Es war noch nie so still im Erdgas-Sportpark wie in diesen Momenten vor dem Anpfiff des Drittliga-Spiels gegen den VfR Aalen. Es wird für Eckbert Brauer geschwiegen, den früheren Finanzbeschaffer des Klubs von der Saale, der vor zehn Tagen mit
nur 66 Jahren plötzlich verstorben war. Ein Mann des Hintergrundes, doch einer, ohne den es den HFC des Jahres 2018 vermutlich nicht geben würde: Brauer war es gewesen, der in den langen, dunklen Jahren in der 4. und 5. Liga Sponsoren gesucht und immer wieder auch gefunden hatte. Sponsoren, die Geld in einen Verein steckten, der nie aussah, als habe er eine große Zukunft. Ein Verein, der dafür geliebt werden musste, weil es so viele andere Gründe nicht gab.
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Ein Großer aus der zweiten Reihe: Das frühere Wabbel-Stadion trauert um Eckbert Brauer. |
Präsident Michael Schädlich klingt bewegt, als er den Weggefährten aus den düstersten Tagen in wenigen Worten ehrt. Danach ist Stille, selbst die mitgereisten Aalener Fans zeigen ihren Respekt und verzichten auf die sonst oft üblichen Hohnrufe. Traurig genug, dass ausgerechnet einer wie Brauer, der immer an den HFC geglaubt
und selbst in der letzten Krise Anfang des Jahres noch einmal mit angepackt hatte, nicht mehr miterleben kann, wie da unten auf dem Rasen ein HFC entsteht, der diese Zukunft nun vielleicht doch haben wird. Seit Torsten Ziegner und Ralf Heskamp die Geschäfte in Halle übernommen haben, weht im wahrsten Sinne ein neuer Wind an der Saale. Anstatt Ausreden gibt es Auswärtssiege, anstelle einer Versammlung von egozentrischen Individualisten steht eine Mannschaft auf dem Platz.
Keine Übermannschaft natürlich, dafür sind die Kassen immer noch zu klamm. Aber wie Ziegners Elf gegen Aalen, wohl aus Trauergründen erstmals in einem Heimspiel in den grauen, schlafanzugähnlichen Auswärtstrikot, vom Anpfiff an ins Spiel geht, legt die Vermutung nahe, dass
hier frühen jahrelang eine andere Sportart betrieben wurde. Jetzt spielt hier eine Feuerwehr in Grau: Zweite Minute, Halle drückt, Missverständnis in der Gästeabwehr, Marvin Ajani ist zur Stelle. 1:0 nach 2:10 Minuten.
Und es geht so weiter. Wie aufgedreht spielen die Hallenser die rotgekleideten Gäste schwindlig. Es folgt Ecke auf Ecke, Großchance auf Großchance. Die 7000 im Stadion, darunter rund 60 Gästefans, bekommen live vorgeführt, warum sich Spitzenreiter Uerdingen am letzten Spieltag so schwer tat, daheim einen Sieg gegen diese Hallenser herauszukämpfen. Nach einer Viertelstunde müsste es 3:0 stehen. Doch die Tabelle lügt nicht: Fast die Hälfte der Liga hat bis hierher mehr Tore geschossen als die hallesche Elf, die vor dem Spieltag Tabellenplatz 5 besetzte.
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Nach nur zwei Minuten trifft Ajani (l.). |
Allerdings haben nur fünf der 20 Vereine weniger Tore kassiert als Ziegners Mannschaft, die diesmal mit Sebastian Mai in der zentralen Abwehr und dem bisherigen Abwehrchef Moritz Heyer neben Björn Jopek im defensiven Mittelfeld aufläuft. Es gibt über 30 Minuten kein Durchkommen für Aalen, es spielt nur Halle, aber eben unglücklich im Abschluss. Irgendwo ist immer noch ein Fuß, eine Brust oder ein Stück Pfosten. So in der 42. Minute, als erneut Ajani aufs Tor zielt, diesmal aber nur die Querlatte trifft. Auch Jopek hat kein Glück, seinen Fernschuss lenkt Aalens Keeper Bernhardt zur nächsten Ecke ab.
Doch es ist Formsache, dieses Spiel zu gewinnen, da sind sich auf der Tribüne alle einig. Es ist ein Fest, was die Fans hier erleben, vor allem verglichen mit den tristen Auftritten der vergangenen Saison. In dieser Mannschaft ist Feuer, Leidenschaft, es wird gerannt und gegrätscht und zwischendurch sogar immer wieder ein Pass gespielt, der verrät, dass das HFC-Spiel Jahrgang 2018 einem Plan folgt.
Was in dem bestimmt nicht steht: Nach Wiederanpfiff erleidet das Spiel bei dunkler werdendem Himmel und endlich doch hochgefahrenem Flutlicht einen Bruch. Plötzlich ist Aalen richtig im Gefecht, schneller am Ball, giftig und - im Fall des älteren Zuschauern noch aus den Duellen mit RB Leipzig bekannten Matthias Morys - auch mal brutal. Mit seiner ganzen Körperlichkeit rammt der 31-Jährige Toni Lindenhahn mit angewickeltem Ellenbogen vor der Brust aus vollem Lauf um. Und bekommt nur eine gelbe Karte für die Aktion, die weit näher an einer Tätlichkeit war als die, für die Braydon Manu in Uerdingen Rot kassierte.
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Zwei Mann frei vorm Tor und doch nicht das 2:0. |
Die sammeln sich auf hallescher Seite, was nicht unbedingt zur Beruhigung des HFC-Spiels beiträgt. Ebensowenig wie der einsetzende Regen, der die grauen HFC-Schlafanzüge in fast schwarze Slim-Jerseys verwandelt, auf denen die Rückennummern kaum noch mehr zu erkennen sind. Hier spielt nun nur noch der Gast. Halle wartet auf Kontermöglichkeiten, vergibt sie dann aber halbherzig. Schön mit einem Beinschuss von Sohm freigespielt, schießt der meist einsam an der Mittellinie lauernde Fetsch Bernhardt aus Nahdistanz an. Lindenhahn zwingt den Aalener Torhüter mit einer langen Flanke aufs lange Toreck zu einer Prachtparade. Und ein Schuss von Bahn verheddert sich in der Abwehr.
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Morys (v.) foult, bekommt aber nicht wie Manu die rote Karte. |
Enger ist es auf der anderen Seite. Erst schießt Sessa einen Freistoß knapp am Pfosten vorbei, dann trifft Bär ihn mit einem Kopfball. Immer wieder muss Torwart Kai Eisele jetzt retten, unten und oben, fangend und faustend. Nach vorn gibt es kaum noch Entlastung. Und wenn, dann werden verheißungsvolle Situationen verstolpert, wie durch Bentley Baxter Bahn, der in einer vier zu drei Überzahl weder zum Mitspieler links noch zu denen rechts passt. Sondern den Ball so nach vorn kullert, dass die Chance beendet ist.
Der rotgesperrte Braydon Manu fehlt, das ist nicht zu übersehen. Pascal Sohm, der ihn mit sehr viel defensiverer Ausrichtung ersetzt, dabei aber gegen Morys eine gute Figur macht, kann den kleinen Dribbler nicht ersetzen. Auf der rechten Seite passiert so offensiv kaum etwas, links stellt dann auch Ajani irgendwann die Bemühungen auf schnelle Vorstöße ein. Jetzt wird gezittert und gekämpft, gebissen und gekratzt.
Der junge Guttau kommt noch für Ajani, mit ihm auch der defensivere Arkenberg für Jopek. Die neue Sturmhoffnung Pacliuca löst Fetsch ab, hat aber gar keine Ballberührung mehr. Muss auch nicht, denn es reicht auch so.
Als
Schiedsrichterin Riem Hussein die Regenschlacht nach einer nicht endenwollenden Nachspielzeit abpfeift, liegen sich die Spieler in Grau in den Armen, als hätten sie das entscheidende Spiel zum Aufstieg gewonnen. Und der Erdgas-Sportpark klatscht frenetisch, als habe er genau das auch gerade miterlebt.
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Sebastian Mai (Bildmitte) war zum ersten Mal Abwehrchef. Zum ersten Mal seit Anfang des Monats stand wieder die Null. |
OT zu Konstantin Wecker: Koks essen Brägen auf.
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