Freitag, 16. November 2018

Doku Deutschland: Feine Sahne Kunstfreiheitsfeinde


Die Frankfurter Punkband Serum 114 macht eigentlich seit Jahren alles richtig. Die Musiker sind gegen rechts, sie lassen keine Nazis in ihre Konzerte, sie singen für Toleranz und engagieren sich für den gesellschaftlichen Zusammenhang. Allerdings nützt ihnen das nicht viel.

Denn vor Jahren haben die Musiker, die ihren Bandnamen dem chemischen Mittel entlehnten, das bei Stanley Kubricks "Clockwork Orange" aus Psychopathen nette Leute macht, einen Fehler begangen: Vor sieben Jahren wechselten sie nach der Pleite ihrer Plattenfirma zum Label der südtitoler Band Frei.Wild. Und die gilt Ausländerfeinden in Deutschland traditionell als Feindbild: Wer sich auch nur im Umfeld der Hitparaden-Hitlers bewegt, wird von einer ideologisch stahlharten Widerstandsfront aus Konkurrenzkapellen bekämpft wie einst der singende Klassenfeind durch die DDR-Kulturaufseher.

Serum 114 haben sich nun einen ganz besonderen Feind gemacht, eine Band, die für Toleranz und "gegen Arschlöcher" auftritt, sich gegen "Rechts" engagiert, lange zurückliegenden Mordphantasien abgeschworen hat und in ihrem Heimatland Mecklenburg dafür sorgt, dass "noch nicht alles im Arsch" ist (alle Fäkalzitate FSF).

Das Quartett aus dem dunkeldeutschen Osten hat sich offenbar zur Aufgabe gemacht, die stilistisch ähnlich auftretenden Wettbewerber aus dem multikulturellen Frankfurt am Main zu verfolgen, um sie - wegen ihrer sieben Jahre zurückliegenden Kollaboration mit den Italierner von Frei.Wild - an Auftritten zu hindern. Dazu setzt die Fischfilet-Band Veranstalter unter Druck, indem sie sie vor die Wahl stellt: Entweder Konzerte mit Serum 114. Oder mit Feine Sahne Fischfilet, einem kommerziell spätestens seit der Bauhaus-Ausladung megaberühmten Gruppe, um deren Gastspiele sich derzeit jeder Promoter reißen muss.

FSF, die Opfer der die Meinungsfreiheit unterminierenden Verbotsaktion des Dessauer Bauhauses, das drei Jahre alte und längst verziehen Texte als Begründung nutzte, agieren dabei seit Jahren ebenso kunstfeindlich wie die Politik in Sachsen-Anhalt, die nach dem Verbot ihres Auftrittes verlangt hatte, ohne selbst offiziell in der Verbotsaktion aufzutauchen. Ein Muster, das Serum 114 auch bei ihren Stalkern aus dem ostdeutschen Norden entdecken, wie sie in einem offenen Brief an "Monschi" und Co. schreiben, den PPQ in der bürgerschaftlich engagierten Reihe dokumentiert.


Liebe feine Sahne,

dass ihr 2014 nicht auf unsere Anfrage nach einem Feature reagiert habt: geschenkt. Wir waren tatsächlich Fans von euch und eurer aktuellen Single „Komplett im Arsch“. Aber scheinbar hattet ihr keinen Bock drauf, wahrscheinlich wegen unserer Historie mit Frei.Wild. Alles okay. Kein Beinbruch.

2016 waren wir auf dem Schlossgrabenfest in Darmstadt gebucht. Als wir gesehen haben, dass ihr da auch spielen werdet, dachten wir: Cool, vielleicht kann man ja mal ein Bier zusammen trinken und ein paar Sachen richtig stellen. Uns war damals nicht bewusst, wie dogmatisch Ihr tatsächlich seid. Jedenfalls habt ihr über euer Management ausrichten lassen, dass ihr auf dem Festival nicht spielen werdet, wenn wir dort auftreten.

Das hat uns dann doch sehr überrascht. Schließlich habt ihr kein Problem damit, die Festivalbühne mit Bands zu teilen, die enge geschäftliche Beziehungen zu den Onkelz führen. Die Liste mit Bands, die nicht in euer Credo passen, ist lang. Dennoch habt ihr bei Künstlern, die erfolgreicher sind als Ihr, keinerlei charakterfesten Ambitionen. Nach unten treten ist eben viel einfacher. Bravo! Wie dem auch sei, wir dachten damals, es handele sich um ein Missverständnis. Deswegen wollten wir mit euch sprechen, um das Ganze zu klären. Das wolltet ihr aber nicht. Beim Reden (!) miteinander – so eure Begründung – würde man immer so viele Sachen vergessen. Aha! Daher gab es eine Mail von euch. In der habt ihr uns ganz klar diktiert, unter welchen Bedingungen ihr eure Drohung gegenüber dem Festival zurücknehmen würdet: Wir sollten uns von unserer Vergangenheit mit Frei.Wild öffentlich distanzieren, indem wir ein Statement gegen sie veröffentlichen. Außerdem sollten wir unsere alten Alben (trotz bestehender Verträge) nicht mehr bei Rookies&Kings vertreiben bzw. diese freikaufen. Sorry, aber diese Kohle haben wir nicht. Auch nicht, wenn wir unseren rostigen Sprinter verkaufen. Dass wir unsere Platten seit Jahren nicht mehr bei dem Label veröffentlichen, habt ihr zwar zur Kenntnis genommen. Das war euch aber nicht genug.

Uns aber schon. Denn wir lassen uns sicher nicht diktieren, was wir zu tun oder zu lassen haben. Weder von FSFF, noch von irgendjemand anderem. Wir haben nochmal versucht, euch deutlich zu machen, dass wir genau wie Ihr gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit vorgehen und dass dieser Kampf mit Sicherheit nicht nur auf eure Art geführt werden kann. Aber das hat euch nicht weiter interessiert. Ohne öffentliches Statement gegen Frei.Wild müssten die Veranstalter entscheiden: FSFF oder S114. Und da habt ihr wirklich ein feines Druckmittel entdeckt, liebe feine Sahne: Geld. Denn ihr verkauft momentan mehr Tickets als wir. Und der böse Kommerz eignet sich selbst bei eurer antikapitalistischen Kapelle als prima Druckmittel. Herzlichen Glückwunsch. Also kam es wie es kommen musste: Den Veranstaltern blieb keine Wahl, man entschied sich für die kommerziell erfolgreichere Kapelle. Obwohl wir stinksauer waren, schluckten wir die Ansage und wollten auch keine öffentliche Diskussion lostreten. Wie einige andere Bands aus einer Opferrolle Profit zu schlagen, wollten wir nicht. Außerdem war uns das Risiko zu groß, dass sich einige Leute aus der rechten Szene bestätigt fühlen könnten, wenn wir euch öffentlich angreifen.

Im Herbst 2016 stand unsere Tour an. Damit hattet ihr nichts zu tun. Dachten wir zumindest. Doch dann ist euch plötzlich aufgefallen, dass wir im Wizemann spielen werden – einem Club in dem ihr bei eurer Winter-Tour auch gastiert, über einen Monat (!) nach unserem Auftritt. Also habt ihr und/oder euer Management kräftig in die Tasten gehauen und beim Veranstalter die gleiche Nummer nochmal abgezogen: Entweder ihr sagt den Gig mit Serum 114 ab, oder wir spielen nicht bei euch. Wieder hattet ihr mehr Tickets verkauft als wir, wieder das gleiche Ergebnis.

Nun haben wir die Schnauze voll. Ihr könnt nicht jeden, der nicht in euer Dogma passt, als „rechtsoffen“ bezeichnen. Wir positionieren uns seit Beginn unserer Karriere kompromisslos gegen Diskriminierung, Faschismus und Rechtsextremismus. Für so einen Scheiß gab es bei uns nie einen Platz. Logo bekommt ihr für euer ‚Alerta‘ auf euren Konzerten mehr Applaus als wir bei einer Ansage gegen Nationalismus. Aber wisst ihr was? Wir machen das trotzdem. Und jetzt kommt der Clou: Wir machen das, weil wir felsenfest davon überzeugt sind, dass Diskriminierung und Extremismus falsch sind. Und eben nicht, weil uns so ein paar Jungs aus dem hohen Norden erklären, was falsch und was richtig ist.

Auf unserem Konzert in Köln haben sich Fans in Shirts von FSFF und Frei.Wild feiernd in den Armen gelegen. Während ihr bei dem Gedanken daran wahrscheinlich Pickel bekommt, sind wir uns sicher, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist. Nämlich für mehr Toleranz. Begeht besser nicht den Fehler, jeden der ein T-Shirt einer Band trägt, die euch nicht gefällt, in die selbe, rechte Schublade zu stecken. Das wäre diskriminierend und intolerant.

Unsere Positionen gegen Diskriminierung und Extremismus hören auf Konzerten auch Leute, die noch keine hundertprozentig gefestigte politische Meinung haben. Wenn uns Fans fragen, warum wir von der Stadt die wir lieben singen, gleichzeitig aber vor maßlosem Nationalismus warnen, dann merken wir, dass wir Diskussionen anstoßen und zum Nachdenken anregen. Und wenn sich tatsächlich mal ein paar Leute auf unser Konzert verirren, die rechtsoffenen Ideen nicht abgeneigt sind, können wir sie mit deutlichen Ansagen gegen Rechtsextremismus wenigstens ins Grübeln bringen. Vielleicht schreien sie dann noch nicht direkt ‚Alerta‘, aber bestenfalls denken sie nochmal darüber nach, bevor sie ihre Stimme irgendwelchen Rechtspopulisten geben. Dass stramme Nazis bei uns keinen Zutritt haben, versteht sich von selbst.

Wir sind im Laufe unserer zehnjährigen Karriere in so ziemlich jedes Fettnäpfchen getreten, was wir finden konnten und haben wirklich eine ganze Menge Mist gemacht. Aber eins, liebe feine Sahne, lassen wir uns wirklich nicht vorwerfen: Dass wir mit irgendwelchen braunen Gedanken sympathisieren oder mit Rechtsradikalen Geschäfte machen. Ob ihr das genauso seht wie wir, ist uns mittlerweile herzlich egal. Wir haben es langsam kapiert: Leute von links meckern, weil wir mal was mit Frei.Wild gemacht haben. Leute von rechts meckern, weil wir uns in unseren Texten und Aktionen klar gegen Nationalismus positionieren. Macht was ihr wollt und denkt. Wir werden auch weiterhin unseren Weg gehen. Ob euch das gefällt oder nicht.


PS: Für alle braunen Stammtischtrolle: Glaubt nicht, dass euch dieser Brief in die Karten spielt und spart euch dumme Kommentare. Wir scheißen auf Applaus von rechtsaußen. Weil wir uns von FSFF nicht erpressen lassen, heißt das nicht, dass wir euch an unserer Seite dulden.

8 Kommentare:

  1. großartig ! wird Pflichtlektüre für meine neger ...äh Studenten

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  2. Noch vor 20 Jahren hätten Politik, Gesellschaft und Medien von Erscheinungen wie Feine Sahne Fischfilet und Serum 114 - wenn überhaupt - nur unter der Rubrik "Schmutz und Schund" Kenntnis genommen und berichtet. Und hätte irgendjemand gar ln diesem Zusammenhang das Wort "Kunstfreiheit" in den Mund genommen - homerisches Gelächter wäre ihm sicher gewesen. Der durch ppq dokumentierte Brief und das darin geschilderte Geschehen veranschaulichen, warum das so war und warum man der Aussage "Deutschland, du mieses Stück Scheiße" punktuell durchaus etwas abgewinnen kann.

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  3. Pickelige FSFF mies in jeder Hinsicht? Die Jungs von Serum sind evtl kurz davor es zu begreifen: raus aus der Matrix kommen sie nur, wenn sie den üblichen Distanzierungsmist und das Toleranzgedöns komplett weglassen. Menschlichkeit benötigt keine Schlagworte.

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  4. (Was ist aus der populären Front geworden? - Die sitzt da drüben. - Spalter !!!)
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    Die Jungs von Serum sind evtl kurz davor es zu begreifen: raus aus der Matrix ---
    @ Gerry: Nie im Leben. Garantiert nicht.
    Es gibt bzw. gab: SPD, USPD, SED, SED Westberlin, KPD, KPD-ML, DKP, MLPD, u.a.m. -
    Zecken ein noch so einfaches Vernunftargument nahezubringen, gleicht dem Versuch, einem Frosch das Rechen beizubiegen.

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  5. knoten 16. November 2018 at 12:18
    wollen wir hoffen das er ein echter türke ist. Dann könnte es sein das er gegen deutschkurden vorgeht. Falls er kurde ist und sunit, dann gute nacht --------
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    Totesstrahffe führ Legasnicker.

    Dem "Oberlehrer" bei Pipi scheint es an Zeit zu gebrechen - aber wem heutzutage nicht. Dennoch: Sollte dieser "knoten" älter als so 13-14 sein, so wäre ich wenigstens für Stäupung.

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  6. https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2018/chemnitz-syrischer-asylbewerber-soll-behinderte-frau-vergewaltigt-haben/

    Sepp holt jetzt seinen Glöckner ausm Keller und übt .

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  7. Prima!
    Linke Toleranzler kloppen sich gegenseitig auf die Murmel.



    Beifall von rechts.

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  8. https://www.tichyseinblick.de/meinungen/tichys-einblick-fand-die-herkunft-des-chemnitz-videos-heraus/

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