Donnerstag, 25. Juli 2019

Lob des Saarlandes: Und jetzt alle!

Mit acht Monaten Verspätung hat auch der professionelle Journalismus den sagenhaften Aufstieg der Saarländer entdeckt.
Es war der 7. Dezember 2018, als die Sache erstmals auffiel. Mit der gerade zur Nachfolgerin von Angela Merkel gewählten Annegret Kramp-Karrenbauer hatte die Bundesrepublik unangekündigt und unverhofft einen Westrutsch erlebt, der historisch einmal ist. "Mit Peter Altmaier und Heiko Maaß stellen die knapp eine Million Saarländer jetzt drei führende Vertreter in der Bundespolitik und zwei Verfassungsrichter", hieß es seinerzeit hier bei PPQ, und: "Zum Vergleich die Quote für die 15 Millionen Ostdeutschen: 1."

Die alte Bundesrepublik, im kleinen Saarland mit seinen maladen Autobahnen, seinen hässlichen 70er-Jahre-Hochhäusern und der Machtverteilung zwischen etatistischer CDU und phantomrevolutionärer Linker wie in einer Pipette aufbewahrt, strikes back. Da war es wieder, das Land, in dem der Gewerkschaftsbund wie eine staatliche Institution funktioniert, in dem es Berufe gibt wie den des Generalsekretärs der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und in dem die Tochter eines Sonderschullehrers und einer Hausfrau schneller Verteidigungsministerin wird, als sie "in der CDU ist genug zu tun" sagen kann.

Aus dem kleinsten Bundesland, traditionell Kaderschmiede für die deutsche Spitzenpolitiker wie Erich Honecker, Oskar Lafontaine, Ottmar Schreiner, kommen mit Annegret Kramp-Karrenbauer, Heiko Maas und Peter Altmaier auch heute Führungspersönlichkeiten, die zu beweisen verstehen, dass auch der Staat nur eine Beute ist, die sich nicht wehren kann, wenn der Jäger ihr entschlossen nachstellt. Im Saarland galt stets, was auch im politischen Berlin Grundregel ist: Man tut sich Gefallen, aber nicht weh, man weiß voneinander genug, um sich jederzeit gegenseitig in der Hand zu haben, wie PPQ im Dezember 2018 schrieb.

Acht Monate später ist die Nachricht nun auch beim Nachrichtenmagazin der Bonner Republik angekommen. Versteckt zwischen den neuesten Hassbotschaften an Donald Trump und dem nationalistischen Quiz "33 Einbürgerungsfragen: Sind Sie reif, ein Deutscher zu sein?" findet sich ein Beitrag über "Die Saarlandisierung der Republik" - eine direkte Übersetzung von "the Saarlandization of German Politics", wie der britische "Economist" das Phänomen genannt hat, das bei PPQ noch schlicht der "Sieg des Saarlandes" über die Realität genannt worden war.

Mit dem "Spiegel" - "Das Saarland ist das kleinste Bundesland der Republik - und wird bundespolitisch immer prominenter vertreten. Was ist da los?" - staunt nun gleich die gesamte auf Kellerniveau eingeebnete Medienlandschaft. "Der Heiko, der Peter und nun es Annegret - Deutschlands zweitkleinstes Bundesland stellt nun gleich drei wichtige Minister im Berliner Kabinett", duzt sich die Süddeutsche Zeitung an das Ende der Berliner Republik heran. "Warum Saarländer die Republik rocken" versucht die Frankfurter Neue Presse zu ergründen, ohne zu erklären, welche frühkindliche Verbildung bei jemandem eine Assoziation von Kramp-Karrenbauer, Maas, Altmaier oder dem Verfassungsrichter Peter Müller mit Rockmusik auslösen kann.

Es war jener Peter Müller, bruchlos aus dem Politikerjob in die Aufgabe als Verfassungsrichter gewechselt, wo er seitdem Politikerhandeln kritisch prüft, der den Begriff Saarlandisierung erfand, nachdem er bei PPQ von der Versammlung der Saarländer an den Schalthebeln der Bundespolitik gelesen hatte. Der "Spiegel" verschweigt Müllers Beitrag ebenso wie den, den PPQ geleistet hat. Auch die SZ gibt die mit mehr als einem halben Jahr Verspätung entdeckte "Saarlandisierung" als eigene Übersetzung der angeblichen Economist-Erfindung aus. Allzu peinlich wäre es wohl, zugeben zu müssen, dass die Vokabel direkt aus dem Mund eines Politikers stammt, der sich als aktueller Bundesverfassungsrichter auf einer Parteiveranstaltung der CDU ausdrücklich "politisch" äußerte. Und dabei wie zufällig den von der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin erst wenige Stunden zuvor aus der Hülsenpresse gezogenen Begriff verwendete.

10 Kommentare:

  1. Florida RalfJuli 25, 2019

    und dann kuckt man sich diese galerie des grauens an und denkt: der honecker hatte noch im jaegerhuetchen mehr charisma als die ganze bagage.

    das muss man sich mal vorstellen: honni, der spott ehemaliger viertklaessler mit westfernsehen. der mann mit der statur eines zwerges and der stimmgewalt eines wichtes.

    proletarier aller laender: wir sind dermassen gefickt.

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  2. man muss sich das trio nur mal mit honeckerhütchen vorstellen, um diese these als absolut schlüssig zu bewerten. er konnte das tragen. die drei sähen damit aus wie kabarettisten

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  3. LobhudlerJuli 25, 2019

    Nix sehen, nix hören, nix sagen.

    Seltsam - wieso musste ich beim Anblick der Bildergalerie an die Figurengruppe der Drei Affen denken?

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  4. Carl GustafJuli 25, 2019

    Es würde mich nicht wundern, wenn sich die Stämme Honecker und Maas auf einen gemeinsamen Ursprung zurückführen lassen würden. Ideologisch und optisch passt da schon einiges zusammen.

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  5. LobhudlerJuli 26, 2019

    @ Carl Gustav

    Bei Maas lässt sich zumindest optisch sogar eine frappierende Ähnlichkeit mit Adolf Eichmann erkennen, dem "Verwalter" des millionenfachen Judentodes.

    Könnte bei der angesagten Toleranz allein schon durch sein Brillenmodell dessen später Sohn oder früher Enkel sein.

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  6. Die Saarländer verstanden es doch ausgezeichnet mit der Figur des "Heinz Becker" (gespielt von Gerd Dudenhöfer)ein treffliches Psychogramm des typischen Saarländers zu kreieren.
    So prollig-borniert, vorlaut, altgescheit, oberflächlich, lebenslang dem Banalen, dem Seichten und Flachpiepigen verhaftet, tickt ein Großteil von denen tatsächlich.
    Gleichfalls typisch ist eine groteske Megalomanie dieses Zwergen-Völkchens, nämlich ganz groß hinaus wollen sie, bis zur absoluten Spitze.
    Ergo seht sich euch doch an, diese Dunning-Kruger-Wichte, alla Honnecker oder Lafontaine, mit ihren Eunuchen-Stimmen (bei Männern dort sehr häufig) ihrem (unkurierbaren)"Isch-Nischt"-Sprachfehler (so Originale und keine Preussen-Importe), ihrer spröden Phrasen-Diktion.
    Vermutlich kam so eine Lachnummer, wie ein E. Honnecker, den Russkis gerade zupass, in seiner rückgratlosen Kleingeistigkeit und bildungsfernen Biederkeit, in seinem betonköpfigen, fantasielosen Starrsinn.

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  7. @ Lobhudler_
    (... des millionenfachen) Ja,ja --- darf man fragen, wie lange Sie schon im Internet zugange sind?

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  8. @ Lobhudler:
    Und kennen sie den weisen Spruch: "Audiatur et altera pars"? (Eines Mannes Rede, ist halbe Rede - du sollst sie anhören bede.)
    Da wäre noch der feine Unterschied zwischen "leugnen" und "bestreiten" - beider Oberbegriff: "In Abrede stellen."
    Keine Ausflüchte, Butter bei die Fische.

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  9. @ Lobhudler:
    Wir sind uns doch einig, als leidlich gebildete Menschen: Eine Aussage ist richtig oder falsch, sie ist nicht etwa gut oder böse.

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