Montag, 24. August 2020

Infizierte Prominente: Die zweite Delle

Wer über die Pandemie gut informiert ist, verliert die Angst.

Zu Beginn der großen Pandemie gehörte es zum guten Ton im Showgeschäft, sich möglichst schnell eine Corona-Infektion zuzuziehen. Gewiefte Öffentlichkeitsarbeiter wissen, dass es nur die Ersten schaffen, aus ihrem Treffen mit dem Virus ein halbe Seite Bild und 856 Onlineaufmacher bei Boulevardmedien wie "Der Westen", "Express" und "Spiegel" zu machen.


Von Johannes B. Kerner bis Gerta Thunberg eilten denn gleich nach dem Startschuss zur Influencerolympiade alle herbei, die Prominentenstatus für sich beanspruchen: Hollywood-Aktricen und deutsche Volksschauspieler, Tenöre und Torhüter, Tänzer und Ansager, schlimmer noch als in den Slums von Lahore wütete die Pandemie in den Backstagebereichen des Showbusiness. Staunend betrachtete das Kino-, Fernseh- und Konzertpublikum seine Stars und fragte sich, wie es ausgerechnet den abgeschottet vom normalen Leben in Villen und Vororten lebenden Besserverdienenden gelingen konnte, sich zu einer Zeit mit dem Erreger infizieren, zu der nur einer unter einer Million Menschen als Ansteckungsherd zur Verfügung stand.

Sie schafften es


Doch sie schafften es. Madonna war betroffen, Jens Lehmann, Harvey Weinstein und J.K. Rowling, Antonio Banderas, Tom Hanks und Pink, ein Helene-Fischer-Double wurde durch seine Corona-Infektion erst richtig bekannt, auch der Hannoveraner Fußballer Timo Hübers schaffte es, seinen Marktwert in der Aufmerksamkeitsökonomie durch Corona beträchtlich zu steigern.

Viele Fußballer waren betroffen, auch andere Sportler. Influencer, Ehefrauen von Vorabendserienschauspielern, Politiker und Lokalpolitiker. Wer was auf sich hielt, hatte Corona und berichtete in den bunten Blättern oder auf dem eigenen Instagram-Kanal von seinem Kampf mit dem "neuartigen Lungenvirus" (DPA). Selbst Angela Merkel ging in Quarantäne, damals, als es noch etwas besonderes war, und als die Regierungschefin sich zwei Wochen lang nur per verrauschter Audiobotschaft meldete, vermutete das politische Berlin, dass die Kanzlerin insgeheim und kontrolliert eine Corona-Erkrankung absolvierte, um das Land im Ernstfall ohne Angst vor Ansteckung durch die Krise lenken und leiten zu können.

Die Pandemie im Showgeschäft


Wie seinerzeit die heute oft für ein Märchen aus der Sagenwelt gehaltene Welle von Brieftaschen- und bedeutenden Geldfunden rauschte auch die Corona-Pandemie im Unterhaltungssektor in Rekordgeschwindigkeit durchs Land. Wer früh genug eine Ansteckung gestand, musste nicht einmal einen positiven Test nachweisen. Doch wer sich zu spät infizierte, wurde nicht einmal mehr dann mit Schlagzeilen bedacht, wenn er gewillt war, von seinem wochenlangen Kampf gegen Geschmacklosigkeit und das Misstrauen der Nachbarn zu berichten.

Je gewöhnlicher Corona wurde, desto deutlicher verschob sich das Verhältnis von gewöhnlichen Patienten und prominenten Infizierten. Mittlerweile ist aus der Welle der prominenten Patienten eine zweite Delle geworden, die von der flachen Lernkurve der Corona-Zeit erzählt: Im sechsten Seuchenmonat gelingt es hochbezahlten, von Managern und persönlichen Assistenten durchs Leben begleiteten Kunst-, Kultur- und Sportschaffenden zunehmend besser, sich zu schützen, Abstandsregeln einzuhalten und sich mit Hilfe der erst im April erfundenen Volksmasken ("Wie der Name ,Mund-Nasen-Schutz' entstand") vor den typischen Aerosolen zu schützen, die leidenschaftlich betriebene Kunst stets begleiten.

Das macht Mut, ist es doch ein schönes Beispiel dafür, wie striktes Containment dem Erreger im Entertainmentbereich den Garaus gemacht hat. Als Corona im Showgeschäft seine Funktion verlor, verschwand das unbesiegbar scheinende Virus sogar aus den bis dahin so hart getroffenen Prominentenhaushalten.



6 Kommentare:

  1. Ja kräht kein Hahn danach, da musste schon Nawalny heißen.

    'Olaf Scholz sprach derweil sein Mitgefühl aus.'
    Ist Nawalny verstorben? Nein, bisher nicht, aber Scholz ist das SPD-Spitzenhirn.

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  3. Michael Klein

    Tun Sie etwas dagegen. Starten Sie zum Beispiel eine Petition bei Change.org.
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    Ähm, ja, also die Fefeisierung der Schriftleistenden ist keine Lösung. Es ist auch kein tun, sondern Tunichtgut.

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  4. >Tun Sie etwas dagegen. Starten Sie zum Beispiel eine Petition bei Change.org.

    Ich sehe, was Sie meinen. Man sollte dort sicherheitshalber lieber zwei oder drei Petitionen starten.

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  5. >> Man sollte dort sicherheitshalber lieber zwei oder drei Petitionen starten.

    Das leuchtet ein. Falls sie eine löschen oder nicht annehmen, dann sind die zwei anderen ja noch da.

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  6. Hierzulande fehlen auch die Toten, eigentlich sogar in ganz Europa. Nicht nur die Kranken, Schwerkranken, bald Kranken und fürchterlich viel Infizierten. Über die Toten schreibt auch keiner, und in der Tagesschau ist die Zeit rum.

    https://www.youtube.com/watch?v=cT9nfh8ZrFQ#t=4m10

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