Samstag, 8. Dezember 2018

Rätsel der Mathematik: Rechenspaß mit fünf Journalisten aus 34 Ländern


Mathematik ist, was Politik und Medien seit jeher abstößt und anzieht zugleich. Ein Schrecken, dem Politiker noch Journalisten verfallen sind: Sie brauchen Mathematik, um faktenbasiert zu argumentieren. Doch sie können weder rechnen noch wissen sie, was zählt, so dass sie sich unentwegt im Gestrüpp der Zahlen verheddern und darob schließlich dastehen, als wüssten sie gar nicht, wovon sie reden.

Es entstehen so immer wieder Räume voller irrationaler Zahlen. Gebäude aus Bedeutungslosigkeit, in denen Ziffern klappern, die einfach nur da sind und Seriosität simulieren. Dem Berliner "Tagesspiegel", einer Ausspielsstation der Hamburger Wochenschrift "Die Zeit", gelang es jetzt sogar, im Zusammenhang mit dem Streit um Hubertus Knabe, den Chef der Stasi-Opfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, ein mathematisches Rätsel unterzubringen, das sich zwanglos einordnet zwischen Riemannsche Vermutung und Smale-Probleme - ungelöste Aufgaben für eine Armee von Arithmetikern, die noch gar nicht geboren ist.

Ist die Riemannsche Hypothese eine Annahme über die Nullstellen der Riemannschen Zetafunktion und die Negation der Kontinuumshypothese relativ widerspruchsfrei, lässt die neu aufgetauchte Birthler-Vermutung Experten nun sogar an der von Kurt Gödel entdeckten Wohlordnung der reellen Zahlen zweifeln. Das Paradoxon: Seit Anfang Oktober hatte Marianne Birthler, frühere Chefin der eine Zeit lang nach ihr benannten Stasi-Unterlagenbehörde, „insgesamt 27 Gespräche mit 36 – zum größten Teil angestellten – Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ der Gedenkstätte Hohenschönhausen geführt. "Alle vertraulich", wie der "Tagesspiegel" Besorgnisse um den Datenschutz sorgsam ausräumt.

27 Gespräche mit 36 Personen, alle vertraulich, das erinnert nur von ungefähr an die Kommunikationsleistungen des früheren SPD-Chefs Martin Schulz, dem es nach eigenen Angaben im August 2017 gelungen war, an einem einzigen Tag mit 4000 Unterstützern zu telefonieren.

Es geht aber letztlich weit über die quantitative Dimension hinaus: Wie beim legendären "Internationalen Frühschoppen", bei dem Werner Höfer, ein frühere Mitarbeiter der Zeitung "Das Reich" über Jahrzehnte hinweg allsonntäglich fünf Journalisten aus sechs Ländern vor einer Fernsehkamera versammelte, um Rotwein zu trinken und über Glauben, Zweifel, Zuversicht, Verleumdung, Haltung und Verzweiflung zu debattieren, wirft die Birthler-Vermutung die Frage auf, ob es eine überabzählbare Teilmenge der reellen Zahlen gibt, die in ihrer Mächtigkeit kleiner sein kann als die reellen Zahlen.

Scheinen  27 Gespräche mit 36 Personen möglich, indem ein Teil davon mit jeweils zwei oder sogar noch mehr Teilnehmern geführt werden, wirft die Erklärung, sie alle seien "vertraulich" geführt worden, die mathematische Grundsatzfrage auf, wie viele Ohren überabzählbar sind, ohne dass das Prinzip der Vertraulichkeit eines Vier-Augen-Gespräches verletzt wird: Sechs? Acht? Zwölf?


1 Kommentar:

  1. Fracksausen @ verehrter Blogwart? Völlig verständlich, und also im Grünen Bereich.
    Problematisch wäre - wenn Du tatsächlich an diesen Scheiß glauben würdest.

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