Montag, 8. Juni 2020

Fliegenschiss: So harmlos war der Holocaust

Neue Prämisse in der Erinnerungsarbeit: Die Leugnung des Holocaust ist hoffähig.

Der Fall George Floyd hat es offenbart: Rassismus hat Konjunktur, Rassismus ist vielleicht sogar fähig, als nächstes großes Metathema anstelle der längst auserzählten Corona-Geschichte dafür zu sorgen, dass die Welt allmählich wieder in den Normalzustand zurückkehrt. Sich nicht mehr so viele Gedanken machen um die Sorgen von heute, sondern endlich wieder an Morgen denken! Nicht brüten, ob der nächste Urlaub stattfindet und wo er hinführt, sondern ob es moralisch vertretbar ist, Urlaub zu machen. Nicht mehr sinnieren, ob das Toilettenpapier reichen wird, wenn die Untoten Legion werden. Sondern darüber, welchen ökologischen Fußabdruck des gänzlich unindische Angewohntheit hinterlässt, überhaupt Toilettenpapier zu verwenden.

Die Chance ist erkennt. Deutsche Talkshows, die sich eben noch weigerten, ihre Besetzungscouch mit Schwarzen Menschen zu füllen, denken um. Zeitungsredaktionen öffnen ihre Spalten weit, um Naturbetroffene zu Wort kommen zu lassen. Wer jetzt bereits ein Buch zum Thema fertig hat, der kann sich vor Einladungen nicht retten - wie Alice Hasters, Autorin des "Augenöffners" (Deutschlandfunk) "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen: aber wissen sollten", eines 200-Seiten-Bändchens, das als "Buch der Stunde" (Kölnische Rundschau) den akuten Bedarf der Mediengesellschaft nach Bestätigung der Sünde, Reue und Bestrafung deckt.

Wie viel Rassismus aber steckt im Erfolg der jungen Westdeutschen, die normalerweise für "Tagesschau" und RBB über afrodeutsche Identität, Feminismus und Intersektionalität berichtet? Die Wahrheit hält Deutschland den Spiegel vor: Trotz breitester Berichterstattung George Floyd hat das "autobiographische Debütbuch" (Wikipedia) vor dem Vergessenwerden gerettet: Trotz breitester Berichterstattung drohte das Standardwerk zum Schwarzsein in Deutschland bereits vor Weihnachten 2019 in der Bedeutungslosigkeit der völligen Unverkäuflichkeit zu versinken. Erst George Floyd gelang es dann, das Schicksal zu wenden und Hasters` Versuch, persönliche Erlebnisse und Beobachtungen mit historischen Fakten und wissenschaftlichen Untersuchungen zu Rassismus zu einem spannenden Leseerlebnis zu verbinden, zu einem Verkaufserfolg zu machen.

Dass die gebürtige Kölnerin sich nicht scheut, im Dienst der guten Sache auch mal ein Tabu zu brechen, schadet nicht. "Das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte ist weiße Vorherrschaft", hat Hasters jetzt in der Wochenzeitschrift "Die Zeit" verdeutlicht, dass das bisherige unvergleichliche und uneinordenbare Menschheitsverbrechen Holocaust sich aus Sicht einer 31-Jährigen Nachfahrin der Männer und Frauen, die den Mord an den Juden planten, organisierten und durchführten, hinter der weißen Vorherrschaft einzuordnen habe.

Widerspruch kam nicht, denn die neue Prämisse passt in einem Situation der entgrenzten Reaktion, in der Deutschland nach einer Chance sucht, sich selbst zu vergewissern, dass es wie immer immer noch besser als alle anderen weiß, was wer wo am besten tun müsste, um so zu werden wie das beste Deutschland aller Zeiten schon immer ist. Der über Jahrzehnte eingeübte Reflex, jede Verharmlosung des Holocaust, jede Gleichsetzung oder Vergleichbarkeit des Mordes an sechs Millionen Juden mit irgendeinem anderen Ereignis in der Weltgeschichte mit Protest und Widerstand zu beantworten, setzt im Bemühen aus, "Black lives matters" als Nachfolger von Occupy Wall Street, Attac, Fridays for Future und Extinction Rebellion zu etablieren.

Ob das gelingt, ist noch nicht abzusehen. Doch Alice Hasters darf sich nach ihrer Fliegenschiss-Variante auf die Schulter klopfen: Sie hat die Grenzen des Sagbaren verschoben. Und sie ist dabei ungeschoren geblieben.

6 Kommentare:

  1. Die abgrundtiefe Dummheit zeigt sich ja schon darin, dass 'Vorherrschaft' weder ein Rechtsbegriff noch ein Verbrechen ist.
    Mach mal einer Bekloppten klar, dass sie bekloppt ist.

    Die Schuld liegt wieder bei den gesteuerten Medien, die jeden konformen Kasper auf die Bühne zerren, damit er sein Tänzchen machen kann. Hast Du gut gemacht, Alice!

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  2. Die gute Frau hat wohl von der Geschichte der Menschheit nicht allzuviel Ahnung, aber davon ne ganze Menge.

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  3. Hase, Du bleibst hier...Juni 08, 2020

    Als Bleichgesicht schäme ich mich täglich, dass ich mich unter anderen Bleichgesichtern am Wohlsten fühle. Ist tief drinn, in meiner rassistischen, weißen DNA. Auch die albernen Rituale der Altvorderen im alltäglichen, höflichen Umgang untereinander, habe ich stillschweigend übernommen. Ich kann da nix machen, Schweinefleisch mit Schwarte und Bier vom Fass mag ich wirklich gern - und blond bin ich auch noch, ich bin da hilflos ausgeliefert. Im Schlafzimmer oder Auswärts frage ich immer nett, ob das auch wirklich gewünscht ist, so da - auf dem Rücken. Altmodisch, ich weiß. Aber ich habe wirklich keine Ahnung, was gehauen und gestochen ist, was gerade so neu ausgehandelt wurde.

    Bleichgesicht- die Schande der biodeutschen, weißen Geburt.

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  4. gut gesprochen. einsicht ist der erste weg zu besserung

    und wo ein wille ist, ist auch ein weg

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  5. die Frau ist sehr hässlich - ich treffe solche Minusmenschen regelmäßig im Zug und sage dann : "lassen mich da mal durch , ich will nicht neben Ihnen , der hässlichen Frau sitzen"

    einmal hat dann eine besonders dumme Frau die Polizei gerufen - weil ich sie hässlich gefunden habe .

    den Dummen und Hässlichen ins Gesicht schreien :"wir haben genug von euch - geht weg"

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  6. Wie jeder weiß, betraure ich den leider absehbaren Niedergang des weißen Abendlandes.

    Aber manchmal, nur manchmal, kann ich es kaum erwarten bis Mohammeds Nachfahren endlich den Laden hier übernehmen und mal mit dem groben Besen feucht durchwischen. Auf das dieses Rassismusgejammere endlich, endlich einmal ein Ende nehmen möge. Diese eine Sekunde, wenn diese ganzen Berufsbetroffenen*innen erkennen werden, das nur die zutiefst rassistischen Systeme der dummen weißen Männer ihnen alle ihre Rechte und Freiheiten sicherten, bevor sie unter dem Schleier am Herd verschwinden werden. Das wird mir Genugtuung sein.

    Ich weiß, das ist natürlich auch nur wieder eine weitere Schwäche eines mittelalten weißen Cis-Mannes. Mea Culpa.

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