Donnerstag, 14. Mai 2020

Corona-Fußballkrieg: Geheime Weltregierung

Um jeden Preis will der DFB die Saison in der 3. Liga bis zum Ende durchpeitschen.

Die einen stehen auf den Straßen und Plätzen, verachten den "Mund-Nase-Sschutz" (Jens Spahn) und zweifeln an den Maßnahmen den Bundesregierung zur "Eindämmung" der Corona-Pandemie. Die anderen sitzen in Frankfurt, tun genau dasselbe, das aber im Vorgefühl des nahen Sieges: Während den Demonstranten auf den sogenannten "Corona-Leugner-Demos" die gebündelte Verachtung von politischer Klasse und Mediengeschäft entgegenschlägt, weil sie "alles gefährden, was wir erreicht haben" (Horst Seehofer), können die Herren der DFB-Chefetage beruhigt abwarten, bis der letzte Widerstand gegen die von ihnen geplante Wiedereröffnung der großen Fußballbühne zusammengebrochen ist.

Widerstand bis keiner mehr ist


Bis dahin zumindest, so hat es Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff versprochen, werde gekämpft. Dann erst, wenn sich der DFB durchgesetzt habe, werde man Möglichkeiten finden, dass die beiden Vereine der 3. Liga im Land Anträge stellen könnten, um doch wieder Fußball zu spielen. Die würden dann, so sagt es Haseloffs Innenminister Holger Stahlknecht, dann vielleicht auch genehmigt.

Und so wird es kommen. Aus einer verkorksten Saison, die still und leise für beendet zu erklären ein Gnadenakt für alle Beteiligten gewesen wäre, wird ein bis in den Sommer reichendes Siechtum werden, elf Spieltage ohne Besuchserlaubnis, durchgezogen vor leeren Rängen, weil die Deutsche Telekom, Inhaber der Senderechte im eigenen Internetsender, anderenfalls ein paar Millionen vom DFB zurückfordern würde. Und der zwar im Kassieren groß, im Zahlen aber schon immer sehr kleinlich ist.

Fußball als Sieg über das Virus


Seine Truppen hat der weltgrößte Sportverband seit Wochen in Stellung gebracht. Überall, wo 1. oder 2. Bundesliga gespielt wird, sind die Landesregierung auf Linie. Ministerpräsidenten wissen, dass Bälle wieder rollen müssen, gerade für den Sieg über das Virus. Wo gekickt wird, stellen die Menschen weniger Fragen. Wo um Foul und Abseits gestritten wird, jammert niemand mehr über ie vielen kurzerhand entzogenen unveräußerlichen Grundrechte. Die gesellschaftliche Funktion des Fußballs ist in "Corona-Zeiten" (MDR) die der Gladiatoren im alten Rom. Einer muss ablenken, auf andere Gedanken bringen. Und sich damit nicht nur dienstbar, sondern auch dankbar dafür erweisen, dass seine Spitzenfunktionäre trotz zwielichtigster Geschäfte  keiner Strafverfolgung ausgesetzt sind.

Dass die Gefechtslage ein paar Abweichler auf dem Feld zeigt, auffallend vor allem in den Bundesländern, die keine Vertreter im großen Geschäft mit dem Operettenfußball der 1. Liga haben, stört das harmonische Gesamtbild eines Großverbandes, der sich wie eine gar nicht so geheime Weltregierung gebärdet. Und damit durchkommt - von den Landesregierungen über den Gesundheitsminister bis zur Kanzlerin, die eigentlich die Rolle der eisernen Corona-Lady spielt.

Der DFB aber bekommt Extrawürste gebraten, wann immer ihm der Magen knurrt: Die letzten Großveranstaltungen, die noch stattfinden konnten, obwohl das große Sterben in Italien längst begonnen hatte, waren Fußballspiele. Die einzigen Menschen, die mitten im Lockdown mehr als einen anderen Menschen treffen und mit ihm zusammen spielen durften, waren Fußballspieler.

Der Fußball ist nicht rund wie die Welt, er ist die Welt und er bestimmt, wo es langgeht. Längst ist der Punkt überschritten, vor dem Funktionäre der schönsten Nebensache der Welt noch Respekt vor weltlichen Gesetzen und Verordnungen zeigten. Inzwischen fordern die machtbesessenen Ballokraten, dass Regierungshandeln sich an ihren Verbandsregeln ausrichten müsse.

Wer nicht mitzieht, fliegt raus


Wer da nicht mitziehe, fliege raus. Geht es nach den Plänen des DFB, werden in den kommenden fünf Wochen elf Spieltage in einer Art Halbquarantäne durchgeprügelt, von kasernierten Spielern, ohne gleiche Vorbereitungschancen und um den Preis, dass Vereine dabei durch die hohen Zusatzkosten in die Insolvenz rutschen. Immerhin für diesen Fall haben die Erzdemokraten in Stollenschuhen großmütig vorgesorgt. Wer Pleite geht, bekommt nächste Saison keine Strafpunkte abgezogen.

Das Primat der Politik, das in der Corona-Krise bisher insoweit demokratisch gilt, als dass es kleine Hotels und große Reiseunternehmen, Kneipen und Kinos, Konzertveranstalter und Großzulieferer von Weltkonzernen gleichermaßen zwingt, ohne Einnahmen auf einen Tag irgendwann zu hoffen, wenn alles besser wird, soll für den Fußball nicht gelten.

Weil Sachsen-Anhalt bis zum 27. Mai und Thüringen sogar bis 5. Juni jeden Trainings- und Wettkampfbetrieb untersagt hat, bedrängt der DFB die dortigen Landesregierungen, schleunigst Sonderregelungen zu erlassen, die es seinen Vereine  erlauben, das für alle Bürger geltende Verbotsregime zu ignorieren: So dürften nur fünf Menschen zusammen zuschauen, wie 22 dem Ball nachjagen. Die fünf hätten im Ernstfall keinerlei Möglichkeit, sich auf Corona testen zu lassen. Die 22 würden jeden zweiten Tag getestet.

Doch in Magdeburg und Erfurt wird nicht trocken gelacht über die Vorstellungen der Funktionärsversammlung, die gewählten Politikern Ultimaten setzt. Nein, die im Stil einer echten Weltregierung auftretende Fußballführung agiert mit so großer Selbstverständlichkeit, dass sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff  "vom DFB zudem unter Druck gesetzt" fühlt und das ganz "unerträglich" findet. Haseloff wird nun mit den anderen Ministerpräsidenten telefonieren, mit denen, die der DFB auf seiner Seite weiß. Und dann wird er den Halleschen FC und den FC aus der Bördestadt halt auch spielen lassen, Corona hin, Eindämmungsverordnung Nummer 5 oder 6 oder 9 her.

Wo die Macht sitzt, wird danach jeder wissen.

3 Kommentare:

  1. https://jungefreiheit.de/aktuelle-jf/

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  2. Völler betonte unterdessen, der Restart der Bundesliga sei beispielgebend. "Wenn wir das hinkriegen, die Saison mit diesem wirklich guten Konzept zu Ende zu spielen, macht das dem Fußball in anderen Ländern viel Hoffnung", sagte der Weltmeister von 1990.

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  3. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer droht mit einem Verbot von Bundesliga-Spielen in der Hansestadt. Den Start am kommende Wochenende hält der SPD-Politiker für "unverantwortlich".

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