Die komplette Geschichte eines missratenen Witzes. |
Tiefe, dunkle Wälder, ein langes, schmales Tal, umgeben von hohen, manchmal verschneiten Bergen, zwischen denen mit der Is ein kaum bekannter Fluss schlängelt, an dem einige wenige alte Häuser stehen. Das serbische Dorf Slabizcanie ist eine Legende unter Linguistikern, seit es Wissenschaftlern der damaligen jugoslawischen Volksarmee hier Ende der 50er, Mitte der 60 Jahre gelang, eine sogenannte Begriffsvertauschung durchzuführen. Durch ein ausgeklügeltes System von Belohnungen, Bestrafungen und öffentlicher Propaganda konnten Ärzte und Psychologen um den später mit dem jugoslawischen Tito-Preis ausgezeichneten Hirnforscher die seinerzeit 138 Einwohner tatsächlich dazu bewegen, "Tisch" zu sagen, wenn sie "Stuhl" meinten. Und umgekehrt "Stuhl", wenn ein Tisch gemeint war.
Der Vokabelwechsel, serbisch "Vukalischira" oder Pечник Размена, wurde später auch von US-Forschern und von russischen Wissenschaftlern versucht, er gelang jedoch nie mehr wieder - bis jetzt ein ARD-Team, angesiedelt bei der Hamburger "Tagesschau" einen erneuten Versuch unternahm. Die Versuchsanordnung ist dabei etwas komplizierter. Statt konkrete Begriffe neu zu definieren, zielt das Vorgehen der staatlich überwachten Nachrichtensendung darauf, Ereignisstränge durch sogenanntes "Faktenfinden" so neu zu erzählen, dass das Ursprungsereignis hinter seine Interpretation zurücktreten muss und als etwas gänzlich anderes erscheint als es ursprünglich war.
Genutzt wird von der "Tagesschau" ein Tweet der ZDF-Journalistin Nicole Diekmann am Neujahrstag auf ihrem privaten Account, der "#Nazisraus" lautete. Die junge, engagierte Frau hatte dort auf eine Frage, wer ihrer Ansicht nach alles ein Nazi sei, geantwortet "Jeder, der nicht grün wählt". Daraufhin brach ein sogenannter Shitstorm los, Diekmann bekam Mord- und Vergewaltigungsdrohungen, die auch nicht abebbten, nachdem sie erklärt hatte, dass ihre Nazi-Definition ironisch gemeint gewesen sei.
Ein missglückter Witz, schiefgegangen wohl, weil ZDF-Journalisten inzwischen von Teilen der Bevölkerung zugetraut wird, wirklich jedermann außerhalb einer Grünwählerblase für Nazis zu halten - für die "Tagesschau" eine erstklassige Gelegenheit, die eigenen Fähigkeiten in Umdeutung - serbisch "Vukalischira" oder Pечник Размена - zu testen.
Denn statt die Diekmann-Geschichte von ihrem Anfang zu erzählen, lässt die beliebteste Nachrichtensendung des Landes diesen einfach weg und behauptet, Diekmann habe "Nazis raus" getwittert - und daraufhin Mord- und Vergewaltigungsdrohungen erhalten. Vor aller Augen verändert sich die Wirklichkeit: Der missglückte Witz, der alle Nicht-Grünenwähler zu Nazis erklärt hatte, kommt in der Berichterstattung nicht mehr vor. Zum Anlass des Shitstorms wird stattdessen der Umstand erklärt, dass Dieckmann sich gegen Nazis ausgesprochen habe.
Eine Verkürzung des Geschehens, die demagogische Meisterschaft verrät. Die Erzählung bleibt so nahe an der Wahrheit, wie jede gute Lüge das muss, sie entfernt sich aber zugleich so weit von ihr, dass die berichteten Ereignisse nichts mehr mit dem zu tun haben, was eigentlich geschehen ist.
Ein Relotius-Phänomen, das den aus Slabizcanie bekannten "Vukalischira", den Vokabelwechsel, im Dienst einer guten Sache nutzt, um Realität völlig neu zu definieren. Dass die eigene Glaubwürdigkeit unter diesem offenkundigen Missbrauch der öffentlich-rechtlichen Definitionsmacht leiden könnte, muss aus Sicht der Verantwortlichen hinter der Aufgabe zurückstehen, Gutes zu bewirken. Langfristig, so die Rechnung, ist die Gefahr ja ohnehin in dem Moment beseitigt, in dem "Stuhl" "Tisch" ersetzt und die Wahrheit die Form angenommen hat, die ihr die verantwortliche Redaktion zubilligt.
Theorien, wonach es der "Tagesschau" völlig egal ist, dass natürlich Menschen merken werden, wie verkürzt und verdreht die Dieckmann-Geschichte erzählt wird, dürften nicht zutreffen. Wie das Presseecho bundesweit zeigt, hat der in Hamburg erfundene Spin der Story sich glatt durchgesetzt, die Umformung der vorhandenen Faktenist bruchlos gelungen, die Mehrzahl der deutschen Mediennutzer dürfte mittlerweile sicher sein, genau zu wissen, "Wie auf den Tweet „Nazis raus“ eine Welle der Solidarität folgt" (DPA).
Ein Schaden tritt durch dieses sogenannte Gegenwissen, serbokroatisch против знања, aller Erfahrung nach nur bei denen ein, die den Glauben verweigern. Im Falle des großangelegten Sprachexperiments im Örtchen Slabizcanie waren das Kollateralschäden, die sich bereits Mitte der 60er Jahre ausgewachsen hatten: Mehrere Einwohner hatten den Ort der "Vukalischira" unter Vorspiegelung beruflicher oder privater Verpflichtungen verlassen, andereSelbstmord begangen oder zum orthodoxen Glauben gefunden.
Die halbe Wahrheit, nur komplett in der ARD. |
Genutzt wird von der "Tagesschau" ein Tweet der ZDF-Journalistin Nicole Diekmann am Neujahrstag auf ihrem privaten Account, der "#Nazisraus" lautete. Die junge, engagierte Frau hatte dort auf eine Frage, wer ihrer Ansicht nach alles ein Nazi sei, geantwortet "Jeder, der nicht grün wählt". Daraufhin brach ein sogenannter Shitstorm los, Diekmann bekam Mord- und Vergewaltigungsdrohungen, die auch nicht abebbten, nachdem sie erklärt hatte, dass ihre Nazi-Definition ironisch gemeint gewesen sei.
Ein missglückter Witz, schiefgegangen wohl, weil ZDF-Journalisten inzwischen von Teilen der Bevölkerung zugetraut wird, wirklich jedermann außerhalb einer Grünwählerblase für Nazis zu halten - für die "Tagesschau" eine erstklassige Gelegenheit, die eigenen Fähigkeiten in Umdeutung - serbisch "Vukalischira" oder Pечник Размена - zu testen.
Denn statt die Diekmann-Geschichte von ihrem Anfang zu erzählen, lässt die beliebteste Nachrichtensendung des Landes diesen einfach weg und behauptet, Diekmann habe "Nazis raus" getwittert - und daraufhin Mord- und Vergewaltigungsdrohungen erhalten. Vor aller Augen verändert sich die Wirklichkeit: Der missglückte Witz, der alle Nicht-Grünenwähler zu Nazis erklärt hatte, kommt in der Berichterstattung nicht mehr vor. Zum Anlass des Shitstorms wird stattdessen der Umstand erklärt, dass Dieckmann sich gegen Nazis ausgesprochen habe.
Eine Verkürzung des Geschehens, die demagogische Meisterschaft verrät. Die Erzählung bleibt so nahe an der Wahrheit, wie jede gute Lüge das muss, sie entfernt sich aber zugleich so weit von ihr, dass die berichteten Ereignisse nichts mehr mit dem zu tun haben, was eigentlich geschehen ist.
Ein Relotius-Phänomen, das den aus Slabizcanie bekannten "Vukalischira", den Vokabelwechsel, im Dienst einer guten Sache nutzt, um Realität völlig neu zu definieren. Dass die eigene Glaubwürdigkeit unter diesem offenkundigen Missbrauch der öffentlich-rechtlichen Definitionsmacht leiden könnte, muss aus Sicht der Verantwortlichen hinter der Aufgabe zurückstehen, Gutes zu bewirken. Langfristig, so die Rechnung, ist die Gefahr ja ohnehin in dem Moment beseitigt, in dem "Stuhl" "Tisch" ersetzt und die Wahrheit die Form angenommen hat, die ihr die verantwortliche Redaktion zubilligt.
Theorien, wonach es der "Tagesschau" völlig egal ist, dass natürlich Menschen merken werden, wie verkürzt und verdreht die Dieckmann-Geschichte erzählt wird, dürften nicht zutreffen. Wie das Presseecho bundesweit zeigt, hat der in Hamburg erfundene Spin der Story sich glatt durchgesetzt, die Umformung der vorhandenen Faktenist bruchlos gelungen, die Mehrzahl der deutschen Mediennutzer dürfte mittlerweile sicher sein, genau zu wissen, "Wie auf den Tweet „Nazis raus“ eine Welle der Solidarität folgt" (DPA).
Ein Schaden tritt durch dieses sogenannte Gegenwissen, serbokroatisch против знања, aller Erfahrung nach nur bei denen ein, die den Glauben verweigern. Im Falle des großangelegten Sprachexperiments im Örtchen Slabizcanie waren das Kollateralschäden, die sich bereits Mitte der 60er Jahre ausgewachsen hatten: Mehrere Einwohner hatten den Ort der "Vukalischira" unter Vorspiegelung beruflicher oder privater Verpflichtungen verlassen, andereSelbstmord begangen oder zum orthodoxen Glauben gefunden.
Ich dacht, die Grün*innen haben sich von Facebook, Twitter und Elitepartner inzwischen komplett zurückgezogen!?
AntwortenLöschennoch nicht alle, ich bin da ja auch noch
AntwortenLöschenohne Kontrolle der Wahlzettel ist Frau Diekmanns Hinweis leider wertlos
AntwortenLöschender Sepp , Reichsurnenwart
und b)
AntwortenLöschenvielleicht wird sie auch einfach umgebracht - nur so .
Frau Diekmann hat es gut gemeint, sie wollte doch nur mahnen.
AntwortenLöschenDas müssten alle, die sie jetzt beschimpfen doch auch ahnen.
Nun traut sie sich nicht mehr ins Netz, sie muss verzweifelt kämpfen.
Gar grausam wird sie nun umweht von Nazi-Schwefeldämpfen.