Donnerstag, 11. Juni 2020

Rassismus in der Rechtschreibung: Die fatale Formulierung "Ich weiß"

Diese jungen Suprematisten sind so stolz auf das unverdiente Privileg, weiß zu sein, dass sie gleich doppelt damit protzen.

Jahrhundertelang verdrängt, verschwiegen und verleugnet, dann aber durch den "Mord" (Angela Merkel) an George Floyd mit Macht aus den Fugen einer "zutiefst gespaltenen" (Spiegel) Gesellschaft gebrochen: Die Großkundgebungen und zornigen Solidaritätsdemonstrationen zu Ehren des von der Polizei in Minnesota umgebrachten früheren Filmdarstellers zeigten erstmals in aller Deutlichkeit, wie tief das rassistische Gen auch in Deutschland im Volkskörper sitzt.

Während die Profiteure des Raubtier-Kapitalismus an den Börsen den schnellen Euro machen und dazu "den Kampf der Lohnabhängigen gegeneinander ganz gezielt schüren" (Berliner Zeitung), beschäftigen sich große deutsche Magazine lieber mit Trumps menschenverachtenden Sprüchen als mit dem grassierenden Rassismus hierzulande.

Das ist kein Versehen, denn gerade der deutsche Rassismus hat System. Nicht erst seit  bekanntgeworden ist, dass unter den zehn meistgeladenen Talkshowgästen Deutschland im vergangenen Jahr durchweg weiße Angehörige der politischen Oberschicht waren, steht fest, dass Deutschland in Sachen Diversität Nachholbedarf hat. Die Wurzel des Übels aber, das hat schon Ernst Bloch erkannt, liegt in der hierzulande immer noch hartnäckig verwendeten Sprache: Setzen andere Idiome vorsorglich von Anfang an auf multikulturelle und gendergerechte Formulierungen, protzt die Sprache der einstigen deutschen Kolonialmacht bis heute mit rassistischen Stereotypen.

Vor mehr als 500 Jahren schon brachte der Heilbronner Theologe Martinus von Biberach das Problem auf den Punkt. "Ich bin und weiß nicht wer, ich leb, weiß nicht wie lang, ich sterb und weiß nicht wann, ich fahr, weiß nicht wohin", kritisierte er die ihn umgebende Wirklichkeit, betonte dabei aber gleich viermal, was bis in die Gegenwart Gesellschaften spaltet und Menschen brutal voneinander trennt: Hier die einen, denen die gebräuchlichste Sprache im Land die Möglichhkeit gibt, "ich weiß" zu sagen. Und dort die anderen, die die Chance nicht haben, weil sie Schwarz, Farbig oder People of Color sind.

Rassismus, getarnt als Wissensvorsprung der Weißen, ein Privileg derer, die schon länger hier leben, wie Kanzlerin Angela Merkel es ausgedrückt hat, die selbst überaus selbstbewusst immer wieder von Gelegenheiten Gebrauch macht, "ich weiß" zu sagen. Keine Frage der Betonung, sondern eine weißer Vorherrschaft. Gezielt haben die Erfinder der deutschen Sprache dort, wo andere Sprachen unkritische Formulierungen wie "I know", "je connais" und "Я знаю" jeweils im Sinne von "Ich kenne" verwenden, leiteten deutsche Rassist schon weit zurück in der Geschichte aus dem Begriff "Wissen" als selbstzugeschriebener Fähigkeit das Verb "wissen" mit der Beugung "weiß" ab, die gezielt auf die Hautfarbe der vermeintliche Wissensträger anspielt.

"Ich schwarz" ist bis heute keine gebräuchliche Entsprechung dazu. Es fehlt bis in die Kreise des neubürgerlichen Bionadeadels und der engagierten Antifa vollkommen am Bewusstsein der Tatsache, dass eine gerechte Gesellschaft nicht aufgebaut werden kann, wenn die Sprache, mit der sie operiert, in sich so ungerecht ausgestaltet ist, dass jeder Versuch, sich in der unrechten Mundart gerecht auszudrücken, in einem Ausbruch verbalen Faschismus enden muss: "Ich weiß" betoniert in seiner Doppelbedeutung weißen Suprematismus und setzt im Beharren darauf, dass nur diese Schreibweise korrekt ist, unüberwindbare Hürden für alle, denen an einem höheren Maß grammatikalischer Gerechtigkeit gelegen ist.

Das Versagen der Zivilgesellschaft zeigt sich in als blinder Fleck, von dem aus die Besten der Bewegung gedankenlos selbst in die Sprachfalle gehen. "Ich weiß" wird zur selbsterfüllenden Beschwörung, wer weiß ist, weiß, wer weiß, ist weiß. Bis heute fehlt es an jeder Art von Petition oder auch nur kollektiver Debatte über die Verheerungen, die allein diese überkommende Formulierung in einer Gesellschaft anrichtet, die offiziell bemüht ist, durch eine neue Welle von Markierungen mit Sternen klar in Richtung und Falsch, Gut und Böse und Freund und Feind zu trennen.

So lange sich Deutschland nicht mit aller Kraft ehrlich macht und über ein striktes Verbot der fragwürdigen Beherrschungsvokabel "weiß" zumindest in den Medien - in einem ersten Schritt - nachdenkt, wird eine Zukunft, die allen Mensch*innen dieselben Chancen, Möglichkeiten und Einkommen bietet,  nicht zu gewinnen sein.

7 Kommentare:

  1. Der verlinkte rassenkundliche Artikel von M. Maier bei der BZ liefert die Bildunterschrift des Jahres:
    Minneapolis: Natasha Cloutier schreit während einer Demonstration für George Floyd.

    Das ist natürlich nicht das einzige, was an diesem Artikel schräg ist. Es ist eigentlich nichts nicht schräg, man weiß gar nicht, wo man anfangen soll.

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  2. Prinz EugenJuni 11, 2020

    "Voll ins Schwarze, wie jeder weiß, der Scheiß bleibt weiß"

    von Roberta Blanka - Auszug "Afrikanische Lyrik aus Duisburg"

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  3. Noch einen aus demselben Pipi-Strang (Die New Yorker Fifth Avenue ...):

    >> Apologet 11. Juni 2020 at 09:33
    Maske ist das Unwort vom Jahr 2020!!! Ich kann dieses Wort nich mehr höhren. <<

    Wer Wind säht, wird Stuhrm ernten. Wiederlich das Gantze.

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  4. Da sich niemand seine Hautfarbe aussuchen kann, sind alle Bemühungen von insbesondere "linken Gutmenschen" die Hautfarben der Menschen als Makel zu sehen und deshalb totzuschweigen einfach nur albern. Alle Menschen haben die gleichen Menschenrechte, deshalb sind aber nicht alle Menschen gleich. Es gibt bei allen Ethnien gescheite und dumme, böse und liebevolle, umsichtige und leichtsinnige Menschen, von den Mißratenen und Abartigen gar nicht zu reden. Aktuell zu besichtigen in den als besonders "demokratisch" geltenden Vereinigten Staaten von Amerika". Wer mit Orwells "Neusprech" meint, die Wirklichkeit ausblenden zu können, muß scheitern. Für die rassischtisch Verfolgten brauchen wir die universalen Menschenrechte und eine Justiz, die die Ethnien klar benennt und ihr "Anderssein" schützt. Was aufhören muß ist die Ausbeutung und die moderne Arbeitssklavenhaltung, denn darin sind die Globalisten aller Völker besonders erfolgreich. Teile und herrsche, Bunt gegen Weiß. "Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke!" (George Orwell) Gott schütze uns alle!
    Elli

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  5. SigmaphaseJuni 11, 2020

    Ich Tarzan, Du Jane! Antwort: Ich weiß
    https://m.media-amazon.com/images/I/51StSgrh4RL.jpg

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  6. Hermann Stöhr: Wer den Tod in Ehren fürchtet, stirbt in Schande. El hombre cobarde evita la lucha.

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  7. GEZ Funk wirkt : die bunte zdf Moma-Moderatorin sitzt bei Lanz und fordert irgendwas mit Aufarbeitung , überall Rassismus und alles ganz schlimm .

    heute in der S-Bahn : der kleine chimp out für Zwischendurch .

    "IHR DÜRFT JETZT " brüllt der gez Funk.

    mal sehen wann es knallt

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