Samstag, 17. November 2018

Chemnitz: Kanzlerin im Krisengebiet

Der sächsische Staats- und Parteichef Kretschmer empfing die CDU-Vorsitzende Angela Merkel mit großem Gepränge.

Beim Ausrollen der Bundeswehr-Maschine TT356 auf dem Feldflugplatz bei Mötscheritz blickt die sogenannte Passagierin Nummer 1 unbefangen aus dem Bullauge - und sieht, dass Chemnitz` Oberbürgermeisterin mit dem sächsischen Partei- und Staatschef Michael Kretschmer selbst zum Willkommen erschienen ist. Angela Merkel, die Frau im Fluggerät, einer der letzten Maschinen der Luftwaffe, die noch als uneingeschränkt flugtauglich gelten, lächelt sanft. Zum ersten Mal in der Geschichte erweist eine Kanzlerin den Auslösern von rechtsextremistischen Hetzjagden diese protokollarische Ehre. Von dem Gala-Empfang in Sachsen hatte das Bundeskanzleramt allerdings 82 lange Tage um die Details der Stippvisite gerungen.

Gelungener Besuch



Nun ist es soweit. Erst zwei Tage vorher haben die Abgehängten, Rechtsradikalen und Wutbürger im früheren Karl-Marx-Stadt erfahren, was los sein wird. Da standen schon Polizisten an der Ausfallstraße, die über Holperpflaster aus dem Mittelalter nach Mötscheritz führt. Donnert knallt die Kolonne der Limousinen vorüber, die Kanzlerin winkt, ein Kind winkt zurück und schießt dann mit Außenrist eine tote Taube hinter den schwarzen Wagen hinterher. Aus Weltpolitikern werden hier politische Touristen, die sich ganz einlassen auf Land und Leute. Angela Merkel genießt das Ereignis. So nah bei den Menschen sein. Endlich wieder inmitten ihrer Ostdeutschen.


Knapp drei Monate nach den gewalttätigen Unruhen in Sachsen, die auf einen verbalen Streit mit tragischem Ausgang folgten, will Merkel der Verständigung einen neuen Impuls zu geben. Die Vollblutpolitiker hatte im Spätsommer, als Chemnitz in einem Strudel aus fremdenfeindlichen Demonstrationen versank, Mühe gehabt, zu den Ereignissen ein persönliches Verhältnis zu finden – Merkel setzt traditionell darauf, dass die eingespielte Kooperation mit den staatlichen Fernsehsendern und deren Kommentatoren eine Deutung so schnell nahelegt, dass Merkel sie sich zueigen machen kann. Diesmal aber organisierten innerparteiliche Gegner Gegenwind, Merkel verlor die Nerven, reagierte zu früh und büßte dadurch schließlich den Parteivorsitz ein.

Demo der Freundschaft


Zur Demonstration wiederbelebter Freundschaft mit den Sachsen, die ihr zuerst von der Fahne gegangen waren, ist nun kein Aufwand zu groß. Die Gastgeber sind schmallippig, weil angesäuert, doch vor den durchfahrenden Staaskarossen salutiert jeder Polizist automatisch. Merkel wird nicht in Sachsen übernachten, zu groß ist die Angst vor Anschlägen, doch würde sie, stünde ihr das Gästehaus der Staatsregierung auf dem mondänen Weißen Hirschen in Dresden zur Verfügung. Ja, die Gastgeber mühte sich, ihrer ehemaligen Parteifreundin jederlei Annehmlichkeit zu verschaffen. Mit großer Handbewegung schieben sie den Beginn inhaltlicher Gespräche immer weiter nach hinten, im Mittelpunkt steht Gefühligkeit, gutes Essen, frische Luft.

"Ich bin un­heim­lich froh, nach so langer Zeit wieder bei Euch zu sein", ruft die Noch-Kanzlerin der Menge zu, die sich schon kurz nach 9 Uhr versammelt hat. Die Sonne scheint, und langsam füllt sich die für den Verkehr gesperrte B 9 in Höhe des Marx-Denkmals, das die Chemnitzer den „Nüschel“ nennen. Um 10.30 Uhr soll es hier zur Aussöhnung mit den Sachsen kommen, und da hoffen Einheimische wie die 432 angereisten Presseveetreter, zumindest einen Blick auf die Bteeiligten erhaschen zu können. Wir Braun dabeisein? Seibert? Bringt Angela Merkel AKK mit?

Im Grunde ihres Herzens aber erwarten sie mehr. Nämlich, dass Angela Merkel sich übers Protokoll hinwegsetzt und zu ihnen spricht, von Frau zu Frau, von Kanzlerin zu Rechtspopulist. "Sie steigt ganz bestimmt aus, das habe ich im Gefühl", sagt die aus Freiberg angereiste Trudi Homann (61). Angelika Stephan (50) aus Bautzen nickt zustimmend. Denn irgendwie ist die Kanzlerin immer noch die ihre, eine Frau, der man vertrauen kann und will. Also warten die Sachsenr, lassen sich von der schlechten Laune der Nazijugend auf der anderen Straßenseite nicht anstecken und rufen stattdessen: „An-ge-la!“




Ein Ruf, der lockt. Immer mehr Menschen quellen aus der nahen U-Bahn-Haltestelle oder kommen zu Fuß über die B 9, drängeln sich hinter den Absperrgittern, zeigen ihre Sympathie singend oder tragen sie sogar zur Schau: "Merkeljugend", prangt auf den T-Shirts von jungen Männern, die aber wegen Staatsfeindlichkeit eingezogen werden.Kölnern. Am Ende sind es 5000 Menschen, die die Kanzlerin sehen wollen. Schaulustige blockieren die Schienen am Platz der Vereinten Nationen, melden die Liveticker und es ist klar: Jetzt kann es nicht mehr lange dauern.

Was dann um 10.38 Uhr passiert, dauert gerade mal zehn Sekunden. Polizei, noch mehr Polizei, ein ganzer Pulk schwarzer Audis, der die 5000 Menschen in hohem Tempo passiert. Ein Aufschrei, ein Teil der Menge hat die Kanzlerin im mittleren der 30 Wagen entdeckt. Ein weißer Schatten, der winkt und in Sekundenbruchteilen wieder verschwunden ist.

Der MDR berichtet aus dem innersten Kreis, wo sich Merkel bei jungen Basketballer spontan über den Alltag in der Sportstadt Chemnitz kundig macht. Merkel will wissen, wie es den Spielern mit den Ereignissen von Ende August geht. Antwort der Jungs: Es sei keine einfache Situation. Chemnitz war da nicht so, wie sie es kannten, sondern anders, gerade in der "Tagesschau". Seitdem werden sie teilweise aus Sicherheitsgründen zu Spielen gefahren, weil die Basketballerfeindlichkeit zugenommen hat.

Aber die hochgewachsenen Jungen mögen Chemnitz und wollen, dass differenzierter berichtet wird. Merkel selbst erzählte auch aus ihrem Alltag. Auch sie habe es nicht leicht. Zum Beispiel müsse sie immer mit Bodyguards einkaufen gehen. Da nicken die jungen Männer und auch sie werten das Treffen als tolles Erlebnis.

1 Kommentar:

  1. Wenn die mit einer Lüge nicht durchkommen, egal, dann nehmen wir eben eine andere.

    Zuerst hat Lügnerin Merkel das Lügenmärchen von der ausländerfeindliche Hetzjadt aufgetischt.

    Als das nicht zu halten war, haben die auf die Schnelle als Nachfolgeprojekt den NS-Überfall auf ein jüdisches Restaurant in Chemnitz kreiert.
    Ziemlich schnellt stellte sich heraus, dass war wohl nix. Denn außer dem Gesülze des Daueropfers Dziuballa gab es leider so gar keinen Beleg für diesen Überfall, aber es kam viel heraus das diesen Propagandaschrott widerlegte.

    Nun war Merkel in Chemnitz. Zugegeben, ich habe nicht alle Online-Zeitungen gelesen. Was nichts daran ändert, dass die angebliche furchtbare Menschenjagd keine Thema mehr ist und die Dziuballa-Stuß auch nicht.
    Jetzt haben wir die Schloßteichinsel, wo Rechtsextreme als Bürgerwehr auftraten und Migranten verletzten.
    Wann genau?
    Wo genau?
    Wer sind die Opfer?
    Wer sind die Täter?
    Seit wann ist dieses Verbrechen bekannt?
    Ah ja, verstehe. Wer fragt ist Nazi.

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