Zwei verführte junge Leute - aber eigentlich zielt der bizarre Kirchenkult auf ältere, oft alleinlebende Frauen. |
In dem, was außerhalb des Internets als "richtige Welt" verstanden wird, boomt eine Esoterik-Szene, die sich "christlich" nennt. Wunderglauben und Heilige, mehrere "Päpste", tausende Bischöfe, freiwillig von der Welt weggesperrte Nonnen und Mönche und riesige klimaschädliche Sakralbauten versprechen Millionen verführten Gefolgsleuten gegen blinden Glauben Energie, Freiheit und Glück im Leben.
Blinder Glaube an den Popanz
Ein Schneeballsystem der blumigen Verheißungen und knallharten Interessen, das zumeist Frauen als Ziel hat, die seit Jahrhunderten am meisten zu leiden haben unter Pomp und Firlefanz sinnleeren Rituale und einer Macho-Priesterkaste, die mit einem Aberglauben hauptberuflich hausieren geht, für dessen Richtigkeit in mehr als 2000 Jahren kein Beweis oder auch nur Beleg erbracht werden konnte.
Frau Müller hat Glück gehabt. Die alte Dame kann doch noch schnell in die Kirchenbank rutschen, ehe der sogenannte Gottesdienst beginnt. Dafür hat sie ihre ganzes Leben lang Kirchensteuer gezahlt, über 10.000 Euro insgesamt. "Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde. Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen", sagt der in Schwarz gewandete ältere Herr gerade, der hier die Rolle eines "Priester" oder "Pastor" genannten Vorbeters erfüllt. Ihm folgen die, die den Lehren des aus der Nähe betrachtet bizarr wirkenden Glaubenskult folgen, der sich selbst "Christentum" nennt. Frau Müller gehört zu ihnen, und trotz der hohen Kosten, die ihr "Glaube" verursacht, ist sie froh, glauben zu können. "Es gibt mir Halt in der Welt", sagt sie.
Milliarden Verführte weltweit
Weltweit sind es Milliarden, die so denken. Selbst gemessen an der Umma, der Glaubensgemeinde von Allah und Mohammed, die als seit Jahren erfolgreichste Sekte bei der Mitgliedergewinnung gilt, ist das ältere Christentum nach wie vor unübertroffen. Gerade in Zeiten der Krise wie jetzt im Zuge der "Corona-Zeiten" (MDR, Spiegel, SZ) verspricht die Kirche Schutz, Hilfe und Erlösung durch einen Gott, von dem ihre Prediger behaupten, er sehe alles, wisse alles und habe alles, was geschehe, genau so gewollt. Dieser Gott, der auch "Herr" genannt wird, hat also Corona erfunden und auf seine Schöpfung losgelassen, er ist jedoch nicht bereit, all die Millionen, die zu ihm beten, um die Pandemie zu stoppen, zu erhören.
Für Anhänger des Sektenglaubens ist das kein Beweis dafür, dass Gott entweder böswillig ist oder gar nicht existiert, sondern dafür, dass nur noch nicht genug gebetet worden ist. Seit zwei Jahrtausenden trägt diese von allen Kirchenfunktionären verbreitete Erklärung und sie hat die Institutionen der vor 2000 Jahren gegründeten Hauptsekte, die sich auf die historisch nur durch Hörensagen verbürgte Figur des "Jesus" beruft, reicher gemacht als sonst irgendeine nicht-staatliche Institution oder Person. Allein in Deutschland verfügt der Klerus über ein Vermögen von 502 Milliarden Euro, mit dem er bemüht ist, durch möglichst geschickte Investitionen ohne eigene Arbeit noch mehr Geld zu machen.
Verselbständigte Nebenrechtsordnung
Nicht immer gelingt das, aber dank "kirchlicher Doktrin und einer verselbständigten arbeitsrechtlichen Nebenrechtsordnung" (Verdi) spart die Kirche auch bei den Ausgaben für sogenannte Mitarbeitende. Das erwirtschaftete Geld hält die Sekte streng zusammen, vermeintlich für gute Zwecke, tatsächlich aber, um den Aberglauben ihrer sogenannten "Lehre" weiterzuverbreiten, der dank der Aufklärung und wissenschaftlicher Nachweise faktischer Grundlagen eines Gottesglaubens nur mehr eine kleine Minderheit der Deutschen anhängt.
Während andere Sekten dazu auf das Internet setzen und versuchen, virtuelle Radikalisierungen zu erreichen, boomt die neoliberale Christen-Szene mit ihren esoterischen Vorstellungen von einem Gotteskind, einer unbefleckten Empfängnis, von Heiligen, Märtyrern und Buße eher in der richtigen Welt. Das Beispiel von Frau Müller zeigt, dass die spirituellen Angebote teuer sind – doch sie werden gern genutzt, denn die Kirche verspricht den Teilnehmern neben Energie und innerer Freiheit auch noch Glück im Leben und ein hohes Maß an Zufriedenheit. Das, predigen die Vorbeter der Gemeinschaft, werde sich wie von selbst einstellen, wenn der Glaube nur tief genug sei.
Wer häufiger Gottesdienste besucht, in denen diese Art Versprechung zum Handwerkszeug der Verführung gehört, will oftmals seinerseits Glauben weitergeben und er agitiert entsprechend in seinem Umfeld – ein Schneeballsystem der blumigen Versprechungen und knallharten Interessen.
Getarnter Weltkonzern
Getarnt wird das Ganze - ein weltweiter Konzern mit zahllosen Filialen und abgespalteten Firmen, die zum Teil lizensierte, zum Teil nicht lizensierte Varianten der reinen Lehre anbieten - durch ein betontes Maß an Esoterik, Brimborium und Spiritualität, das mit viel Räucherstäbchen und Goldbrokat-Gewändern eine zauberkräftige Atmosphäre heraufbeschwört.
In der Szene, die sich nach entsprechender Hirnwäsche teils freiwillig in Kirchen und Gemeindehäusern zusammenfindet, wird das Schauspiel gern goutiert. Teils erscheinen die Gemeindemitglieder freiwillig, teils - vor allem viel Kinder werden auf diese Art missbraucht - werden sie gezwungen, anwesend zu sein. Auffallend ist, dass die Macht und die Verbindungen der Sektenoberen weit genug reichen, die offiziell in keinerlei Verbindung zum gelebten Aberglauben stehenden Medien von jeder kritischen Beschäftigung mit der Problematik abzuhalten.
Statt die Zwangslage der Betroffenen zu systematisieren, stellen sich selbst Sender des Gemeinsinnfunksystems als Abspielplattform für die fragwürdigen Inhalte der "Frohen Botschaft" zur Verfügung, die auf einem bluttrünstigen Buch beruhen, in dem Feinde zerschmettert, Kinder getötet und schwangeren Frauen der Bauch aufgeschlitzt wird. Unkritisch stehen auch Magazine und Tageszeitungen dieser analogen wie auch der digitalen Variante von gelebter Esoterik offen gegenüber. Der sogenannte Papst, einer der selbsternannten Vorsitzenden der Sektenbewegung, kann sich darauf verlassen, dass sein sogenannter "Ostersegen", einige überlieferte Worte, gesprochen vom Balkon eines Prunkpalastes in Rom, nahezu weltweit durch alle Medien übertragen wird.
Es geht um viel Geld
Und es geht um viel Geld. Auf zwölf Milliarden Euro jährlich werden allein die Einnahmen durch die vom Staat eingezogene Kirchensteuer geschätzt, dazu kommen vermeintlich freiwillige Spenden von irregeführten Gläubigen, denen Sektenfunktionäre weismachen, sie könnten die versprochene und nach Jahren in der Gehirnwaschmaschine auch ersehnte "Erlösung" in einem "Jenseits" voller honigfließender Bäche und Harfenspieler im Sonnenschein nur erreichen, wenn sie zusätzlich Geld einsetzen. Geld, das Gott in seiner Allmächtigkeit seiner Kirche selbstverständlich jederzeit und in unbegrenzter Menge zukommen lassen könnte, gäbe es ihn.
Er tut es nicht, stattdessen hat er eben erst ausgerechnet zwei Länder besonders hart bestraft, deren Einwohner zu seinen begeistertsten Anhängern gehören. Italien und Spanien gelten als Hochburg christlichen Irrglaubens, ausgerechnet hier ließ der "Gott" der Christen nun seine Corona-Pandemie wüten, dass Zehntausende seiner "Schafe" genannten treuen Gefolgsleute binnen kürzester Zeit starben. Staaten wie Burundi, die Mongolei und Vietnam dagegen, in denen der christliche Götzenglaube eher schwach ausgeprägt ist, wurden weitgehend verschont.
Zweifel aber kommen bei echten Gläubigen wie Frau Müller nicht auf. „Ich komme aus dem Büro, und Facebook sagt zu mir, du hast 129 Veranstaltungen an diesem Wochenende“, klagt die Frau, die seit 40 Jahren in der esoterischen Szene des christlichen Aberglaubens aktiv ist. Von Kirchentreffen bis zu Kirchentagen, von kostenloser Gemeindearbeit bis zur freudigen Zahlung der Kirchensteuer und dem emsigen Sparen für gelegentliche Pilgerreisen zu Orten, die besonders überzeugten Anhängern als "heilig" oder sogar "besonders heilig" gelten, fühlt sie sich von Versprechungen angezogen , sie könne "Gott" auf diese Art näherkommen, etwas in sich vibrieren fühlen, von Gottes Energie erfüllt werden und „keine Grenzen mehr spüren“.
Natürlich sind Priester, Pfarrer und Pastoren grundsätzlich Scharlatane – aber die Begriffe sind in Deutschland, anders als etwa „Psychotherapeut“, nicht geschützt. Jede und jeder kann sich "Prediger" nennen und behaupten, er kenne den Weg zu Gott, weil er an einer zumeist staatlich anerkannten Bildungseinrichtung über mehrere Jahre hinweg die komplette Enigmatik einer speziellen Spielart eines bestimmten Aberglaubens studiert habe. Menschen wie Frau Müller, die es nicht besser wissen können, fallen auf solche geschickten Strategien herein - vertrauend auch darauf, dass eine Sekte, die regelmäßig Sendezeit bei ARD und ZDF erhält, wohl so seriös sein muss, dass die Grundlagen ihrer Glaubenslehre durch die besten Faktenchecker der Republik auf Herz und Nieren geprüft worden sein müssen.
religionsfreiheit: der eierlikoer unter den grundrechten.
AntwortenLöschen@Florida Ralf
AntwortenLöschenstark
Und Opium. Opium? Ja, Religionsfreiheit ist das freie Opium des Volks.
Dieser Auswurf eines "Ketzers" sollte 95 mal an jede Kirchentür genagelt werden.
AntwortenLöschenDer Euro liegt zwar auf der Bahre, aber moch kann man mit seinen baren, unedlen Metallmünzen bezahlen. Die edlen Metallmünzen sollte man besser behalten, denn "Corona", die Göttin des Geldes aus dem Draghi-Reich hat ein einnehmendes Wesen.
AntwortenLöschenAnsonsten ein super Artikel. Danke
Elli
Ein aufrechter Dank eines Lesers, dessen Vater tatsächlich glaubt, mit einer, mittlerweile von dort zurückgewiesenen monatlichen Überweisung nach Afrika, sich dadurch einen Platz im Himmel erkaufen zu können. Derweil im hiesigen Land die eigene Familie zu Gast in diversen Jobcentern ist.
AntwortenLöschendanke auch an alle leserinnen, leserrer, leser_*, lesende und gelesenhabend*innen
AntwortenLöschenes ist eine freude, hier schreiben zu dürfen
mit einer, mittlerweile von dort zurückgewiesenen monatlichen Überweisung nach Afrika
AntwortenLöschenEcht? Der Knack wird zurücküberwiesen? Früher war einiges, nicht alles, besser; Die Vormundschaftsbehörde zum Beispiel.
(In den letzten zwölf Jahren habe ich viermal eine zweistellige Millionenerbschaft ausgeschlagen: Einmal aus Ost-, einmal Westafrika, einmal aus Spanien und einmal aus Engeland.)
So sehr ihr Artikel mein atheistisches Wesen zum schmunzeln bringt, muss ich doch ein bisschen in die Suppe spucken.
AntwortenLöschenDas Problem ist leider, die meisten Menschen haben ein zu tiefst spirituelles Bedürfnis, das irgendwie befriedigt werden muss. Sein eigenes Leben einigermaßen anständig über die Bühne zu bringen und die nächste Generation wohlgeraten hervorzubringen reicht den Sinnsuchern nicht aus. Darum heißt es wohl zu recht, wer nicht glaubt, glaubt jeden Scheiss.
Der auf dem Rückzug befindliche christliche Glaube wird ja nicht durch Aufklärung und Rationalität ersetzt. In seine Lücke stoßen noch viel esoterischere Wunderglauben, der Sozialismus oder gleich die Hardcore-Konkurrenz aus dem Morgenland.
Leider gibt es offensichtlich kein Völkchen das in der übergroßen Mehrheit komplett ohne so etwas wie Religion auskommt. In welcher Art auch immer. Die Nachfrage danach ist einfach zu groß.
Aber auch sinnlose gemeinsame Rituale stärken den Zusammenhalt. Sie bilden unsere Geschichte und damit das Fundament auf dem unsere Nationen stehen.
Was bleibt von uns ohne diese Werte und Traditionen, auch wenn man den restlichen Klimmbimm nicht gut heißt. Wenn wir das akzeptieren, das Paradies habe ich leider nicht im Angebot, sind wir mit dem Christentum historisch gesehen nicht so schlecht gefahren. Es hätte uns deutlich schlimmer treffen können.
Daher sollten wir Atheisten auch mal eine Sekunde überlegen, was dann kommt, wenn wir die letzte Kugel auf die Kirche abgefeuert haben. Werden wir an diesem Sieg wirklich Freude haben? Das das Christentum alle Gegenwehr eingestellt hat und aus Angst vor dem Tod derzeit Selbstmord begeht, macht die Sache auch nicht besser.
4 Bemerkungen:
AntwortenLöschen1) ppq hat völlig Recht: von aussen von einem nicht glauben Könnenden/Wollenden betrachtet stellt sich dieser ganze Zinnober exakt so dar, vor allem der Missbrauch
2) Millionen, Milliarden weltweit sich religiös Betätigende irren sich, nur einige wenige haben den Durchblick
3) Es mag wie eine vorbeugende Ausrede klingen, aber Paulus meint selber, dass für den Atheisten, den Weisen der Welt, das Evangelium idiotisch rüberkommt
4) Jodel deutet es an: der vermeintliche Sieg der Aufklärung ist vielleicht keiner, besser wird es jedenfalls nicht, wenn der Mensch sich auf sich selbst verlässt. "In ihrer Weisheit stellen sie sich als Narren dar"