Sein letzter Auftritt vor dem Abgang zeigte ihn schon als den Mann, der er inzwischen auch öffentlich geworden ist: Manfred Weber, numerisch Sieger der als "Europa-Wahl" angepriesenen Wahlen zum EU-Parlament im Mai, imitierte seinerzeit eine Wahlkampfabschlusskundgebung im US-Format. Und wirkte dabei wie Lilliput als Stargast einer Schlagershow in einem Baumarkt für Riesen.
Seitdem ist der Franke noch einmal geschrumpft. Kanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron, die Osteuropäer und die Südeuropäer, die Sozialdemokraten und die Liberalen - niemand wollte ihn mehr, den "charismatischen" (DPA) Deutschen, der sich mit seiner Auszeichnung mit dem Fantasietitel "Spitzenkandidat" schon auf dem Juncker-Stuhl sitzen gesehen hatte. Daraus wird nun nichts werden. Das alte Europa der Hinterzimmer und Kungelrunden hatte den Wahlsieger schneller aussortiert als er selbst das mitbekam. Für Weber bleibt nach getaner Arbeit - 45.000 klimaverachtende Kilometer hat er wahlkämpfend zurückgelegt und auf diesem vermeintlichen Weg zum "ersten deutschen Kommissionspräsidenten seit 50 Jahren" (CDU) 8.500 Kilogramm CO2 produziert - nur eine Abfindung als EU-Parlamentspräsident in zwei Jahren. Ein Trostpreis, den der SPD-Mann Martin Schulz nach seiner Wahlniederlage ebenso verehrt bekommen hatte.
Doch was bei Schulz zu sprudelnder Hybris und gottkanzlernder Selbstverliebtheit führte, droht bei Weber in Depressionen zu enden. Erstmals nach seinem Rausschmiss hat sich der CSU-Politiker jetzt deutlich darüber beklagt, wie mit ihm umgegangen wurde. "Ich bin noch immer tief enttäuscht", verriet er einer Zeitung seiner Heimatregion, in die er sich zum Wundenlecken zurückgezogen hat. Was besonders weh tue, "ist die persönliche Diskreditierung, die ich erfahren habe", beschreibt der 46-Jährige, der wohl wirklich geglaubt hatte, vor dem Sprung an die Spitze der weltgrößten - und einzigen - staatsartigen Staatengemeinschaft zu stehen, obwohl Beobachter frühgewarnt hatten, dass Angela Merkel Weber ablehnt und der Erfinder des kostenfreien Interrail-Tickets für einige wenige Europäer auch bei den Bürgerinnen und Bürger keinerlei Euphorie auslöst.
An seiner statt soll nun die im Nebenerwerb noch immer als deutsche Verteidigungsministerin amtierende Ursula von der Leyen richten, die zur EU-Wahl zwar nicht kandidiert hatte, Weber aber in der wichtigeren Abstimmung der Staatschefs im Europäischen Rat hinter sich gelassen hatte. Leyen ist Deutsche, das reicht,
um ihre Kritiker im Inland als vaterlandslose Gesellen zu brandmarken. Sie ist im Unterschied zu Weber eine Frau, so dass ihr Deutschsein im Ausland als Frauenfeindlichkeit zurückgrewiesen werden kann. Und sie hat es geschafft, sowohl den Ungarn Victor Orban als auch den Franzosen Macron von ihrer Harmlosigkeit zu überzeugen. Das könnte reichen, weil die Alternative so schrecklich ist, dass selbst die SPD und die Grünen im Moment des Schwures vor ihr zurückschrecken werden: Eine EU, die mindestens bis zum Herbst kopflos bleibt, den Launen von Rechtsextremisten und US-Trumpisten, Putin-Verstehern und chinesischen Wirtschaftskriegern hilflos ausgeliefert.
Manfred Weber, den natürlich nun niemand mehr fragt, spielt die Rolle des traurigen Narren bis zum Ende. "Ich habe mehrfach deutlich gemacht, dass das Paket, das beim EU-Gipfel entschieden wurde, nicht meines ist, aber ich trage es als Verantwortlicher mit", sagt er, denn er wolle weiter in Brüssel an "dem demokratischen Europa arbeiten, das wir den Menschen bei der Wahl versprochen haben." Die Wahl von der Leyen findet heute statt, die deutsche Frau braucht 374 der insgesamt 747 Stimmen im größten nicht richtig demokratisch gewählten überstaatlichen Parlament der Welt, damit sie dem scheidenden Jean-Claude Juncker nachfolgen könnte.
Manfred Weber wird, egal, wie es kommt, aufstehen und applaudieren.
Was soll er auch machen außer applaudieren? Wenn er jetzt zu sehr aufmuckt, kriegt es nicht mal seinen Posten als Frühstücksdirektor. Was sollte er denn dann machen? Ortsvorsteher in Niederhatzkofen? Wie hat Heide Simonis das damals so unnachahmlich formuliert: "Und was wird dann aus mir?"
AntwortenLöschenWenn du einmal zum politischen Prekariat gehörst, bleibst du auf Gedeih und Verderb dabei.
Wer will dich den sonst noch haben? Was kannst du, wofür andere freiwillig etwas bezahlen
würden?
Also ist klatschen angesagt und das mit einem lächeln. Mindestens 11 Minuten. Eine Träne ist erlaubt aber nicht mehr. Der Narr hat seine Schuldigkeit getan, der Narr kann gehen.
@Jodel
AntwortenLöschenSie erinnern dankenswerterweise an einen Ausspruch von Heide Simonis, der mir seinerzeit endgültig klar machte, warum heute von den meisten derer, die durchaus im Wortsinne eine Elite sind, Politik als Gewerbe betrieben wird. Und ich erinnere mich deutlich an die widerwärtigen Szenen, wie eine Meute von Nutznießern sie vor der letzten, zur endgültigen Niederlage führenden Wahl umtanzte und dabei frenetisch "Heike, Heike!" skandierte, und doch war der Judas einer von ihnen. - Sie halten es bitte, verehrter Jodel, nicht für Korinthen..., wenn ich mich zu erinnern glaube, daß Frau Simonis "Und was wird jetzt aus mir?" gefragt hat.
vdL noch schlechter als Juncker. Wer hätte das gedacht?
AntwortenLöschenMit 383 Stimmen erhielt die Deutsche 39 weniger als Jean-Claude Juncker 2014
Herr Weber sieht aus wie ein Freimaurerlaufbursche
AntwortenLöschenDer Mann ist Niederbayer, nicht Franke, was einiges erklärt („netter Narr“), die Sache aber nicht besser macht.
AntwortenLöschender alois
reichsnarrenwart