Der Traum vom Sozialismus endete als Alptraum, dessen Wahnsinn heute kaum noch vorstellbar ist.
Alles Scheiße, heutzutage. Corona und Koma, das Klima und der Russe. Ach, wie schön war doch die Zeit, als Erich Honecker noch für das Wohl des Volkes sorgte und Erich Mielke für seine Sicherheit! Niemand weiß heute noch, wer Gesundheitsminister der DDR war, aber dass der Mann, der auch eine Frau gewesen sein kann, in der Corona-Krise wunderbare Arbeit abgeliefert hätte, das weiß jeder. Ach, wäre er doch noch da!
Nicht nur im Osten, sondern auch im Westen wünschen sich Millionen Menschen ein Stück DDR zurück: Das volkseigene Gesundheitswesen, das habe unfassbar viele Vorteile gehabt, gemessen an den Maßstäben des profitorientierten kranken Krankenhauswesens des Westens, der Schwestern und Pfleger mit Hungerlöhnen abspeist und ihnen selbst das verwehrt, was neudeutsch "Wertschätzung" heißt. Also gelentliches Lob in Talkshows und am Bundestagssprecherinnenpult.
Rund 40 Prozent der befragten West- und 84 Prozent der Ostdeutschen halten jedenfalls Krankenhäuser und Kliniken der DDR für eine Errungenschaft, die „hätte bewahrt werden sollen“. Die vielen, vielen schönen Polykliniken, in denen der Patient nur zwischen sechs und sieben Stunden auf die Behandlung durch einen Augenarzt warten musste! Heute bekommt er keinen Termin. Damals auch nicht, heute aber empört ihn das, damals fand er es normal.
Dafür ging man unter sozialistischen Ärzten noch gern ins Krankenhaus. Eine Meniskusoperation etwa dauerte sechs Wochen mit Streckbett und sieben Leuten im Zimmer, Besuchszeit zweimal die Woche zwei Stunden. 1989 lag das Durchschnittsalter der Krankenhaus-Bausubstanz bei 60 Jahren. Da die DDR selbst nur 40 Jahre existierte, lässt sich denken, das es Hitlers Lazarette waren, die hier zum Wohl der Volksgesundheit verbraucht wurden.
Dafür gab es in jedem Großbetrieb eine eigene medizinische Abteilung. Wobei die vor allem dazu da, die jenseits aller Uno-Vorgaben liegenden Schadstoffwerte im Blut der Arbeiter zu überwachen und die Staublungen der Chiemwerker im Auge zu behalten.
Stiegen die Werte selbst noch über die Fantasiegrenzen, die das Politbüro nach Vorgaben der Produktionsanlagen gezogen hatten, gab es keine Behandlung, sondern eine bezahlte Zwangspause für den Betroffenen. Er durfte erst wieder Schichten machen, sobald die Werte unter die Grenze des langfristig tödlichen gefallen waren.
Sozialistische Ärzte aber konnten das verantworten, sie kannten die Widerstandfähigkeit des Menschen. Wie wenig neu gebaut und wie viel über die Verschleißgrenze heruntergewirtschaftet wurde, schreibt die "Welt": Die durchschnittliche Bettenauslastung in DDR-Krankenhäusern sank zwischen 1966 und 1988 von 81,3 auf 75 Prozent – aber nur, weil Bauschäden vielerorts eine Belegung unmöglich machten, und weil ständig Personal fehlte. Auch die Zahl der Krankenhausbetten stieg in der DDR nicht, obwohl weder privatisiert noch rationalisiert wurde wie im Westen. Die Zahl der Betten verringerte sich dennoch: Von 206.000 im Jahr 1965 auf 169.000 Mitte der 80er-Jahre.
Wer chronisch erkrankt war, hatte schlechte Aussichten: In der DDR standen in den 80er-Jahren nur 200 Behandlungsplätze für Nierendialyse pro eine Million Einwohner zur Verfügung – in der Bundesrepublik waren es mit 510 mehr als doppelt so viele. In Alten- und Pflegeheimen herrschte in aller Regel ein noch größerer Mangel, denn dort wurden schließlich nicht Werktätige wieder fit gemacht, sondern aus Staatssicht nutzlose Rentner bis zum Tod aufbewahrt. Die über 65-Jährigen durften anders als der Rest der DDR-Bevölkerung frei reisen – und sollten nach Möglichkeit gleich ganz den Wohnsitz wechseln und die Rentenkasse des Klassenfeindes belasten.
Für die übrigen reimte der böse DDR-Volksmund: „Ein guter Sozialist / springt mit 65 in die Kist.“
An kaum einer statistischen Größe lässt sich die Qualität eines Gesundheitswesens so gut messen wie an der durchschnittlichen Lebenserwartung. Die lag in den 80er-Jahren in der DDR je nach Altersgruppe zwischen 1,3 und 3 Jahren unter der des Westens. An der Umweltverschmutzung lag es nicht, dass die Menschen im Sozialismus früher starben, jedenfalls nicht ausschließlich: Im stark industrialisierten Süden der DDR lebten die Menschen im Schnitt 73,23, im stark landwirtschaftlich geprägten Norden nur 72,12 Jahre. Grund für das Frühableben war offenbar eher die außerordentlich dürftige medizinische Versorgung in der dünn besiedelten Provinz. Ob im Norden oder Süden – erst nach 1990 stieg das durchschnittliche Lebensalter der Ostdeutschen langsam auf West-Niveau.
Das gilt denen, die heute auf ihm leben, nun schon als so schrecklich, dass sie zurück wollen zu dem, nach dem sie vor 30 Jahren nicht mehr zu leben können glaubten. Seinerzeit, ja, da war der Tod sogar toll! Man starb gern im großen Gruppenzimmer auf der Nierenstation. Und war glücklich dabei.
Die DDR hat es nie gegeben, aber sie war super!
AntwortenLöschenPoli-
AntwortenLöschenvon gr. πόλις / polis: Stadt, vgl. Polizei
poly
von gr. πολύς /polys: viel
@Anonym 2: Danke, daß Sie unser Griechisch ein wenig auffrischen. Ich bin überzeugt, PPQ hat bewußt "Polyklinik" geschrieben, um all denen, die nicht die Möglichkeit hatten, sich dort behandeln zu lassen, auf taktvolle Weise mitzuteilen, daß es dort viele verschiedene Fachrichtungen unter einem Dach gab. In der DDR war es aus Rationalisierungsgründen auch üblich, bei einem innerhalb einer Stadt (und nicht auf dem Lande) Verunfallten von Politraumata zu sprechen, sofern die Bedingungen dafür zutrafen.
AntwortenLöschensoweit die forschung heute einig sind, kommt "polyklinik" vom "polyäthylen", dem grundstoff der ddr-misswirtschaft. der begriff ist seinerzeit ähnlich oft falschgeschrieben worden wie später "geli's imbiss", zum teil, das ist aber noch nicht abschließend erwiesen, sogar von denselben leuten
AntwortenLöschen"Geli's Imbiss" ist noch gar nichts. Ich schwöre, daß ich Anfang der 1990er an einer Imbißbude in der Nähe des Prerower Strands gelesen habe "Toiletten 20 m link's". Ehrlich.
AntwortenLöschenglaube ich sofort. soweit ich weiß,steht das da immer noch
AntwortenLöschenDas waren noch Zeiten. Bei nächtlichen Knechtsdiensten als Studente im einem Siechenhaus in der Leninallee (nunmehro wieder Merseburger Straße) habe ich nebenbei beträchtliche Mengen Cucarachas (Blatella germanica) eingefangen, meine Kuba-Laubfrösche zu atzen.
AntwortenLöschenHalbgott in Weiß