Donnerstag, 31. Januar 2019

"Gender-Star": Wir erfinden uns unser eigenes Englisch

Jana Müller aus Schwerin ist ein echter Gender Star: Die junge Bäuerin aus Mecklenburg spricht drei bis vier Sprachen nahezu perfekt.
Für den Sucher nach Geschlechtergerechtigkeit hat das Englische verglichen mit dem Deutschen einen entscheidenden Vorteil: Hier gibt es zwar "Businessman" und "Stewardessen", den "Postman" und das "Housewife", doch die Endung "-innen", mit der der Deutsche es versteht, aus jedem männlichen Studenten eine Studentin und aus jedem männlichen Bauern eine Bäuerin zu machen, die gibt es im Englischen nicht. Hier wird der Actor stattdessen zur Actress, der Emperor zur Empress, der Hero zu Heroine und der Landlord zur Landlady.

Es fällt auf: Nirgendwo ist Platz für das, was in Deutschland "Gendersternchen" heißt und dazu dient, in einem Akt verbaler Gewalt als eine Art Geschlechterkitt zwischen reguläre Begriffe der deutschen Sprache geschoben zu werden, um jedermann und jederfrau zu bedeuten, dass derdiedas Sprecher*in bei dem, was ersies schreibt, nicht nur an Männer oder Frauen, sondern an beide und an noch viel, viel mehr gedacht hat.

Eine sprachtechnische Innovation von so bizarrer Denkungsart, dass der Asteriskus überall dort plakativ ausgestellt wird, wo Menschen glauben, sie müssten ihrer Umwelt beweisen, dass sie alle Tipps und Tricks und sprachliche Kniffe zur Betonung der Ungleichheit beider Geschlechter drauf haben. Konnte nur in Deutschland entstehen, weil nur in Deutschland eine Sprache gesprochen wird, in der der Schauspieler durch eine nachgehängte Silbe zur Schauspielerin wird, der Koch zur Köchin und der Held zur Heldin. Im Englischen wäre ein Genderstern sinnlos, denn auch mit seiner Hilfe verwandelt sich der actor nicht in eine actor*ess, der "landlord" nicht in eine "landlord*lady" und der emperor in eine emperor*ess.

Doch das angeblich aus dem Englischen entlehnte Gendersternchen macht Karriere, und das nun sogar auf eine Art, die angesichts seiner oben erläuterten Herkunftsgeschichte völlig unerwartet kommt: Als "Gender Star" wurde das einst als genealogisches Hilfszeichen entwickelte * jetzt von einer Jury zum "Anglizismus des Jahres" gewählt. Die weiteren Plätze für das Jahr 2018 belegten mit "Framing" und "nice" zwei tatsächlich auch im Englischen existierende Begriffe.

Wichtig ist aber der Quantensprung, den die Jury um den Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch, einem Experten für konstruktionsgrammatische Untersuchungen analytischer Kausativkonstruktionen, mit der Wahl des "Gender Star" gelang: Erstmals in den acht Jahren, in denen die Sprachhüter ein Wort wählen, das einen "positiven Beitrag des Englischen zur Entwicklung des deutschen Wortschatzes" verkörpert, fiel die Wahl auf einen englischen Begriff, den es in der Lehnsprache selbst gar nicht gibt.

5 Kommentare:

  1. Ist das mit dem "Quantensprung" Absicht oder einfach so passiert?

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  2. Da wir schon bei der Atom- und Quantenphysik angelangt sind: Bei A. Stefanowitsch muß ich immer an D. Scholten denken, wie er in einem Video auf Belles Lettres den Professor bis auf die Ebene der Elementarteilchen zerlegt.

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  3. Aah... altdeutsche Traditionen...

    "Shakespeare galt den Deutschen nach Goethe und Schiller als ihr dritter Klassiker, und das Schlagwort "Shakespeare ist unser" wurde zum geflügelten Wort. Diese Vereinnahmung war möglich, weil man ihn zu einem Dichter von altgermanischer Art stilisierte."
    - aus einer Reszension von "Der Mythos vom deutschen Shakespeare"

    Echtes Englisch wird doch sowieso nur von altgermanischen Perlen wie Schäuble oder Oettinger gesprochen.

    Die Briten beweisen - jedensfalls laut Wahrheitspresse - durch ihr chaotisches Brexitgebaren doch täglich, dass sie es gar nicht wert sind, die Weltsprache ihr eigen zu nennen.

    Das dürfen nur wir!

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  4. Jetzt habe ich das Teil bis zum Ende gelesen und Janas Telefonnummer trotzdem nicht gefunden. Da muss der Faktenchecker ran.

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  5. https://discord.gg/ArNQvSt

    Wolkenheim - wie kc aber mehr Lametta

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