Bekannte Fakten, neu geordnet: Ostdeutschland ist kriminell. |
Am Anfang das Gedrängel um die Sitze im Gerichtssaal, dann das schnelle Ende der öffentlichen Aufregung, nachdem der NSU-Prozess sich als langwierige und mühsame Angelegenheit herausstellte. Je länger es dauerte,umso mehr Fragen tauchten auf. Und umso weniger wurden beantwortet.
Kein Stoff, aus dem die Schlagzeilen sind. An der Aufklärung der Hintergründe der NSU-Affäre arbeiteten irgendwann nur noch versprengte Privatleute und notorisch neugierige Blogger. In den Leitmedien, die zu Beginn der Enthüllungen um die Drei-Mann-Geheimarmee aus Thüringen begeistert auch noch die absurdeste Theorie über Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt verbreitet hatten, stellte sich NSU-Müdigkeit ein. Statt großer Würfe nur noch kleines Karo. "Beate Zschäpe bringt sich in Bedrängnis", notierte die Süddeutsche Zeitung Anfang des Monats. Im vierten Jahr eines Verfahrens, über dessen Ausgang von Anfang an kein Zweifel bestehen konnte.
Jetzt versteckt der Verfassungsschutz Berichte über Details eines dem NSU zugeschriebenen Mordes hinter einer Sperrfrist von 120 Jahren. So absurd lang, als schraubten sie ein Licht aufs Dach: Hier gibt es was zu sehen! Hier stehen Fragen, auf die "ein Teil der Antworten die Bevölkerung verunsichern" würde.
Sechs Jahre nach den Schüssen von Zwickau, nach dem eilig weggeschüttelten Wohnmobil, nach dem Pumpgun-Rätsel, der verschwundenen Feuerwehr-Fotos und der endlosen Liste von absurden, bizarren und völlig fantastischen Details aus dem Leben der Terrorbande ist weniger klar als am ersten Tag. Fast 380 Prozesstage und alles, was man sicher weiß, ist, dass es sicher mehr und Wichtigeres zu wissen gäbe als das, was ersatzweise im Mittelpunkt der inzwischen fast gänzlich geschwundenen öffentlichen Aufmerksamkeit steht.
Niemand hat die Absicht, hier etwas herauszubekommen, von dem nicht vorab feststeht, dass es nicht höherrangige Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik berührt. Dass im Laufe des Verfahrens reihenweise Zeugen starben, Akten verschwanden und Untersuchungsausschüsse um des Kaisers Bart stritten, war bald so normal, dass es niemanden mehr verwunderte. Das BKA ermittelte eifriger nach dem Urheber der NSU-Leaks als nach Mitwissern, Mittätern und staatlichen Unterstützern des angeblichen Terrortrios. Opfer entpuppten sich als erfunden und verschwanden folgenlos aus der Berichterstattung. Alle, die man hätte fragen müssen, sind leider tot. Die übrigen erinnerten sich nicht. Oder es gelang, ihnen viele, aber nicht die richtigen Fragen zu stellen.
So versandet auch diese Staatsaffäre im Nebel des öffentlichen Desinteresses. Niemand mehr, der sich noch erinnern kann, worum es eigentlich ging, weshalb drei junge Leute grundlos im "Untergrund" lebten und wie sie ihre Leben dort mit den kargen Einnahmen aus ein paar Banküberfällen finanziert haben sollen. "Unser 11. September" (Jörg Ziercke, inzwischen stillschweigend abgelöster Chef des BKA) endet wie das amerikanische Original. Nichts Genaues weiß man nicht, das aber mit dem guten Gefühl, dass es für das eigene Seelenheil wohl besser so ist.
Ein Land schreibt einen Thriller:
NSU: Flut spült alle Fragen fort
NSU: Opfer aus Luft
NSU: Als alles noch sonnenklar war
NSU: Hinterm Rand der Katastrophe
NSU: Todesursache blauer Fleck
NSU: Morde aus dem Grab heraus
NSU: Mit großem Pomp am Ziel vorbei
NSU: Beweisschau im Internet
NSU: Klein, schmal und knochig
NSU: Die Toten auf dem Rücksitz
NSU: Hundert Tage April, April
NSU: Banküberfalltäter im Tattooarchiv
NSU: Die Fassade auf der Anklagebank
NSU: Nicht nur sauber, sondern rein
NSU: Doppelselbstmord zu dritt
NSU: Vorladung für Hollywood
NSU: Rufnummernmitnahme
NSU: Robert Redford gegen rechts
NSU: Strafe muss sein
NSU: Terror fürs Museum
NSU: Herz, Stern oder Halbmond
NSU: Schweigekomplott am Bosporus
NSU: Nazi per Nachname
NSU: Platznot auch im Alex-Prozess
NSU: Killerkatzen im Untergrund
NSU: Das weltoffene Deutschland im Visier
NSU: Liebes Terrortagebuch
NSU: NSU: Push the forearm fully forward
NSU: Heiße Spur nach Hollywood
NSU: Die Mutter von Hirn und Werkzeug
NSU: Musterstück der Selbstentlarvung
NSU: Rettung durch Rechtsrotz
NSU: Schreddern mit rechts
NSU: Softwarepanne halb so wild
NSU: Neues Opfer beim Verfassungsschutz
NSU: Im Namen der Nabe
NSU: Handy-Spur ins Rätselcamp
NSU: Brauner Pate auf freiem Fuß
NSU: Rufmord an den Opfern
NSU: Heiße Spur ins Juwelendiebmilieu
NSU: Eine Muh, eine Mäh, eine Zschäperättätä
NSU: Von der Zelle in die Zelle
NSU: Die Spur der Schweine
NSU: Gewaltbrücke zu den Sternsingern
NSU: Gebührenwahnsinn beim Meldeamt
NSU: Nun auch auf dem linken Auge blind
NSU: Die Welt ist klein
NSU: Verdacht auf Verjährung
NSU: Weniger hats schwer
NSU: Terrorwochen abgebrochen
NSU: Rechts, wo kein Herz schlägt
NSU: Was steckt dahitler?
NSU: Neue Spuren ins Nichts
NSU: Tanz den Trinitrotoluol
NSU: Der Fall Braun
NSU: Honeckers rechte Rache
NSU: Die Mundart-Mörder
NSU-Todeslisten: Sie hatten noch viel vor
NSU: Was wusste Google?
NSU: Kommando späte Reue
NSU: Die tödliche Bilanz des braunen Terrors
NSU: Mit Hasskappen gegen den Heimsieg
NSU: Mordspur nach Möhlau
Diese linke Rechtsstaatsinszenierung stinkt doch bestialisch zum Himmel, aber immer mehr obrigkeitsgehorsame Erfüllungsbüttel erhoffen sich durch devotes Mitläufertum eigene Sicherheit vorm schäbigen Denunziantentum, das längst wieder salonfähig ist.
AntwortenLöschenWir erleben gerade ein Remake der 30er Jahre ... und wie das damals endete, sollte eigentlich jeder nicht komplett verblödete Deutsche wissen.
Schüsse von Stregda.
AntwortenLöschenIn Zwickau wurde auch geschossen, möglicherweise auch die Uwes in den Kopf, um sie schnurstracks gen Stregda zu expedieren. Aber dem Kontext nach geht es um die Flintenschüsse im Wohnmobil.
Leider ließ Menzel die kriminalpolizeiliche Mordermittlung ausfallen. Und alle mach(t)en mit.
Insofern wissen nur die Mörder, was wirklich war.
Deutscher Bundestag, 25.11.2016:
AntwortenLöschen“Der Ausschussvorsitzende Clemens Binninger (CDU/CSU) führte aus, dass die NSU-Mitglieder rund 4.700 Tage im Untergrund gelebt haben. Über ihre Aktivitäten an rund 4.500 dieser Tage wisse man praktisch nichts“
Südwestpresse, 29.05.2015:
“Jürgen Filius (Grüne) will vom damaligen Chef-Ermittler wissen: ´Was haben Sie gefunden, was darauf deutet, dass Mundlos und Böhnhardt in Heilbronn waren.´ Axel M. antwortet knapp: ´Bei den objektiven Spuren: nichts´."
MDR 23.10.2016:
“Keine DNA an den Tatorten.
Kein Zeuge, der die Täter zweifelsfrei identifiziert hat.
Keine Phantombilder, die so richtig passen.
Eigentlich auch kein klares Selbstgeständnis.
Tatorte, die so riskant sind, dass man eigentlich zu zweit keine Straftat verüben kann, weil man sonst entdeckt wird.“
Eine größere Sammlung zum Thema beim Einstieg NSU.
Hach! Wenn das Hilde Benjamin noch erleben könnte!
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