Montag, 26. August 2019

Berliner Modell: Der Sozialismus, meine Welt

Von der Restpostenrampe der gescheiterten Gesellschaftssystemebezieht Berlin seine Visionen.
Ein Gespenst geht um in Deutschland, das Gespenst des Sozialismus. Eben noch totgesagt, taucht es im 30. Jahr nach dem Zusammenbruch der Planwirtschaft in der DDR unvermittelt, aber nicht unangekündigt wieder auf. Spätestens als der künftige SPD-Chef Kevin Kühnert seinen bis dahin verschwiegenen Enteignungsphanftasien freien Lauf ließ, stampfte die Nachtigall mit den schweren Schritten eines sowjetischen Gardeschützen heran.

SPD, Grüne und Linke rollen dem Monster aus der Gruft der gescheiterten Gesellschaftsvisionen gemeinschaftlich den roten Teppich aus. Thorsten Schäfer-Gümbel, ein SPD-Politiker, der Anfang des Jahren seines Abschied verkündet hatte, inzwischen aber als einer der drei Notvorstände über die Abwicklung der einstigen Arbeiterpartei wacht, legt eben einen Jahrhundertplan zur Enteignung der deutschen Millionäre vor. Ihm assistiert die linke Berliner Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher, die mit ihren radikalen Mietsenkungsplänen verspricht, die deutsche Hauptstadt zu einem Paradies für Besitzlose zu machen.

Mieten sollen nicht nur gedeckelt werden, so dass Vermieter nach dem Vorbild der DDR perspektivisch die Lust verlieren, ihr Eigentum zu erhalten und in ihre Immobilien zu investieren. Lompschers Pläne für Berlin als erste sozialistische deutsche Stadt seit 1989 gehen weiter: Mieten in Berlin werden bis unter die derzeit im Mietspiegel ausgewiesene Durchschnittsmiete von 6,72 Euro abgesenkt. Dabei orientiert sich der linke Masterplan für Mietmarxismus am Alter des jeweiligen Hauses als einzigem Merkmal: In Mietwohnungen in 1918 errichteten Gebäuden mit Bad und Heizung sind nur noch Mieten bis höchsten 6,03 Euro pro Quadratmeter erlaubt, bei Häuser aus den Jahren 1956 bis 1964 sind es 5,85 Euro pro Quadratmeter und moderne Häuser, die zwischen 1991 und 2013 gebaut wurden, bringen dann noch 7,97 Euro pro Quadratmeter.

Das entspricht etwa der Durchschnittsmiete von Wuppertal und ist nur noch etwa halb so viel wie derzeit in Berlin für Wohnungen in guter Lage gezahlt wird. Der Plan des Berliner Senats orientiert sich deutlich an der Praxis in der früheren DDR, die die Mieten bis zu ihrem letzten Tag auf dem Niveau von 1936 festgeschrieben hatte, geht aber noch weit darüber hinaus. Fraßen Mietzahlungen zu DDR-Zeiten trotz ihrer geringen Höhe bis zu zehn Prozent eines Facharbeiter- oder Krankenschwestergehaltes auf, weil die Löhne so niedrig waren, dass siebzig bis hundert Mark schwer ins Gewicht fielen, wird hier künftig wirklich eine soziale Lösung gefunden: Berliner, die 5000 oder 10.000 Euro verdienen, liegen einer Miete von 320 Euro, die eine Altneubauwohnung mit 55 Quadratmetern künftig noch kosten darf, prozentual weit unter dem Mietanteil an den Haushaltsausgaben, der zu DDR-Zeiten fällig wurde.

Bessere Werbung für den Sozialismus als Zukunftsmodell für ganz Deutschland ist kaum denkbar - und das war wohl auch der Plan hinter der Idee von der Beendigung der Marktwirtschaft auf dem Wohnungsmarkt, die die „Interventionistische Linke“ unter Federführung des früheren Stasi-Nachwuchskaders Andrej Holm bereits im vergangenen Jahr in der Kampfschrift „Das Rote Berlin“ formuliert hatte.

Ein Fanal, das auf die „Abschaffung des privaten Wohnungsmarktes“ zielt: Wohnungseigentümer sollen durch eine Mietbremse finanziell ausgetrocknet und später enteignet werden, durch Steuern, enge Regulierung und Marktbehinderung werde „Spekulation unattraktiv, die Preise sinken“, heißt es in der Schrift. Das öffnet die Tür zu „Rekommunalisierung, Aufkauf, Enteignung“. Ziel sei nicht ein öffentlicher Wohnungsmarkt neben dem privaten, sondern die Abschaffung des privaten Wohnungsmarktes durch Überführung aller nicht selbst genutzten Wohnungen in gesellschaftliches Eigentum.

Wenigstens im Wohnbereich wäre die DDR damit wieder zurück im Spiel. Nach der staatlich veranlassten Enteignung aller Guthabeninhaber durch die Abschaffung der Zinsen bereits ein zweiter wegweisender Schritt hin zu einem neugelebten Marxismus. Das Gespenst des Sozialismus hat nicht mehr nur Form, sondern auch Inhalt. Er lebt, der alte Geist, vom "Roten Berlin" geht ein Signal in die ganze Republik, nach ganz Europa: Heute gehört uns die Hauptstadt. Morgen die ganze Welt.

Grundsatzpapier von 2011: Lob des Sozialismus

2 Kommentare:

  1. der witz ist schlicht und ergreifend dass die berliner lokalpolitiker via direktmandat sehr schnell an den echten honig kommen und es ein leichtes ist, ein paar straßenzügen paar privilegien zukommen zu lassen. scheiss fake-demokratie.

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  2. Anfang der 80er behauste ich in Halle/S. en lägenhet, wie der Schwede so seggt, nä, von 16 m², mit 11,50 Aluchips pro Monat. Ein fingerbreiter Spalt im Erdgeschoß verbeiterte sich bis zur dritten Etage auf zwei Hände breit. Aber: Wir haben das verdient, weil wir ja immer wieder ...

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