Dienstag, 18. Juni 2019

Bond Putin: Auf den Flügeln der Fantasie


Eines der führenden Organe der einheimischen Fake-News-Industrie ist bekanntlich die Hamburger Wochenschrift „Die Zeit“, die mit ausgedachten Schlagzeilen über russische Schwulen-Kampagnen und - nach einem PPQ-Hinweis später klammheimlich korrigierten - falschen Zahlen über deutsche Wohnungsunternehmen zahlreiche Klassiker der Falschnachrichtengeschichte erdacht oder verbreitet hat. Geschadet hat das dem Blatt nicht, denn die meisten Abonnentinnen motiviert ein Urvertrauen zum Lesen, das ihnen sagt, dass das schon alles stimmen wird, was das steht, denn schließlich steht es da. Die Redaktion fühlt sich so ein uns andere Mal ermutigt, noch einen draufzusetzen, so etwa jetzt in einem Kommentar von Steffen Dobbert.

Der besteht vordergründig aus dem Versuch, die vor der EU-Wahl platzierte großformatige Fake-News-Kampagne zu vermeintlich bevorstehenden russischen Desinformationsversuchen trotz ihres kompletten Ausbleibens für wichtig und bedeutsam zu erklären.


Verkleidete Abrechnung


Dobbert, von Haus aus Sportreporter, schafft es dabei einerseits, die offizielle Lesart der EU-Kommission bruchlos und widerspruchsfrei zu übernehmen, obwohl die Fakten eine ganz andere Sprache sprechen. Andererseits gelingt es ihm, in der als Abrechnung mit unzulässigen ostdeutschen Sondermeinungen zum deutsch-russischen Verhältnis verkleideten Text beiläufig Tatsachen unterzubringen, die er sich in der großen Tradition seiner Redaktionskollegin Mely Kiyak komplett ausgedacht hat.

So schildert Dobbert Rolle und Bedeutung des heutigen russischen Präsidenten, der "als Spion des sowjetischen Geheimdienstes KGB Ende der Achtzigerjahre mehrere Jahre in Sachsen stationiert" gewesen sei. Putin, dem auch schon nachgesagt worden ist, dass er es war, der Pegida gründete, war der "Zeit" zufolge damals aber nicht irgendeiner der mindestens zehntausend KGB-Männer in der DDR. Oh, nein! Viel schlimmer.  "Er gehörte zu den führenden Mitarbeitern der sowjetischen Auslandsaufklärung", fabuliert der Reporter, der bei dieser Gelegenheit gleich auch nochmal an die Verantwortung des Geheimdienstmannes für die russischen Panzer erinnert, die 1968 in die damalige Tschechoslowakei einrollten, knapp 100 Menschen starben".

Nun war Wladimir Putin seinerzeit 16 Jahre alt. Unkritische Ostdeutsche würden vermutlich schließen, dass ihm die Einmarschtoten von 1968 nicht direkt zuzurechnen sind. Aber dann war er doch "führender Mitarbeiter", oder? Einer allerdings von mehr als 5500 ranggleichen im mit fast 450.000 Mitarbeitern ausgestatteten KGB. Putin diente ab 1985 in Dresden als Hauptmann, später wurde er zum Major befördert.

Er sei "in nachgeordneter Funktion" tätig gewesen, ein "eher unauffälliger Offizier des russischen Geheimdienstes KGB" (SZ). Seine Tätigkeit in der DDR habe Personalgewinnung, Ausbildung in Funkkommunikation und die Überwachung von Besuchergruppen des in Dresden ansässigen Kombinats Robotron umfasst. Erst 1989 wurde Putin zum Oberstleutnant befördert und zum stellvertretenden Abteilungsleiter in der KGB-Residentur Dresden ernannt - einer von mehreren Abteilungsleitern, einer von mehreren hundert in Dutzenden Niederlassungen des Geheimdienstes in Ostdeutschland, einer von mehreren tausend in tausenden KGB-Residenturen weltweit.

Der kleine Russe als Superspion



Die "Zeit" macht nun nachholend einen Mega-Agenten aus dem "kleinen Russe" , an den sich "kaum jemand in der Elbestadt erinnert" (Cicero). Wie von Zauberhand verwandelt sich Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer mit seiner Forderung, die Russland-Sanktionen zu beenden, in einen willigen Helfer des Bösen: "Wahlhelfer für die AfD", heißt es in der "Zeit". Und Verräter an den Grundwerten unserer Demokratie selbstverständlich.

Eine spätere Karrierestufe, die wohl selbst Putins Ausbilder in Dresden ihrem Schützling nicht zugetraut hätten. Spätestens mit dem Einmarsch seiner Truppen, die teilweise mit unsichtbaren Panzern fuhren, rutschte der grausame Usurpator auf dem Kreml-Thron in dem Fokus der Medienaufmerksamkeit. Putin war zeitweise der unumschränkte König des Bösen, ein Superschurke, den allein Bosheit, Grausamkeit und Verschlagenheit trieben. Als Hauptdarsteller auf der internationalen Bühne verkörperte der zynische Diktator den Typ Polit-Gangster, den in Bond-Filmen Männer mit Stahlgebiss und von deutschen Knallchargen gespielte Schmierlappen darstellen. Putin verbrachte alle seine Tage damit, im Kreml falsche Fährten zu legen, zur Deeskalation aufzurufen, um sie zu verschärfen, Friedensgesprächen zuzustimmen, um abzulenken, und seine Truppen von der Grenze des eigenen Landes zurückzuziehen, um seinen Feinden Fallen zu stellen.

Die gute alte KGB-Schule, die ihn zum obersten Fälscher aller Wahlen, zum Kriegstreiber  aller Kriegstreiber, zum Kaiser der Machtgierigen und für deutsche Medien zu einem idealen Kandidaten für die Rolle des Gottseibeiuns machte, der für alles schlechte auf der Welt Verantwortung trägt. 
 

Märchenhafte Schreibtischreportagen


Putin, der subalterne Geheimdienstler aus Sachsen, trat in märchenhaften Schreibtischreportagen als  Megakrieger und Edelplaner auf. Nur Gott allein schmiedet noch umfangreichere und komplexere Komplotte, in Psychogrammen, die hierzulande zu lesen waren, blieb nichts menschliches mehr an dem Nationalfunktionär, der als der "Undurchschaubaren" (Der Spiegel) gilt, aber gleichzeitig jeden einzelnen Tag mit jedem einzelnen Hakenschlag auffliegt, weil er unfähig zu sein scheint, seine finstren Machenschaften so zu tarnen, dass gefälschte Wahlen, ermordete Feinde und überfallene Länder nicht immer direkt auf ihn als Urheber verweisen.

Putin wird hier zum Märchenwesen, die weiß, dass der Westen keineswegs so unverwundbar ist, wie uns seine Fürsprecher glauben machen wollen. Der neue Zar macht Angst breit, dass das Gas im kommenden Winter nicht reicht, dass Russland sich weigern wird, weiter westliche Astronauten ins Weltall zu befördern oder Moskau sich künftig wirtschaftlich mehr Richtung China orientieren könnte. Man kann ihm nur mit Härte begegnen, doch Härte begegnet er mit Härte und so steht der Westen stets als der Betrogene da, ein vor eingebildetem Blut triefender Despot, der so lange in grellen Farben strahlt, dass heute bereits 77,2 Prozent der Deutschen glauben, Wladimir Putin sei durch einen Putsch auf der Krim ins Amt gekommen und habe als nächstes vor, Dresden zurückzuerobern. 

Lange gehörte es zur guten Routine in jeder Redaktionsstube, jede Äußerung des "neuen Zaren" (Spiegel) auf Missverständlichkeiten abzuklopfen und ihm knallhart all das vorzuwerfen, was man selbst falsch hatte verstehen können. An dieser Systematik aber vergeht sich Steffen Dobbert nun irrtümlich, wenn er den Ukraine-Konflikt mit seinen 13.000 Opfern gegen Putin in Stellung bringt und ihn zu diesem einen "Krieg mitten in Europa" nennt, der  ein "Versagen der europäischen Außenpolitik" symbolisiere.

Fake News vom Frieden


Fake News! Nach allgemeiner Auffassung und allen offiziellen Erklärungen der EU gab es in Europa seit 70 Jahren keinen Krieg mehr. Andere Rechnungen gehen zwar von 50 oder 60 Jahren aus, Fakt aber ist, dass es sich bei Dobbertschen These vom "Krieg mitten in Europa" um eine krude sondersgleichen handeln muss - anderenfalls strafte sie nicht nur die EU-Kommission, sondern auch die Bundesregierung Lügen.

Was für ein Ränkeschmied. Zuletzt kürzte der Teufel in Menschengestalt die russischen Militärausgaben um 3,5 Prozent, obwohl deutsche Medien noch vor kurzem hatten berichten können, wie enthemmt sein Pleitestaat "höhere Steuereinnahmen wegen der guten Konjunktur in die Rüstung" stecken wolle. Dadurch rutschte Russland mit nur noch 61,4 Milliarden – weniger als zehn Prozent der Ausgaben der USA - von Platz vier auf sechs ab. Frankreich, das zur Friedenssicherung unter anderem in Mali  63,8 Milliarden Dollar ausgab, gelang gleichzeitig ein Sprung auf Platz fünf. Davor liegen mit China, Saudi-Arabien und Indien drei asiatische Staaten, die aus eurozentristischer Sicht nicht weiter interessieren, denn wenn, dann ziehen sie allenfalls gegeneinander in den Krieg.

Russlands perfider Rüstungskürzungsplan aber ist nur gemacht, um die Welt weiter zu verunsichern. Noch vor 38 Jahren hatte das Land deutlich mehr Geld für Rüstungsgüter und den Unterhalt seines Militärs ausgegeben als die USA. Inzwischen entfallen nur noch 3,4 Prozent aller Rüstungsausgaben weltweit auf Russland, allein die vier größten Nato-Aufrüster geben zusammen mittlerweile 13 Mal mehr Geld für Rüstung aus als Russland. Auch, weil die USA ihr Militärbudget unter Präsident Donald Trump zum ersten Mal seit 2011 wieder aufstockten – um 4,6 Prozent auf 649 Milliarden Dollar – und damit französische Kürzungen um 1,5 Prozent mehr als ausgleichen konnte. Schurke Putin! Oder doch Folge der mächtigen europäischen Sanktionen, die nun das fünfte Jahr in Kraft sind?

Der nicht existierende Krieg



Wenn Dobbert also schreibt, "die Sanktionen sind die beste Antwort auf Putins Krieg", dann widerspricht das nicht nur der amtlichen Geschichtsschreibung, es ignoriert auch den Umstand, dass die Sanktionen Russland in den letzten beiden Jahren ein Wirtschaftswachstum bescherten, das höher war als das deutsche. Seit Jahren wirken die Sanktionen angeblich "langsam" (Die Zeit, 2014), seit langem schon ist vergessen, worauf sie eigentlich zielen: Steffen Dobbert glaubt zum Beispiel, der Sanktionsmechanismus sei klar geregelt: "Überlässt Russland der Ukraine wieder die Kontrolle über den Donbass, enden diese Sanktionen. Endet die Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim, fallen auch diese Strafmaßnahmen."

Doch das stimmt natürlich auch nicht, denn zurückgenommen werden könnten die Sanktionen nach offiziellen Festlegungen bereits, "wenn das Land aktiv und ohne Zweideutigkeit damit beginnt, eine Lösung für die Krise in der Ukraine zu finden".


Dass viele Bürger das Gefühl haben, "in postfaktischen Zeiten zu leben", wie Dobbert abschließend urteilt, kann so kaum verwundern. Wo nichts mehr stimmt, lässt sich nichts mehr glauben, nur verlorenes Vertrauen garantiert, dass man Desinformation entdeckt, wo sie in Nachrichten und Meinungen versteckt ist.

3 Kommentare:

  1. Überhaupt nicht verwunderlich ist, dass so viele linken Lügen-Schmieden, alla SPIEGEL, STERN, ZEIT, und wie sie auch alle heissen mögen, in “Hanseatistan“ sitzen. –

    Sind sie doch herzallerliebste Exponenten des dortigen Menschenschlags, nämlich: arrogante, blasierte, von sich eingenommene, grosskotzige, wichtigtuerische, narzisstische Klugscheisser und Besserwisser, sich so gaaanz toll überlegen, liberal, weltoffen und „progressiv“ dünkend, realiter indes ganz armselige, geistige Dünnkacker, verlogene und heuchlerische Ignoranten, halt Musterexemplare des Dunning-Kruger-Effekts (kurzum: Saupreissen). –

    Und solche „Protestanten“ haben es gerade nötig sich über die nach ihrer Lesart „dumpfen, schwarzen/braunen, retardierten, katholischen „Südweisswurst-Äquatorianer“ zu mokieren bzw. zu echauffieren, worunter ihre „Lieblings-Unermenschen“, die „Bayann“, sich besonders inniger(n) Verachtung/Hasses erfreuen dürfen.

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  2. Soviel Desinformation, soviele falsch gedrehte Spins auf einem Haufen. Selbst wenn das alles so wäre, könnte man dieselbe Geschichte über die USA schreiben. Der Georgienkrieg wird auch herangezogen...

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  3. Estenfried 18. Juni 2019 at 22:37


    Sie sieht im Geiste wohl öfter die Folgen ihrer Irrsinnspolitik vor sich
    ( fehl geschlagene Energiewende – baldiger großer black out im Merkel county , eine leer drehende, kaputte Bundeswehr, die teils tödlichen und hochkriminellen Folgen der von ihr widerrechtlich genehmigten wilden islamischen Massenzuwanderung, die tiefe Abneigung des Mr. Trump ihr gegenüber, das leise Dauerlachen aus Moskau, die Machtlosigkeit der EU , das Chaos und Kauderwelsch in der GROKO, die ruinierte CDU
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    OT, ich sehe um Nachsicht nach: Wie ist so etwas möglich? Wie kann einer, der für sich den Begriff "Mensch" in Anspruch nimmt, derartig einfältig x bescheuert sein?

    Nordlandfahrer

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