Damals, als die Toten nach dem Ehec-Debakel nicht wiederauferstehen wollten, zeigte sich zum ersten Mal, was aus professionell betriebenen deutschen Medienhäusern geworden ist: Abschreibstationen für ungeprüfte Inhalte, Sender, die aus dem Märchenland der eigenen Vorstellungen berichteten, und Chorsänger, denen die Melodie egal ist, Hauptsache, es wird laut genug gesungen.
Die Blamage mit den vielen Ehec-Toten, die "nie wieder gesund" werden, hatte keine Folgen. Hier und dort verschwand die bizarre Nachricht der quasi-staatlichen Nachrichtenagentur DPA. Wie es aber dazu kommen konnte, dass sich selbst für seriös ausgebende Medienhäuser kollektiv auf den Irrsinn von den nicht mehr heilenden Toten hereinfallen konnte, wurde weder diskutiert noch geklärt.
Und so wiederholt sich das Muster seitdem immer wieder. Beim Verkauf der inzwischen durchweg üblichen Crossovermischung aus Sex, Crime und Politik wechseln die dominanten Themen, doch die kollektive Einstimmung auf den jeweils gerade angesagten Hauptton bleibt. Martin Schulz und Echo-Verleihung, Macron und Trump, der HSV oder das Weltklima - wenn der unsichtbare Dirigent ein Motiv vorgibt, dann stimmen von "Spiegel" und ARD über FR, Taz und ND bis zum letzten Provinzblatt im Land alle ein.
Geprüft wird dabei wenig, die Nachrichtenlage gilt als gesetzt, Zweifel sind nicht angebracht und die ausgedünnten und mit Journalisten aus denselben Journalistenfabriken besetzten Großraumbüros verlassen sich ganz und gar auf die Wahrheitsfabrik DPA. Die ihrerseits wiederum so stark unter Druck steht, möglichst viel frische Ware für alle Bedürfnisse zu vermelden, dass sie kaum noch gewillt oder gar in der Lage ist, hereinschneiende Pressemitteilungen von Partein, Lobbygruppen oder anderen Medien auf ihre Tragfähigkeit zu prüfen.
Der Mechanismus, der damit zu arbeiten beginnt, ähnelt dem Spiel "Stille Post". Ein Edelmedium wie die "Gala" vermeldet, ein weltbekannter Star sage "im Gala-Interview erstmals über Missbrauch in seiner Kindheit aus". Ohne das Interview gelesen zu haben, vermeldet DPA das wörtlich so weiter. Und überall wird es gedruckt, ohne dass überhaupt jemand das Interview bereits gesehen hat.
Dasselbe funktioniert im politischen Scheingefecht zwischen Regierung und erweiterter Mitregierung: Als die Grünen jetzt vermeldeten, der Trinkwasserpreis in Deutschland sei exorbitant gestiegen, weil Bauern für billige Lebensmittel viel zu viel Gülle versprühten, kam die Nachricht wie gerufen für ein nachrichtenarmes Wochenende: Von der "Tagesschau" bis zur provinziellen Hannoverschen Zeitung "explodierten" plötzlich überall die Trinkwasserpreise. Der Fakt wurde kommentiert, teilweise sogar recht unterhaltsam, etwa wenn ein Blatt düster orgelte, mit dem teurer werdenden Wasser bezahlten Deutschlands Verbraucher die Zeche für billige Lebensmittel.
Schade nur, dass die ganze Datenbasis, auf dem die durch Land rollende Welle an Wasserpreisempörung ruhte, nicht stimmt. Statt mit vergleichbaren Zahlen hatten die Grünen mit denen gerechnet, die das beste Ergebnis zeitigten. Schließlich war ja nicht Aufklärung Ziel der Aktion, sondern das Schüren von Empörung, Wut und Zukunftsängsten.
Normalerweise eine vergebliche Übung. Der Taschenspielertrick mit den Zahlen wäre früher sofort aufgeflogen, Redakteure hätten nicht einfach abgeschrieben, was die Grünen ihnen über DPA liefern, sondern an der Datenquelle nachgeschaut und geprüft, ob die Behauptungen der Grünen stimmen.
Tun sie nicht. Allerdings erfährt das inzwischen nur der, der auch die Fortsezungsartikel oder die im Nachhinein umgeschriebenen Originaltexte noch einmal liest. Beim "Spiegel" wird aus "Trinkwasserpreise teils massiv gestiegen" (11.5.2018) ein "Trinkwasserpreise bis 2016 leicht gestiegen" (13.5.2018). Ganz unten im Kleingedruckten die verschämte Anmerkung: "In einer früheren Version dieses Artikels hieß es unter Berufung auf eine Datenauswertung der Grünen, der Trinkwasserpreis sei in den vergangenen Jahren teils massiv gestiegen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes war der Preisanstieg bei Trinkwasser im Gesamtzeitraum von 2005 bis 2016 aber nur leicht über der allgemeinen Teuerung in Deutschland. Wir haben die entsprechenden Stellen im Text angepasst."
Journalismus auf Bewährung. Kann stimmen, muss aber nicht. Das passt.
Die Blamage mit den vielen Ehec-Toten, die "nie wieder gesund" werden, hatte keine Folgen. Hier und dort verschwand die bizarre Nachricht der quasi-staatlichen Nachrichtenagentur DPA. Wie es aber dazu kommen konnte, dass sich selbst für seriös ausgebende Medienhäuser kollektiv auf den Irrsinn von den nicht mehr heilenden Toten hereinfallen konnte, wurde weder diskutiert noch geklärt.
Und so wiederholt sich das Muster seitdem immer wieder. Beim Verkauf der inzwischen durchweg üblichen Crossovermischung aus Sex, Crime und Politik wechseln die dominanten Themen, doch die kollektive Einstimmung auf den jeweils gerade angesagten Hauptton bleibt. Martin Schulz und Echo-Verleihung, Macron und Trump, der HSV oder das Weltklima - wenn der unsichtbare Dirigent ein Motiv vorgibt, dann stimmen von "Spiegel" und ARD über FR, Taz und ND bis zum letzten Provinzblatt im Land alle ein.
Geprüft wird dabei wenig, die Nachrichtenlage gilt als gesetzt, Zweifel sind nicht angebracht und die ausgedünnten und mit Journalisten aus denselben Journalistenfabriken besetzten Großraumbüros verlassen sich ganz und gar auf die Wahrheitsfabrik DPA. Die ihrerseits wiederum so stark unter Druck steht, möglichst viel frische Ware für alle Bedürfnisse zu vermelden, dass sie kaum noch gewillt oder gar in der Lage ist, hereinschneiende Pressemitteilungen von Partein, Lobbygruppen oder anderen Medien auf ihre Tragfähigkeit zu prüfen.
Der Mechanismus, der damit zu arbeiten beginnt, ähnelt dem Spiel "Stille Post". Ein Edelmedium wie die "Gala" vermeldet, ein weltbekannter Star sage "im Gala-Interview erstmals über Missbrauch in seiner Kindheit aus". Ohne das Interview gelesen zu haben, vermeldet DPA das wörtlich so weiter. Und überall wird es gedruckt, ohne dass überhaupt jemand das Interview bereits gesehen hat.
Dasselbe funktioniert im politischen Scheingefecht zwischen Regierung und erweiterter Mitregierung: Als die Grünen jetzt vermeldeten, der Trinkwasserpreis in Deutschland sei exorbitant gestiegen, weil Bauern für billige Lebensmittel viel zu viel Gülle versprühten, kam die Nachricht wie gerufen für ein nachrichtenarmes Wochenende: Von der "Tagesschau" bis zur provinziellen Hannoverschen Zeitung "explodierten" plötzlich überall die Trinkwasserpreise. Der Fakt wurde kommentiert, teilweise sogar recht unterhaltsam, etwa wenn ein Blatt düster orgelte, mit dem teurer werdenden Wasser bezahlten Deutschlands Verbraucher die Zeche für billige Lebensmittel.
Schade nur, dass die ganze Datenbasis, auf dem die durch Land rollende Welle an Wasserpreisempörung ruhte, nicht stimmt. Statt mit vergleichbaren Zahlen hatten die Grünen mit denen gerechnet, die das beste Ergebnis zeitigten. Schließlich war ja nicht Aufklärung Ziel der Aktion, sondern das Schüren von Empörung, Wut und Zukunftsängsten.
Normalerweise eine vergebliche Übung. Der Taschenspielertrick mit den Zahlen wäre früher sofort aufgeflogen, Redakteure hätten nicht einfach abgeschrieben, was die Grünen ihnen über DPA liefern, sondern an der Datenquelle nachgeschaut und geprüft, ob die Behauptungen der Grünen stimmen.
Tun sie nicht. Allerdings erfährt das inzwischen nur der, der auch die Fortsezungsartikel oder die im Nachhinein umgeschriebenen Originaltexte noch einmal liest. Beim "Spiegel" wird aus "Trinkwasserpreise teils massiv gestiegen" (11.5.2018) ein "Trinkwasserpreise bis 2016 leicht gestiegen" (13.5.2018). Ganz unten im Kleingedruckten die verschämte Anmerkung: "In einer früheren Version dieses Artikels hieß es unter Berufung auf eine Datenauswertung der Grünen, der Trinkwasserpreis sei in den vergangenen Jahren teils massiv gestiegen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes war der Preisanstieg bei Trinkwasser im Gesamtzeitraum von 2005 bis 2016 aber nur leicht über der allgemeinen Teuerung in Deutschland. Wir haben die entsprechenden Stellen im Text angepasst."
Journalismus auf Bewährung. Kann stimmen, muss aber nicht. Das passt.
Ein Scherzbold hat einmal gesagt, er sei immer wieder überrascht, daß jeden Tag genauso so viel passiert wie als Meldungen genau in eine Zeitung passen. Tatsächlich passiert aber viel weniger, die Journalisten sind deshalb dankbar, für jede Verlautbarung, die eine Zeitungsspalte füllt. Die Dankbarkeit ist so groß, daß sie jegliche Prüfung aus Plausibilität oder Sinnhaftigkeit unterlassen, wobei hier mal unberücksichtigt bleiben soll, inwieweit die Journalisten intellektuell fähig sind, den Tatsachengehalt der Verlautbarungen zu prüfen. Infolgedessen kommen am häufigsten diejenigen zu Wort, die am laufenden Band Behauptungen in die Öffentlichkeit hinausposaunen, die ihren Interessen entsprechen. Der Hauptzweck dieser Äußerungen besteht im Schüren öffentlicher Unzufriedenheit und Vergiftung der öffentlichen Diskussion. In dieser Strategie sind die Grünen fraglos meisterhaft und deshalb überrascht es nicht, daß die Ente über die steigenden Wasserpreise gerade aus dieser Ecke stammt.
AntwortenLöschenIm Grunde ist es Zeitverschwendung, Zeitungen zu lesen oder sich sog. Nachrichtensendungen im Staatsfernsehen anzuschauen. Zum fragwürdigen Wahrheitsgehalt kommt noch hinzu, daß 99% des Gemeldeten für den einzelnen Leser oder Zuschauer bedeutungslos sind. Es befaßt sich mit Sachverhalten, die weitab von den Lebensumständen des Einzelnen liegen oder mit Berichten über Ereignisse aus weit entfernten Gegenden, die keine Rückwirkung auf den Nachrichtenkonsumenten haben. Wer sein Nerven schonen und zugleich Muse für sich gewinnen will, liest keine Zeitungen und ignoriert Nachrichtensendungen.
Und wenn es nahe an den Lebensumständen ist, wird es noch schlimmer.
AntwortenLöschenhttps://www.radioleipzig.de/beitrag/handgranate-in-leipzig-paunsdorf-gefunden-drei-hochhaeuser-evakuiert-535671/
30 Wohnungen geräumt...wie jetzt? sind die Hochhäuser von Playmobil? oder räumt man nur die unteren Etagen?
Nein!! Dort gibt es keine Hochhäuser!!
das ist das vielverschwiegene 1. grundgesetz der mediendynamik: http://www.politplatschquatsch.com/2010/08/das-grundgesetz-der-mediendynamik.html
AntwortenLöschen@anonym: ja, ist mir auch schon aufgefallen
Leseempfehlung: "Fabian" von Erich Kästner. Das Kapitel "Vierzehn Tote in Kalkutta ..."
AntwortenLöschen>Chefredakteur Münzer gibt seinem Personal Anweisungen und wählt selbst Nachrichten aus. Als der Volontär mit dem Künstlernamen „Doktor Irrgang“ Text aus einem Artikel streichen musste, fragt er Münzer, was nun zu tun sei. Dieser erwidert, dass man den freien Raum füllen müsse, aber statt auf einen neue Nachricht zu warten, erfindet er eine über Straßenkämpfe in Kalkutta. Irrgang und Fabian, ein weiterer Mitarbeiter, sind darüber schockiert, doch Münzer erklärt, dass eine Meldung, deren Unwahrheit nicht oder erst nach Wochen festgestellt werden kann, wahr ist. Gegen Ende des Textes gibt Münzer noch an, dass die bequemste öffentliche Meinung immer noch die Meinungslosigkeit ist.<
De säggssche Zaidung hädde einen AfD-Landtagsabgeordneten erfunden, dän's nisch gibt. Überbrüfn gann isch dos niche.
AntwortenLöschenWas ist eine Crosso-Vermischung?
AntwortenLöschensalz- und süßwasser in einem topp
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