Dienstag, 5. Februar 2019

Das Narrenschiff: Wie sich Deutschland neu erfindet

Kein Heer mehr und keine Marine, keine funktionsfähige Luftwaffe, keine Möglichkeit, einen Flughafen zu bauen, keine Bank mehr von Weltrang, kein rohstoffförderndes Unternehmen sowieso, der größte Maschinen- und Anlagenbauer gerade noch ein Zehntel so viel wert wie der Weltmarktführer. Handys, Computer und Fernseher werden hier schon lange nicht mehr produziert, Schuhe und andere Kleidungsstücke ebensowenig. Deutschland ist auf dem Weg zur Ladentheke der Welt, hier geht an den Endverbraucher, was Großvater erfunden und was Kinder in Bangladesh hergestellt haben.

Weltweit genießt dieses Modell großen Respekt, so großen sogar, dass der Übermut des guten Beispiels die Deutschen nun in Versuchung geführt hat, auch noch aus dem Rest dessen auszusteigen, was geblieben ist vom Land der Dichter, Denker und Ingenieure. Der Diesel muss dran glauben, die Braunkohle, die Atomenergie. Wie in der Bibel vorausgesagt, richtet sich Deutschland ein auf eine Existenz, die der der Vögel gleicht: Nicht säen. Nicht ernten. Aber doch ernährt werden als das Land, das sich die meisten Gedanken um die Fortexistenz der Art macht.

Der renommierte "Spiegel" hat es in seinem aktuellen Titelbild auf den Punkt gebracht, viel freundlicher als im Falle von Donald Trump, viel kleinteiliger auch. Die "Gorch Fock", 1958 problemlos gebaut nach Plänen, die aus dem Hitlerreich stammten und damals in nur 100 Tagen zu einem seetüchtigen Kahn wurden, muss herhalten als Beleg dafür, was alles nicht mehr geht.

Ein Beleg aber ist kein Beispiel und hier fängt die Rücksichtnahme an. Denn die "Gorch Fock" steht pars pro toto für einen allumfassenden Stillstand: Deutschland kann weder Schiffe noch Autobahnen, weder Flughäfen noch Flüssiggas-Terminals, es kann keine Grenzen, keine Selbstverteidigung und es kann nicht einmal ein Einheitsdenkmal.

Ein Land außer Rand und Band, hinter dessen Rücken sich alle vor Lachen die Bäuche halten. Deutschland plant den Verzicht auf Verbrennungsmotoren und setzt stattdessen auf Elektroenergie. Glkeichzeitig schaltet es sich selbst den Strom ab. Geht ein deutscher Minister nach Brüssel, um mit der ganzen respektheischenden Souveränität des größten Nettozahlers eine Überprüfung von Feinstaub-Grenzwerten zu fordern, die europaweit nur in Deutschland ernsthaft gemessen und beachtet werden, bekommt er diese Überprüfung. Mit dem Hinweis, im Ergebnis könne natürlich allenfalls eine weitere Verschärfung veranlasst werden.  "Krankheitsspezifische Gefährdungsraten durch Feinstaub“ seien in den aktuellen Grenzwerten ja noch gar nicht richtig berücksichtigt, zudem lägen die europäischen Feinstaub-Grenzwerte "noch immer weit über den Richtwerten der WHO".

Sie sind viermal so hoch, die in den USA - am Sitz der WHO - zehnmal so hoch. Doch wenn hier ein Narrenschiff Fahrt aufnimmt, dann sicherlich das deutsche. Als nächstes müsse die"Modernisierungsquote im Bereich der Gebäude- und Anlagentechnik deutlich erhöht, wenn nicht sogar verdoppelt“ werden, heißt es. Denn mit der derzeitigen Heizungstechnik werde Deutschland die EU-Vorgaben für 2030 deutlich verfehlen und damit Strafzahlungen in unbekannter Höhe zahlen müssen. Nötig wäre dazu ein Austausch der derzeit noch in sechs Millionen Haushalten benutzten Ölheizungen gegen modernste Heizungen auf Brennstoffzellenbasis. Zu Kosten von kaum 150 Milliarden Euro könnte der gesamte deutsche Energieverbrauch damit um 15 Prozent reduziert werden.


7 Kommentare:

  1. Falscher Link.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Gorch_Fock_%28Schiff,_1958%29

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  2. Übrigens:

    Bei Bildern zu dem Milliardär Karl Albrecht jr werden ständig Bilder von Karl Albrecht Schachtschneider gezeigt.

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  3. @herold: ich wollte den link zum original zeigen. ist doch bemerkenswert, dass die damals so ein schiff in 100 tagen bauen konnten und heute nicht in der lage sind, es in 1000 tagen zu reparieren

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  4. Der lachende MannFebruar 05, 2019

    "Sie alle wollen nicht, dass der Gesundheitsschutz ausgerechnet von Lungenärzten geschliffen wird", schreibt der Feuilletonredakteur im verlinkten Artikel der FAZ. Eine weitere Feinstaubquelle, die es bei richtigem Deutsch nicht gäbe.

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  5. von Lungenärzten geschliffen wird ...

    Hat der das wirklich so geschrieben? Wenn ja, dann sollte sowohl das Prangerstehen allgemein als auch die körperliche Züchtigung an Schulen wieder eingeführt, na, in Erwägung gezogen werden.

    Matadisléxicos

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  6. Der lachende MannFebruar 05, 2019

    Hat er wirklich geschrieben: Joachim Müller-Jung, Redakteur im Feuilleton (der FAZ, der lachende Mann), zuständig für das Ressort "Natur und Wissenschaft". Ich finde es nur auf die Schnelle nicht. Vielleicht haben sie es auch aus Taktgefühl gelöscht.

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  7. Ja, hat er gesagt

    https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/trotz-feinstaub-grenzwerten-ist-gesundheit-der-kinder-gefaehrdet-16022556.html

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