Entgegen allem, was der "Spiegel" schreibt, sterben in Deutschland deutlich weniger Menschen im Verkehr als in Frankreich. |
Wer mit Zahlen lügen will - und wer will das nicht! -, der hat einige grundsätzliche Regeln zu beachten, um nicht sofort aufzufliegen. Einerseits ist es möglich, Zahlen ohne jeden Bezug zu präsentieren. Statt Werte aufwendig in einen Kontext zu stellen und sie damit für Leser nachvollziehbar einzuordnen, bevorzugen es Kenner, sie einfach mit dem Zusatz "weniger als" oder "mehr als" zu versehen. Dadurch gelingt es, beim Publikum das gute Gefühl zu erzeugen, dass alles auf dem richtigen Weg sei.
Herausragend gute Nachrichten dieser Art kommen diesmal aus Frankreich, ausnahmsweise. Wie der "Spiegel" berichtet, ist die Zahl der Todesopfer auf Frankreichs Straßen im vergangenen Jahr mit 3259 Verkehrstoten im Jahr 2018 so niedrig gewesen wie noch nie. Nach Angaben von Premierminister Édouard Philippe sei diese positive Tendenz zurückzuführen auf "Maßnahmen, die im vergangenen Jahr eingeführt wurden" - damit meint der Premier ein Tempolimit von 80 Kilometern pro Stunde auf Landstraßen, das die Regierung gegen den Protest vieler Franzosen eingeführt hatte.
Für den Relotiusboten ist die Sache klar: "Dank Tempolimit" (Spiegel-Überschrift) seien in Frankreich "so wenige Menschen im Straßenverkehr gestorben wie nie zuvor" - kaum versteckt findet sich hier ein Plädoyer für ein deutsches Tempolimit, für das der "Spiegel" ohnehin kämpft.
Bemerkenswert daran ist nicht die Selbstverständlichkeit, mit der das ehemalige Nachrichtenmagazin die regierungsamtliche Deutung der Entwicklung der Zahl der Verkehrstoten im Nachbarland als "Nachricht" verbreitet, sondern das Ausmaß an Arbeitsverweigerung, das die Redaktion dabei an den Tag legt.
Einordnung, Kontext, Vergleich - nichts davon leistet das frühere "Sturmgeschütz der Demokratie". So erfährt der Leser auch nicht, dass die - zuletzt um 5,7 Prozent gesunkene - Zahl der Verkehrstoten in Frankreich mit nun nur noch 3259 über der der Verklehrstoten in Deutschland liegt, die trotz fehlendem Tempolimit auf Teilen der Autobahnen und einem Landstraßenlimit von 100 km/h nur bei 3220.
Umso erstaunlicher ist das, da Deutschland mit rund 82 Millionen Einwohnern nicht nur über bedeutend mehr Bevölkerung als Frankreich (67,5 Millionen) verfügt, sondern auch, weil die in Deutschland zugelassenen 57 Millionen Kraftfahrzeuge sich auf nur rund 645.000 Straßenkilometern drängen, während den in Frankreich angemeldeten 27,5 Millionen Pkw und Lkw sich weiträumig auf dem mit 951.000 Kilometern längsten Straßennetz aller europäischen Länder verteilen können.
Eigentlich müssten in Deutschland nach "Spiegel"-Logik selbst mit einem deutschen Tempolimit zwischen 18 Prozent (nach Bevölkerung) und 50 Prozent (nach Fahrzeugbestand) mehr Menschen auf den Straßen sterben als in Frankreich zu Tode kommen. Stattdessen liegt die Todesrate ohne Tempolimit auf der Autobahn und mit einem um 20 km/h höheren Limit auf Landstraßen um 1,2 Prozent unter dem französischen Vergleichswert.
Das ist so unerhört wie unklärlich, dass der "Spiegel" darauf verzichtet hat, seine verbliebenen Leserinnen und Leser damit zu irritieren.
Ich bin wieder mal schwer begeistert. Danke, ppq.
AntwortenLöschenIch traue sowieso nur jenen Statistiken, die ich selber geschönt bzw. gefälscht habe.
AntwortenLöschenUnd die jährlich rund 16.000 Toten durch Unfälle im häuslichen Bereich Deutschlands haben noch nie jemanden von den Medien interessiert. Dort ist nichts an Steuern durch schlechtes Gewissen zu holen.
AntwortenLöschenheute haben sie nachgelegt beim relotiusboten.
AntwortenLöscheneine meldung wie "helmut schmidt hat sich gesundgeraucht"
Ich bring morgen auch zwei neue Artikel von Relotius.
AntwortenLöschenSeit der wieder freischaffend ist, und nicht mehr in dem Laden anwesend sein muß, flutscht der Papierausstoß wie in einer Klopapierfabrik.
der muss jetzt kompensieren
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