer Milliarden Chinesen, "den Zuwachs der Abgeordnetenzahl dämpfen", wie CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagt.

Ganze drei, in Zahlen 3, Überhangmandate werden zu diesem Zweck nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr nicht ausgeglichen werden - die drei obersten sozusagen. Derzeit hat der Bundestag 709 statt der 598 Abgeordneten, die das Grundgesetz vorsieht, nach dem September 2021 könnte er 800 oder 900 haben. Dank der Übergangslösung nun minus 3.

Stolz zeigt sich die Große Koalition, stolz darauf, doch noch Lösungen finden zu können, auch wenn es darum geht, am eigenen Körper operieren und den eigenen Mandatsträgern die Chancen auf einen auskömmlichen Sitz im Hohen Haus mindern zu müssen. Erstmal nur Symbolik, alles andere dann wieder später: Wie immer soll nach der nächsten Wahl 2025 die Zahl der Wahlkreise reduziert werden, allerdings nicht mehr wie noch beim vorvorletzten Anlauf im Jahr 2016 versprochen von 299 auf 275, sondern nun nur noch auf 280.

3 Kommentare:

  1. Der Chinese hat laut Wiki knapp 3000 im Volkskongress sitzen, und die sind wie der Bundestag nur ein 'Absegnungsorgan' (Wiki). Man ist aber konsequenter und ruft den Kongress nur einmal im Jahr zusammen und erspart so den Leuten die ganzen Jahrgänge an nutzlosen Debatten unter Vollhonks über Sachen, die eh längst entschieden sind.

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  2. Da kann man nur noch sagen: "Bravo, Bravo, Bravissimo!"

    Man denkt immer die kriegen gar nichts mehr gebacken außer Otto Normalbürger auf alle nur vorstellbaren Arten zu schikanieren und dann ziehen die so eine Nummer aus dem Zauberzylinder. Nehmt das ihr Kritikaster. Die reißen sich mal wirklich am eigenen Riemen. Einfach toll. So muss man es machen.

    Selbstverständlich bejubelt die Presse diese Lösung als exakt genau richtig angemessene Punktlandung. Die Beste aller möglichen Optionen wurde wie immer gewählt.

    Ein großes und schönes Zeichen für die Reformfähigkeit unseres Staates und gegen die allgemeine Politikverdrossenheit.
    Ich hoffe nur das dieses Zeichen für einen neuen Aufbruch nicht wieder mal von diesen üblen Hassern und Hetzern kaputtgeredet wird.

    Noch einmal Bravo und ein Danke von meiner Seite für die grandiose Reform.

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  3. OT

    >> Patriot64 27. August 2020 at 08:42
    Herr Geisel, die Geisel der Menschheit. <<

    Sum Attila, obses dei!
    Tot den Legasnickern.

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