Dienstag, 11. August 2020

SPD: Im Scholz-Zug zur Arbeitereinheitsfront


Immer im Sommer ist es soweit. In der Linken werden die Strategietafeln ausgeklappt: Was wäre wenn Deutschland wieder eine starke Linke bekäme? Was wäre los, wenn der seit Jahren anhaltende traurige Niedergang der derzeit in "Linkspartei" umbenannten SED gestoppt und nach einer Vereinigung mit den verbliebenen Resten der SPD eine neue, prächtige, der Zukunft zugewandte deutsche Linke erstehen würde? Eine Pracht, die eine ganz neue Welt entstehen lässt, indem sie sich einen neuen Menschen erzieht? Mit der Kür des Mannes zum Kanzlerkandidaten, der eben noch nicht gut genug war, die Partei zu führen, schlägt die gute alte SPD einmal eine Volte, die die alle überrascht. Am meisten wohl die Partei selbst, die sich eben noch auf Kurs Koalition mit der Linkspartei wähnte.


Ganz allein würde es inzwischen nicht mehr reichen für die beiden linken Patienten. Zusammen kämen SPD und Linke im Moment noch auf sparsame 23 Prozent Plus, etwa das Ergebnis, das die SPD allein noch vor zehn Jahren einfuhr. Seitdem hat die älteste deutsche Partei ein halbes Dutzend Mal die Führung gewechselt, sie ist vom wirtschaftsliberalen Kurs der Schröderjahre allmählich auf eine Vision eines staatsmonopolistischen Kapitalismus umgeschwenkt, der antiamerikanisch und fortschrittsskeptisch, israelkritisch und von einem tiefen Misstrauen jedem einzelnen Bürger gegenüber geprägt ist.

Gemeinsame Vorstellungen, gemeinsame Träume


Sichtweisen auf die Welt, die der schwächelnden und auch unter ihrer neuen, bedauernswerten Führung weiter strikt gen Abgrund wankenden Partei Anschlussmöglichkeiten eröffnet. Wie von Kevin Kühnert, dem kommenden Mann der Nach-Esken-Ära, schon vor einem Jahr visioniert, steht über kurz oder lang eine Wiedervereinigung der beiden sozialistischen Parteien ins Haus.  Die Zukunft eines rundum betreuten Lebens braucht eine starke Vertretung von Lehrern, Betriebsräten, Verwaltungsangestellten, Beamten und abgebrochenen Studenten, die schon heute kaum noch von großen ideologischen Unterschieden scheitern wird. SPD und SED schauen aus gleichen Augen auf die Welt: Man will den Kapitalismus überwinden, Gerechtigkeit durch staatliche Umverteilung herbeizwingen, Menschen durch Förderung, vor allem aber durch Strafe erziehen und bei alldem auch immer irgendwas für die Umwelt tun, weil das nun mal dazugehört.

Dass die beiden bedauernswerten Vorsitzenden der SPD den Vorschlag einer der bedauernswerten Vorsitzenden der Linken, sich mit ihrem auf etwa acht Prozent geschrumpften Stimmenanteil gern in eine Bundesregierung retten zu wollen, prompt aufgriffen, zeigt das Maß an Verzweiflung, das im Willy-Brandt-Haus herrscht. Nach mehr als einem Jahrzehnt rasanten Niedergangs gehen der deutschen Sozialdemokratie die strategischen Alternativen aus.

Dass nun ausgerechnet der als "rechts" beargwöhnte letzte noch aktive Weggefährte der neoliberalen Schröder-Jahre im Hinterzimmer zum künftigen Führer des ganzen nach links gerutschten Landes ausgewürfelt worden ist, zeigt die Ratlosigkeit des aktuellen Vorstandspersonals: Alle hier leiden unter Unbekanntheit, Antipathie und dem Misstrauen, dass, wer nicht einmal eine Berufsausbildung beendet hat, womöglich nicht die Idealbesetzung als Geschäftsführer eines Konzerns mit 83 Millionen Mitarbeitern ist. Also Scholz. Der zuletzt den mächtigsten Wumms aller Wummse ausgerufen hatte. Den kennt der eine oder andere doch noch. Der ist als größter Schuldenmacher der deutschen Geschichte sein eigenes Wahlprogramm.

Ein Leben nach politischen Vorgaben


Weder das moribunde Vorsitzendenduo Saskia Esken/Walter Borjans noch der sich warmlaufende Kevin Kühnert, weder das alte Pöbelgeschütz Ralf Stegner noch die nach Höherem strebenden Hubertus Heil und Lars Klingbeil haben irgendeine Vorstellung von einer aus sich selbst heraus funktionsfähigen Gesellschaftsordnung. Ihre Idee ist die eines Lebens nach politischen Vorgaben , die in Parteizentralen ausgewürfelt werden. Man träumt parteiübergreifend von Mietdeckeln für alles, Insolvenzverboten für jeden und ärmer werdenden Reichen durch Abschöpfung, man will raus aus der Nato, offene Grenzen und eine EU, die funktioniert wie seinerzeit der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, nur dass diesmal Deutschland sagen soll, wer was wie zu tun hat.

Selbst die Linkspartei, die im Grunde seit Jahren ausschließlich für sich selbst - also für die eigene Funktionärskaste - existiert, kommt nicht umhin, die Anschlussmöglichkeiten zu sehen. Man könnte ja sogar zusammen regieren, schaffte man es, die im Vergleich zu den beiden Traditionsparteien gigantisch erfolgreichen Grünen dazu zu bewegen, als Dritte im Bundes mitzumachen!

Ein sozialistisches Deutschland


Ein sozialistisches Deutschland, wie es SED und SPD schon in den 80ern gemeinsam entwarfen, ist machbar. Es fehlen im Moment ganze 0,5 Prozent, um die konkurrierende Koalitionsmöglichkeit aus CDU, CSU und FDP hinter sich zu lassen. Spitze auf Knopf und gottseidank, dass es die AfD gibt, die am rechten Rand wegfischt, was einer konservativeren CDU womöglich CSU-Umfragewerte bescheren würde. So tobt der Kampf ums Kanzleramt nicht zwischen 100, sondern nur zwischen 80 bis 90 Prozent der Wählerinnen und Wähler, und der Fehlbetrag zu hundert wird immer und ausschließlich vom CDU-Konto abgebucht.

Dass sich SPD und Linkspartei erneut zur SED vereinen, die dann aber sicher anders heißen wird, ist so keine Frage des Ob, sondern nur eine des Wann und Warum-eigentlich-nicht-gleich. Weil Rücksicht zu nehmen ist auf derzeit noch doppelt besetzte Posten, auf die Empfindlichkeiten von Teilen der rückwärtsgewandten eigenen Mitgliedschaft aufgrund historischer Ereignisse und die Reaktion einer Wählerschaft, die vielleicht noch nicht soweit ist, die umbenannte SED mit offenen Armen als natürlichen Teil der alten Arbeiterpartei SPD zu begrüßen. Mittelfristig aber führt kein Weg vorbei am Versuch, die beiden vereinzelt langsam wegsterbenden Parteien des vergangenen Jahrhunderts durch eine erneute Vereinigung zumindest vorübergehend zu stärken. Erst aber kommt eine Koalition, dann die organisatorische Einheit. Die konzertierten Bemühungen der SPD-Spitze, die Wassertiefe und -temperatur auszuloten, sprechen Bände.


1 Kommentar:

  1. Hui, das wird wieder einmal ein knochenharter Wahlkampf werden. Scholz und wahrscheinlich Söder werden sich wie Schattenboxer umtänzeln und nicht einmal daran denken einen Schlag zu setzen. Alle wichtigen Themen werden nicht einmal am Rande angesprochen werden. Das Hauptthema es einen ist "mehr Gerechtigkeit durch mehr Steuern und Schulden", das des anderen ist "mehr Gerechtigkeit durch mehr Steuern und Schulden nur ein klein wenig anders akzentuiert".
    Beide werden sich lediglich darin zu überbieten versuchen, sich den wahrscheinlichen Königsmachern, den Grünen, anzudienen. Was auch den Jubel der gesamten Medienlandschaft nach sich ziehen wird.
    Macht es inzwischen für irgendjemanden der schon länger hier Lebenden noch einen Unterschied ob wir Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün als Regierung bekommen? Das einzig ein wenig spannende wird sein, ob die FDP noch einmal in den Bundestag kommt oder erst bei der übernächsten Wahl implodiert.

    P.S. Sollte es doch der Armin oder gar noch einmal die Angela und nicht der Markus werden, ändert sich deswegen auch nix.

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