So geht Erfolg: Klare Selbstansprache, konsequentes Abhaken. |
Eine eigene Firma gründen, reich werden im Internet, Influencer sein und für wenig Anstrengung viel Geld und noch mehr Ruhm einstreichen, das ist der Traum vieler junger Menschen. Allerdings brauchen Erfolg und großes Geld eine Idee – und Konsequenz bei der Umsetzung. Das hat auch Gerrit Weilmann erlebt, der in den vergangenen sieben Jahren immer wieder versucht hat, „ganz nach vorn“ zu kommen, wie er selbst es nennt.
Ein Startup zu gründen, das ist immer ein emotionale Achterbahnfahrt, jedes Mal neu. Wenn es losgeht, vibriert alles in einem, man ist voller Adrenalin, man möchte jubeln, Beischlaf ausüben, ficken, saufen, n die Arbeit gehen. Es fühlt sich dann immer an, als könne man die Welt verändern. Dabei ist einem rational klar, dass das Ganze vermutlich noch im selben Jahr in sich zusammenfallen wird, weil die Idee doch nicht gut war oder die Finanzierung nicht klappt oder irgendetwas.
Ich habe das durch, mehrfach. Ich habe es immer wieder probiert, mit denselben Ideen und mit neuen, ich habe Friedhofsmaps gecodet und RSS-Feed zu Polizeithemen monetarisiert, Partnerschaften unter Hunden vermittelt und Bitcoinautomaten programmiert. Ich kenne keine Grenzen, jedenfalls nicht bei dem, was ich wirklich gut kann. Ich bin der Typ, der mutig genug ist, seine brillanten Ideen in ein echtes Business zu verwandeln. Ich habe mich nie gescheut, mein eigenes Ding zu machen. Es war ein bequemes Leben, aber in den richtigen Momenten auch spannend. Und irgendwann begriff ich, dass es nicht darauf ankommt, ein bestimmtes Business zum Laufen zu bekommen. Sondern dass der fortgesetzte Versuch selbst schon ein Business ist, so lange Leute dir Idee nachzulaufen, um deine Versuche zu finanzieren.
Ich bin ein business angel, ein Startup-Profi ohne emotionale Erwartungen. Alle zwei Jahre etwa stürze ich mich kopfüber in ein neues, vielversprechendes Unternehmen, ohne wirklich mehr zu wissen als dass ein Erfolg eigentlich kaum zu erwarten ist. Es sind jedes Mal faszinierende, anstrengende und manchmal auch beängstigende Reisen Richtung Mond, wobei der Mond solche Vorbilder wie Google oder Paypal oder Ebay sind, von denen man nach ein paar Wochen weiß, dass man nie hingelangen wird. Trotzdem würde ich all das noch einmal tun und das mache ich auch jedes Mal, wie ein Lottospieler, der immer wieder ein Los kauft. Nur ist es bei mir ein neues Startup.
Die Online-Branche ist die einzige, in der du kein Business-Modell brauchst. Stell dir vor, du betreibst eine Konditorei, die kostenlose Probierhäppchen verteilt, aber nichts im Angebot hat, wofür Kunden Geld ausgeben würden. Das geht nicht? Online geht das sehr wohl. Denn Online kann skalieren. Hast Du erstmal eine Domain registriert. gibt dir das Internet die Möglichkeit, unendlich viele potenzielle Kunden zu erreichen, die deine Probierhäppchen gern nehmen. Jetzt brauchst du nur noch einen Businessplan, wie du diese Millionen von Kunden dazu bringst, für irgendetwas zu bezahlen, was du ihnen anbieten kannst.
Es ist unwahrscheinlich, dass dir etwas einfällt. Besser ist es also, du lässt deine Investoren wissen, dass es eine Weile dauern kann, bis sie ihr Geld wiederzubekommen und die versprochene Rendite eintrudelt. Die Erwartungshaltung dieser Leute musst du genau kennen und exakt ausbalancieren: Versprichst du zu viel, werden sei schnell enttäuscht sein und kein Geld mehr geben. Versprichst du zu wenig, passiert dasselbe, sie geben kein Geld, weil sie nicht glauben, dass es sich lohnt.
Zeige also immer Leidenschaft für deine Idee, beweise aber, dass du Realist bist und genau weißt, wie schwer der Weg wird, ein neues Google zu haben oder ein zweites Facebook, nur besser. Du darfst nie vergessen, dass deine Geldgeber deine Kunden sind, sie kaufen dir Hoffnung ab. Also gewöhne dich daran, dass du wenigstens ein Jahr durchhälst und sie bei der Stange. Das reicht meist, um noch ein, zwei Jahre langsam auszutrudeln, ehe du mit neuer Hoffnung und der Erzählung, du wüsstest jetzt, wie man es richtig macht, in ein neues Abenteuer startest.
Viele erfolgreiche Firmen starten sowieso als etwas, was sie nachher nicht sind. Flickr sollte ein Chat-Room für Gamer werden, Nokia stellte Gummistiefel her. Aber wenn das ursprüngliche Geschäftsmodell nicht hält, was man den Geldgebern versprochen hat, dann sollte man die Richtung ändern. Aber am besten so, dass es aussieht, als wäre das von Anfang an geplant gewesen.
Mehr aus der preisgekrönten Reihe:
Doku Deutschland: Gesprächskreis Projektverhinderung
Der letzte Autofahrer
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Richtlinien für Lesermeinungen: Werte Nutzer, bitte beachten Sie bei ihren Einträgen stets die Maasregeln und die hier geltende Anettekette. Alle anderen Einträge werden nach den Vorgaben der aktuellen Meinungsfreiheitsschutzgesetze entschädigungslos gelöscht. Danke.