Heinz Schmidt ist seit 40 Jahren Chefkellner, nach einer Lehre im Erzgebirge und einer harten Schule in mehreren FDGB-Heimen auf Usedom und Rügen startete der gebürtige Stendaler Ende der 70er Jahre durch und wurde zuerst Kellner, dann Maitre im "Palast der Republik" der DDR, wo er unter anderem Erich Honecker, Erich Mielke, Gustav Husack, Michael Gorbatschow und Oskar Lafontaine auftat. Schmidt hat sich über die Jahrzehnte im Dunstkreis der Macht eine gütige, stets gelassene Art zugelegt, mit den großen Dingen umzugehen, die bei Tisch zwischen Rehkitz auf Preiselbeeren und veganer Guacamole besprochen werden.
Der 61-Jährige ist hellhörig und verschwiegen zugleich, er hat nie darüber gesprochen, welche Spitzenpolitiker er bei Techtelmechteln im Toilettenvorraum und in der Besenkammer mit wem erwischt hat oder welche Einzelheiten der hochrangigen Gespräche über die Deutsche Einheit und welche Tricks ihm zu Ohren kamen, um rechtzeitig rechtliche Hintertüren in den laufenden Einheitsprozess einzubauen. Derzeit bedient Heinz Schmidt, Vater zweier Töchter und Großvater von sieben Enkeln, die Unterhändlervon SPD, CDU und CSU bei den Sondierungsgesprächen in Berlin.
PPQ sprach mit dem langjährigen Beobachter politischer Prozesse und heikler Verhandlungen über seine bisherigen Eindrücke aus dem innersten Kreis der Macht.
PPQ: Herr Schmidt, Sie haben jetzt zwei Tage lang hier im Konferenzsaal leichte Speisen und Getränke serviert, während sich Union und SPD eine außerordentlich interessante Debatte über die anstehenden Sondierungspunkte liefern. Was ist Ihr bisheriger Eindruck? Wird das was mit der Groko?
Heinz Schmidt: Ich halte es für nicht ausgeschlossen. Eines der bis jetzt entscheidendsten Ergebnisse ist aus meiner Sicht, der ich ja nur beim Servieren dies und das höre, dass sich die drei Parteien grundsätzlich darüber einig sind, dass sie gern weiterregieren möchten. Da geht es ja auch um viele Posten, um Lebensplanung, um Familie, um Wohnungen, Kinder, die anderenfalls aus ihren Schulklassen und Freundeskreisen gerissen würden. Das wird schon sehr breit diskutiert.
Daraus folgt die Notwendigkeit einer friedlichen Koexistenz, das heißt, Forderungen nach totaler Umsetzung eigener Vorhaben lassen sich nur stellen, wenn man andererseits Vorhaben des Gegenübers auch umzusetzen bereit ist. Dazwischen steht die Lösung aller Konflikte und Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln, der Auflösung von persönlichen Animositäten, wie ich sie zwischen einigen Teilnehmer wahrgenommen habe. Man beargwöhnt sich, das sieht man ja auch schon daran, dass abwechselnd auf fremden Territorien getagt wird.
PPQ: Haben Sie etwas von Streitpunkten mitbekommen, also davon, worum gestritten wird?
Heinz Schmidt: Natürlich hat es in dem einen oder anderen Punkt bisweilen auch unterschiedliche Auffassungen gegeben. Aber wenn man sich rückblickend die Reden der einzelnen Teilnehmer noch einmal ins Gedächtnis ruft, so zeigt sich doch eine weitgehende Übereinstimmung in der Frage, dass jeder ausreichend Ministerposten für seine Entourage haben möchte und selbstverständlich ausreichend Geld, um seine Wähler zu beschenken. Dass in Grundfragen keine Liebe zueinander da ist, mag man sich denken können, auch wenn man nicht Würstchen und Gebäck für Herrn Schulz, Herrn Spahn und Herrn Dobrindt heranschleppt. Ziel- und Interessengleichheit besteht meiner Meinung nach immer dort, wo es darum geht, gemeinsam gegen etwas anzugehen, was man als bedrohlich empfindet, also zum Beispiel Neuwahlen.
PPQ: In diesem Zusammenhang drängt sich natürlich die größte Frage auf. Was wird denn angedeutet, wenn man sich nicht einigen kann?
Heinz Schmidt: Das ist offenbar keine Option. Ich habe noch niemanden auch nur andeutungsweise von dieser Möglichkeit sprechen hören. Es gibt keinen Plan B, jedenfalls keinen, der auf dieser Konferenz im Mittelpunkt oder auch nur am Rande steht. Man setzt aufeinander und wird, so denke ich, zusammenkommen.
Neu und außerordentlich positiv ist dabei, dass alle drei Parteien nicht direkt in Verhandlungen eingetreten sind, sondern ersteinmal ausgiebig sondieren. Dadurch gewöhnt man sich aneinander, bekommt ein Gefühl davon, dass man nicht der einzige Wahlverlierer vom September ist, sondern einer unter vielen, die nun auf Gedeih und Verderb gegen die Gewinner regieren müssen. Das ist wie ein täglicher Appell, sich zusammenzusetzen, um durch Verhandlungen eine Lösung herbeizuführen. Ich hoffe, die richtige Politik unserer Regierung setzt sich am Ende mehr und mehr durch, weil sie die einzig reale ist, wie die Kanzlerin gleich zum Auftakt gesagt hat.
PPQ: Spielt denn die Realität hier in den Gesprächen eine Rolle?
Heinz Schmidt: Gewiss, das kommt ja auch in der immer wieder gestellten Forderung zum Ausdruck, dass alle Parteien ihre Wähler mit irgendetwas bedienen müssen. Das Memorandum der SPD an die Sondierungsrunde spricht von Reichensteuer, die CSU will geschlossene Grenzen, die Union Merkel als Kanzlerin. Damit werden sie alle leben können, und diese Überlegung hat die Forderungen der drei künftigen Partner aneinander in einem gewissen Sinne schon vorab beeinflusst.
PPQ: Und wie sehen Sie den in der Öffentlichkeit noch so leidenschaftlich geführten Kampf um rote Linien?
Heinz Schmidt: Ich bediene dort jetzt die dritte Schicht und erlebe den Prozess ganz anders. Es gibt keine klare Abgrenzung, sondern ein Aufeinanderzugehen. Die Fronten sind deutlich erkannt worden, zuvor und intern. Die Dinge werden nun nicht mehr beim Namen genannt. Ein Symptom dieser Entwicklung war die Rede des CSU-Vertreters, der leidenschaftlich und präzise mehrere Forderungen der SPD lobte. Das ist für mich ein Beweis, dass da zusammenwächst, was zusammengehört.
Es besteht übrigens bei allen Konferenzteilnehmern ein großes Interesse an leichten Speisen, vegetarisch und bio, nicht nur bei den Leuten von der SPD. Auch das zeigt, dass viele Klischees nicht taugen. Ich meine also, man darf den bisherigen Konferenzverlauf positiv einschätzen. Wir können, wie es ja auch in der Grußbotschaft Angela Merkels am Anfang gesagt wurde, eine weitgehende Übereinstimmung in vielen Fragen feststellen. Deutschland wird eines Tages wieder ein Regierung haben und das freut mich dann auch, obwohl es ja für uns hier im Team bedeutet, dass die prominenten Gäste wegbleiben. Aber ich habe schon viele von denen kommen und gehen sehen. Ich weiß inzwischen, die Merkels, Schulzens, Seehofers und wie diese Gabriels, Spahns und Dobrindts alle heißen, kommen und gehen, das deutsche Volk aber bleibt.
Der 61-Jährige ist hellhörig und verschwiegen zugleich, er hat nie darüber gesprochen, welche Spitzenpolitiker er bei Techtelmechteln im Toilettenvorraum und in der Besenkammer mit wem erwischt hat oder welche Einzelheiten der hochrangigen Gespräche über die Deutsche Einheit und welche Tricks ihm zu Ohren kamen, um rechtzeitig rechtliche Hintertüren in den laufenden Einheitsprozess einzubauen. Derzeit bedient Heinz Schmidt, Vater zweier Töchter und Großvater von sieben Enkeln, die Unterhändlervon SPD, CDU und CSU bei den Sondierungsgesprächen in Berlin.
PPQ sprach mit dem langjährigen Beobachter politischer Prozesse und heikler Verhandlungen über seine bisherigen Eindrücke aus dem innersten Kreis der Macht.
PPQ: Herr Schmidt, Sie haben jetzt zwei Tage lang hier im Konferenzsaal leichte Speisen und Getränke serviert, während sich Union und SPD eine außerordentlich interessante Debatte über die anstehenden Sondierungspunkte liefern. Was ist Ihr bisheriger Eindruck? Wird das was mit der Groko?
Heinz Schmidt: Ich halte es für nicht ausgeschlossen. Eines der bis jetzt entscheidendsten Ergebnisse ist aus meiner Sicht, der ich ja nur beim Servieren dies und das höre, dass sich die drei Parteien grundsätzlich darüber einig sind, dass sie gern weiterregieren möchten. Da geht es ja auch um viele Posten, um Lebensplanung, um Familie, um Wohnungen, Kinder, die anderenfalls aus ihren Schulklassen und Freundeskreisen gerissen würden. Das wird schon sehr breit diskutiert.
Daraus folgt die Notwendigkeit einer friedlichen Koexistenz, das heißt, Forderungen nach totaler Umsetzung eigener Vorhaben lassen sich nur stellen, wenn man andererseits Vorhaben des Gegenübers auch umzusetzen bereit ist. Dazwischen steht die Lösung aller Konflikte und Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln, der Auflösung von persönlichen Animositäten, wie ich sie zwischen einigen Teilnehmer wahrgenommen habe. Man beargwöhnt sich, das sieht man ja auch schon daran, dass abwechselnd auf fremden Territorien getagt wird.
PPQ: Haben Sie etwas von Streitpunkten mitbekommen, also davon, worum gestritten wird?
Heinz Schmidt: Natürlich hat es in dem einen oder anderen Punkt bisweilen auch unterschiedliche Auffassungen gegeben. Aber wenn man sich rückblickend die Reden der einzelnen Teilnehmer noch einmal ins Gedächtnis ruft, so zeigt sich doch eine weitgehende Übereinstimmung in der Frage, dass jeder ausreichend Ministerposten für seine Entourage haben möchte und selbstverständlich ausreichend Geld, um seine Wähler zu beschenken. Dass in Grundfragen keine Liebe zueinander da ist, mag man sich denken können, auch wenn man nicht Würstchen und Gebäck für Herrn Schulz, Herrn Spahn und Herrn Dobrindt heranschleppt. Ziel- und Interessengleichheit besteht meiner Meinung nach immer dort, wo es darum geht, gemeinsam gegen etwas anzugehen, was man als bedrohlich empfindet, also zum Beispiel Neuwahlen.
PPQ: In diesem Zusammenhang drängt sich natürlich die größte Frage auf. Was wird denn angedeutet, wenn man sich nicht einigen kann?
Heinz Schmidt: Das ist offenbar keine Option. Ich habe noch niemanden auch nur andeutungsweise von dieser Möglichkeit sprechen hören. Es gibt keinen Plan B, jedenfalls keinen, der auf dieser Konferenz im Mittelpunkt oder auch nur am Rande steht. Man setzt aufeinander und wird, so denke ich, zusammenkommen.
Neu und außerordentlich positiv ist dabei, dass alle drei Parteien nicht direkt in Verhandlungen eingetreten sind, sondern ersteinmal ausgiebig sondieren. Dadurch gewöhnt man sich aneinander, bekommt ein Gefühl davon, dass man nicht der einzige Wahlverlierer vom September ist, sondern einer unter vielen, die nun auf Gedeih und Verderb gegen die Gewinner regieren müssen. Das ist wie ein täglicher Appell, sich zusammenzusetzen, um durch Verhandlungen eine Lösung herbeizuführen. Ich hoffe, die richtige Politik unserer Regierung setzt sich am Ende mehr und mehr durch, weil sie die einzig reale ist, wie die Kanzlerin gleich zum Auftakt gesagt hat.
PPQ: Spielt denn die Realität hier in den Gesprächen eine Rolle?
Heinz Schmidt: Gewiss, das kommt ja auch in der immer wieder gestellten Forderung zum Ausdruck, dass alle Parteien ihre Wähler mit irgendetwas bedienen müssen. Das Memorandum der SPD an die Sondierungsrunde spricht von Reichensteuer, die CSU will geschlossene Grenzen, die Union Merkel als Kanzlerin. Damit werden sie alle leben können, und diese Überlegung hat die Forderungen der drei künftigen Partner aneinander in einem gewissen Sinne schon vorab beeinflusst.
PPQ: Und wie sehen Sie den in der Öffentlichkeit noch so leidenschaftlich geführten Kampf um rote Linien?
Heinz Schmidt: Ich bediene dort jetzt die dritte Schicht und erlebe den Prozess ganz anders. Es gibt keine klare Abgrenzung, sondern ein Aufeinanderzugehen. Die Fronten sind deutlich erkannt worden, zuvor und intern. Die Dinge werden nun nicht mehr beim Namen genannt. Ein Symptom dieser Entwicklung war die Rede des CSU-Vertreters, der leidenschaftlich und präzise mehrere Forderungen der SPD lobte. Das ist für mich ein Beweis, dass da zusammenwächst, was zusammengehört.
Es besteht übrigens bei allen Konferenzteilnehmern ein großes Interesse an leichten Speisen, vegetarisch und bio, nicht nur bei den Leuten von der SPD. Auch das zeigt, dass viele Klischees nicht taugen. Ich meine also, man darf den bisherigen Konferenzverlauf positiv einschätzen. Wir können, wie es ja auch in der Grußbotschaft Angela Merkels am Anfang gesagt wurde, eine weitgehende Übereinstimmung in vielen Fragen feststellen. Deutschland wird eines Tages wieder ein Regierung haben und das freut mich dann auch, obwohl es ja für uns hier im Team bedeutet, dass die prominenten Gäste wegbleiben. Aber ich habe schon viele von denen kommen und gehen sehen. Ich weiß inzwischen, die Merkels, Schulzens, Seehofers und wie diese Gabriels, Spahns und Dobrindts alle heißen, kommen und gehen, das deutsche Volk aber bleibt.
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