Bei einem Besuch im dunkeldeutschen Chemnitz stürzte sich der Bundespräsident ungeachtet der Gefahr mitten ins rechtsradikale Getümmel. |
Es ist kalt, als Steinmeier um die Ecke biegt. Er winkt, niemand reagiert. "Hau ab", schallt es einmal einsam über den Platz, schnell ist die Polizei da und Steinmeier im Gebäude verschwunden. Draußen schießt ein Junge eine tote Taube durch die leere Fußgängerzone. Es beginnt, nicht zu regnen. Aus Tschechien zieht ein dumpfer brauner Qualm heran.
Steinmeier in der Höhle der Löwen
Der Bundespräsident in der Höhle der Löwen, am Ursprungsort ostelbischer Reaktion. Doch der mit allen Wassern der Weltpolitik gewaschene Walter Setinmeier zeigt keine Angst bei seinem Besuch in Chemnitz, dem dunkeldeutschen Schicksalsort der Merkel-Demokratie, an dem Nazis und Pegidisten ihre Menschenjagden veranstalteten, um die noch funktionalen Reste der Regierung in einen apokalyptischen Showdown um einen Geheimdienstchef zu zwingen.
Steinmeier hat das alles wie immer gut wegmoderiert, er ist der Fels in der Brandung einer ausufernden Populismus, eine Teflonpfanne, an der jeder Angriff abprallt, und damit das Schutzschild der zankenden Groko-Parteien. In Chemnitz spaziert der Bundespräsident spontan mitten in die Menge. Ein Zeichen an alle Missmutigen, Wirrköpfe und Politikverdrossenen: Der erste Mann des Staates beschwört nicht nur den engen Dialog mit allen Gruppen und Schichten der Bevölkerung, er praktiziert ihn direkt auf der Straße. Steinmeier schaut nicht schel, er bezeichnet niemanden hier direkt als "Pakt" oder Ratte. Er will sich ein Bild machen von den Nazihorden, die hier nis in die Mitte der Gesellschaft reichen.
Ganz Bürgerpräsident lächelt er freundlich und schüttelt Hände. Vorbei am Marx-Denkmal, das sie hier "Nüschel" nennen und für ihre braunen, fremdenfeindlichen Aufmärsche nutzen, führt der Weg des letzten bekannten Sozialdemokraten, der der Parteipolitik aber längst abgeschworen hat. Es sind dennoch sozialdemokratische Passanten, die Steinmeier mit Zurufen wie "Es ist schön, Herr Gauck, dass Sie mal nach den Rechten sehen“ oder "So ist es richtig!" aufzumuntern versuchen.
Der erste Mann des Staates inmitten der Bürger, endlich, viele atmen auf. Der Rechtsstaat ist zurück, sie wissen, so lange Steinmeier hier wandelt, wachen Blicks und mit seiner typischen weißen Mähne, kann uns nichts passieren, kein Messerstecher wird kommen, kein Bombenkleger, kein faschistischer Menschenhetzer. Viele ergreifen die Gelegenheit beim Schopf, mit dem äußerst beliebten Politiker zu reden. Um Angst vor Nazis und Ausländern geht es, um die Furcht vor einer Ausnutzung der Sozialsysteme und einer Abnutzung der Nazikeuel. Walter Steinmeier bleibt stets verbindlich, er hört zu, und sagt klipp und klar, die Probleme seien erkannt, nun sei es Zeit, dass alle beim Lösen helfen. „Ich kümmere mich um alles“, versprach Gauck. Im Gegenzug sollten aber nun alle Bürger nach Hause gehen. "Ruhe und Ordnung ist, was unser Land nun braucht."
Ruhe und Ordnung sind erste Bürgerpflicht
Applaus von den Begleitern des Bundespräsidenten für diese mutigen Worte. Noch mehr Menschen drängen heran, Bürger, Wähler, Rechte, Linke, aufrechte Demokraten und viele begeisterte und bekennende Europäer. Aber deutlich ist zu sehen,. Es sind auch Paranoide unter ihnen, Verschwörungstheoretiker und Männer, die glauben, dass die NSA in Deutschland Abhöranlagen betreibt, dass der Migrationspakt ein mieser Trick der Eliten ist und dass Wolfgang Schäube sich mit der Installation von Friedrich Merz als Gegenkanzler für seine Abschiebung aus dem kabinett rächen will. Walter Steinmeier fordert auch diese Menschen immer wieder auf, zu erzählen.
Ein mühsames Unterfangen gegen den engen Zeitplan, das stramme Programm und die eher trübe Stimmung, die den Termin mit dem Staatsoberhaupt prägen. Doch so mühevoll die Mission Steinmeiers ist, so gute Ergebnisse zeitigt sie. Am Ende, nach alle den Gesprächen, grölt über eine Viertelstunde lang niemand mehr, ja, manche grüßen sogar freundlich.
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