Sonntag, 8. Oktober 2017

"Spiegel" gegen Staatsfunk: Angriff auf die Grundversorgung

So böse hetzt der "Spiegel" gegen unser bewährtes duales Mediensystem.

Mehr als 1,5 Prozent Einsparung sind nicht drin. Ja, nicht mal die! ARD und ZDF haben über Jahre hinweg erfolgreich dagegen gekämpft, öffentlich kritisiert zu werden. Doch nun, keine vier Wochen nach der Bundestagswahl, die auch offenbarte, dass die Botschaften der Wills, Illgners, Maischberges und Plasbergs die Herzen der Zuschauer nicht mehr erreichen, traut sich sogar die früher als Nachrichtenmagazin gegründete Illustrierte Der Spiegel, populistisch gegen die Gebührensender vom Leder zu ziehen. Unter der Titelzeile "Bildstörung" denunziert das Hamburger Blatt das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem, an dessen große Zeiten im Usedomer Kaiserbad Heringsdorf ein beeindruckendes Mahnmal erinnert.

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen sei "unter Beschuss wie noch nie", schreibt der "Spiegel", der wegen seiner unkritischen und regierungstreuen Berichterstattung seit Monaten unter Beschuss wie nie ist. Seine Glaubwürdigkeit wird angezweifelt wie die der Staatsfunkstationen, "im Internet schlägt ihm Hass entgegen, das junge Publikum wendet sich ab" analysiert die Titelstory und meint nicht das Heft aus Hamburg, sondern das milliardenschwere staatliche Rundfunksystem. "Es ist Zeit, dass ARD und ZDF ihre Zuschauer ernst nehmen" heißt es weiter über die verschwörungstheoretisch grummelnde "unheimliche Macht" (Spiegel), deren "Transparenzoffensive" der "Spiegel" jüngst noch gelobt hatte.

Das war vor der Wahl. Und vor der Vorlage eines Papiers zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei der Rundfunkkommission der Länder, in dem ARD, ZDF und Deutschlandradio Reformen und Sparmaßnahmen antäuschen, um unbeeindruckt von der veränderten Stimmungslage im Land weiterzumachen wie bisher.

Die Vorlage namens "Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im digitalen Zeitalter" bietet in den kommenden zehn Jahren Einsparungen von 951 Millionen Euro durch "mehr Zusammenarbeit und Effizienz" an. Nennt das "den größten Reformprozess der ARD-Geschichte" (Karola Wille). Und spekuliert darauf, dass schon niemandem auffallen wird, dass die drei Staatsanstalten mit ihren Dutzenden und Aberdutzenden Sendern damit 98,5 Prozent der im selben Zeitraum eingenommenden Rundfunkbeiträge in Höhe von fast 80 Milliarden Euro werden behalten und wie bisher ausgeben dürfen.

ZDF und ARD versprechen dabei "nicht am Programm zu kürzen", also weder auf Sender noch auf Sendeumfang verzichten. Stattdessen soll das, was einst "Grundversorgung" hatte sein sollen, noch stärker im Internet präsent sein. "Die Sender sind dabei, sich crossmedialer aufzustellen. Hörfunk, Fernsehen und Online müssen unter ein Dach", kündigte ARD-Chefin Karola Wille an. Beispielhaft steht dafür das "Jugendprogramm Funk", eine Art sehr, sehr, sehr teures Elf99, dessen Videos bei Youtube durchschnittlich weniger als 10.000 Abrufe erreichen.

Für ein Budget von 45 Millionen Euro ein durchaus bescheidener Erfolg, der zeigt, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten "unverzichtbar für unser politisches, gesellschaftliches und kulturelles Miteinander" sind.

Dass der "Spiegel" angesichts dieser vielversprechenden Aussichten nun derart gegen die Kollegen mit den tieferen Taschen ledert, zeigt, dass die Hatz auf die Grundversorger, zu der Populisten und Angstmacher schon lange blasen, nun auch Anhänger bei seriösen Medien findet.

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