Sonntag, 24. Februar 2019

EU-Wahlkampf: Brüssel gibt, Bonn nimmt

Für deutsche Händler ist in Online-Frankreich künftig nichts zu gewinnen.

Immer kurz vor sogenannten Europa-Wahlen, die eigentlich nur Wahlen der 27 EU-Staaten unter den 49 europäischen Ländern sind, gefällt es der obersten Verwaltungsebene der Gemeinschaft, Wohltaten bekannt zu machen, die Europa noch weiter zusammenrücken lassen. Mal sind es Roaming-Gebühren beim Handy-Telefonieren, der per odre de mufti gesenkt werden, mal werden "Verbraucherrechte grenzüberschreitend vereinheitlicht", also zumindest theoretisch. Mal wird die alte Mär von der "Steuervereinheitlichung" wieder aus dem Keller gekramt, weil niemandem etwas anderes eingefallen ist.

Diesmal nun verkündet die Europäische Kommission kurz vor knapp eine "Stärkung des Verbraucherschutzes bei Onlinekäufen" und "klare Regeln für den Handel digitaler Güter". Dazu muss man wissen, dass die Behauptung, es handele sich bei der EU um einen einheitlichen Markt, nicht nur bei Schnaps und Zigaretten gelogen ist, sondern auch beim Handel mit virtuellen waren wie Filmen, Musik oder Spielen: Eifersüchtig schotten die Mitgliedsstaaten ihre nationalen Märkte vor Käufern aus den Partnerländern ab. Händler sollen, so zumindest das Versprechen, bald Filme in Frankreich kaufen können, wenn sie das wollen. Und das Samsung-Smartphone zum billigen tschechischen Preis, statt zum regulären deutschen.

Für eine EU, in der es bisher einfacher war, eine CD in den USA zu bestellen als bei einem polnischen Händler, ist das ein epochales Unternehmen. Kunden von Onlinehändlern sollen in der gesamten EU künftig die gleichen Rechte haben wie daheim - rein rechtlich haben sie das schon lange, nur eben faktisch nicht, so dass "Unterhändler des Europaparlaments, der EU-Staaten und der EU-Kommission" eigens dazu "neue Regeln" festlegen mussten.

Natürlich bedeutet das erstmal nur, dass der Wahlkampf angefangen hat und die EU-Kommission den Wählerinnen und Wählern noch etwas auf den Gabentisch legen möchte, das zum Urnengang motiviert. Praktisch muss die Umsetzung der "Regeln" durch die EU-Staaten erfolgen, wobei einzelne Staaten doch wieder diese und jene Regelabweichung für sich reklamieren werden.

In Deutschland zum Beispiel ist die staatliche Deutsche Post schon vorgesprescht und hat drastische Maßnahmen beschlossen, um ländergrenzenüberschreitende Privatkäufe in der EU nicht überborden zu lassen. Während die neuen EU-Regeln etwa vorsehen, dass Händler aus allen EU-Staaten bei nicht funktionierenden Produkten gegenüber Käufern aus allen EU-Staaten entweder für gleichwertigen Ersatz sorgen, reparieren oder das Geld zurückzahlen müssen, hat die Bonner Staatspost vorsorglich ihre Gebühren für den internationalen Warenversand um bis zu 400 Prozent erhöht. So darf eine CD oder DVD seit Januar nicht mehr wie bisher per Großbrief International für 3,70 Euro ins Ausland verschickt werden. Das ist nur noch als sogenanntes "Päckchen EU" - Humor haben sie - möglich, für das Portokosten von 8,89 Euro anfallen.

Der Schutz der Verbraucher vor Warenlieferungen aus Deutschland wird damit nachhaltig verbessert. Wenn ein deutscher Händler einem französischen Kunden, der unter Umständen nur 100 Kilometer von ihm entfernt sitzt, künftig eine DVD zusenden will, kostet ihn der Versand nahezu so viel wie der Warenwert beträgt. Sein französischer Konkurrent verschickt dieselbe Ware mit der französischen Staatspost La Poste für nur 2,60 Euro nach Deutschland.

1 Kommentar:

  1. OT christliche Physik

    https://twitter.com/NadineSchoen/status/1098299802276777985

    Nadine Schön ‏Verifizierter Account @NadineSchoen

    Na also. Geht doch. Dann ran an die WLAN-Kabel und Clouds. Aber liebe Länder, bitte auch die Inhalte ändern! Lernstoff 1.0 von gestern passt nicht mehr zu modernen Schulen 4.0! Schüler müssen nicht nur mit modernen Geräten umgehen können, sondern auch mit Daten.

    Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis 298 (Saarland), CDU

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