"Gerade für uns" sagt Heiko Maas - außer uns macht es ja auch keiner. |
Es geht der Volkspartei SPD nicht gut, gar nicht gut. In Berlin kostet es die Parteispitze alle Mühe, die Plagiatsaffäre um Familienministerin Franziska Giffey unter Kontrolle zu halten. In Sachsen schickt sich die zum Funktionärsklub gewandelte ehemals so stolze Arbeiterpartei an, die desaströsen Landtagswahlergbnisse von Sachsen-Anhalt noch einmal deutlich zu unterbieten Und nun kommen sogar parteinahe Medien wie die "Zeit" nicht einmal mehr umhin, "Die saarländische Affäre des Heiko Maas" (Die Zeit) in großformatigen Artikeln zu beleuchten.
Die saarländische Affäre des Heiko Maas? Nie gehört, sagen da die meisten Deutschen, für die der ehemalige Justiz- und jetzige Außenminister im Grunde genommen nur dieser kleine Mann im zu heiß gewaschenen Maßanzug ist, dessen Hang zu geborgter Wohnungseinrichtung eher zum mitleidigen Schmunzeln einlud als zu empörter Verdammung. Maas gilt in Berlin als Teil der Saarland-Connection, die derzeit die Bundespolitik dominiert, er ist als Außenminister eine tragische Figur, fällt allerdings im globalen Maßstab nicht auf. Viele Menschen im Ausland, berichtet Maas selbst, sagten immer wieder „Tell me more about Energiewende“ zu ihm, weil sie wohl glaubten, er habe mit dem deutschen Energieausstieg irgendetwas zu tun. Hat Maas aber nicht mehr, seit er seine Posten als saarländischer Landesminister für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr nach mehreren Wahlniederlagen aufgeben musste, um das große Berliner Rad zu drehen und neue Zensurgesetze wie das NetzDG auf den Weg zu bringen.
Ausgerechnet die guten alten Zeiten im kleinstädtischen Saarland aber holen den 52-Jährigen mit dem ewigen Kindsgesicht nun ein. Damals, als Maas daheim noch SPD-Landeschef war, gönnte der bekennende Fan des Hamburger SV sich und seinen Genossen eine eigene Fraktionsfußballmannschaft namens "Rote Hosen", die das Saarland mit 83.000 Euro aus Steuergeldern finanzierte. Bis 2010 fand niemand etwas dabei, dass das hoch verschuldete Miniland den gut situierten Hobbykickern luxuriöse Wochenend-Trips in den Schwarzwald finanzierte, damit Biertischkicker dort gegen Altherren-Mannschaften aus Baden oder des Saar-Umweltministeriums antreten konnten.
Seit fünf Jahre schon gelingt es der im Saarland immer noch mächtigen SPD, die Aufklärung der genauem Umstände zu verzögern und zu boykottieren. Als Hauptverdächtiger in der Affäre, in der es nicht nur um Klassenausflüge der 18-köpfigen Fraktion mit 54-köpfiger Betreuungsbegleitung und Barrechnungen von über 800 Euro geht, gilt inzwischen ein ehemaliger Busfahrer, der als Kopf der Rothosen und Drahtzieher der Luxusausflüge verdächtigt wird. Auch ein Justizminister musste schon mal sein Amt ruhen lassen, darf aber längst wieder ein anderes Ministerium führen.
Offiziell weiß bis heute niemand, wie viel Geld sich der Steuerzahler die "Roten Hosen" hat kosten lassen müssen. Offiziell hat auch Heiko Maas nie etwas über einen Aufenthalt des Politikerteams in einem Wellness-Hotel gewusst, das nach Angaben der Staatsanwaltschaft mal 12.000 und mal 7.800 Euro kostete und an dem er wohl sogar teilnahm. Offiziell weiß man heute sogar nicht mehr, wer überhaupt an den kostspieligen Altherrenturnieren teilnahm. Sicher ist hingegen, dass auch die Fußballmannschaft des damals CDU-geführten Landesumweltministeriums, das jetzt der frühere SPD-Justizminister führt, ein Gegner war - was vielleicht erklärt, weshalb die CDU nicht unbedingt vor Freude darüber vibriert, dass die politische Konkurrenz sich nun schon seit einem Jahrzehnt gegen Nachstellungen des Landesrechnungshofes und Ermittler der Staatsanwaltschaft verteidigen muss.
Das kleinste Bundesland, traditionell Kaderschmiede für die deutsche Spitzenpolitiker wie Erich Honecker, Oskar Lafontaine, Ottmar Schreiner, Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Altmaier beweisen, ist ein Biotop, in dem der Staat stets Beute war. Man tut sich Gefallen, aber nicht weh, man weiß voneinander genug, um sich jederzeit gegenseitig in der Hand zu haben. "Heiko Maas", schreibt die "Zeit", die dem Hobbyhistoriker ("Nicht die Allierten des 2. Weltkrieges, sondern die Nato ist die erfolgreichste Verteidigungsallianz der Geschichte") eigentlich durchaus gewogen ist, "zieht es vor, derzeit zu schweigen". Die Mannschaft der SPD-Abgeordneten habe sich inzwischen aufgelöst.
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