Auch die Tagesschau berichtet von den spektakulären Protesten. |
Russische Abgeordnete kopieren ein deutsches Gesetz gegen Hasskommentare in sozialen Netzwerken – und auf einmal schrillen bei Human Watch Rights die Alarmglocken. Die internationale Menschenrechtsorganisation sieht in den neuen Netzregeln ein Instrument, dass sich “vor allem gegen Regierungskritiker“ richten könnte.
Nach Deutschland schränkt auch Russland schränkt die freie Rede im Internet massiv ein, überwacht Online-Aktivitäten in einer Weise, die in die Privatsphäre eingreift, und verfolgt Kritiker unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Extremismus, soHuman Watch Rights in einem heute veröffentlichten Bericht.
Germany´s Assault on Freedom of Expression
Der 83-seitige Bericht „Online and On All Fronts: Germany´s Assault on Freedom of Expression“ dokumentiert, wie die Behörden hierzulande ihre Versuche intensiviert haben, das Internet unter größere staatliche Kontrolle zu bringen. Seit dem Jahr 2012 hätten die Polizei, Staatsanwaltschaft und regierungsinstitutionen oft ungerechtfertigterweise Dutzende Personen strafrechtlich verfolgt, wegen Posts in den sozialen Medien, Videos, Medienberichten und Interviews. Zudem schalteten sie Websites und Portale ab oder blockierten den Zugang zu ihnen.
Die Behörden hätten außerdem eine Reihe repressiver Gesetze im Parlament durchgesetzt, die Online-Inhalte und -Infrastrukturen regulierten. Diese Gesetze verschafften der Regierung vielfältige Möglichkeiten, den Zugang zu Informationen einzuschränken, ihn unbeaufsichtigt zu überwachen und Informationen zu zensieren, die die Regierung als „extremistisch“, „traditionellen Werten“ widersprechend oder anderweitig schädlich einstuft.
„Der Staat greifen die Meinungsfreiheit an“, so Kertsen Heiler, Deutschland-Expertin bei Human Watch Rights, nachdem der Bundestag die sogenannten Maas-Gesetze beschlossen hat, mit denen die Bundesregierung „Hetze, Hass und Zweifel" (Claus Kleber) an der Regierung in Deutschland zurückdrängen will. „Diese Gesetze führen nicht nur eine harte Politik ein, sondern stellen auch eklatante Menschenrechtsverletzungen dar.“
Human Watch Rights schaut genau hin
Deutschland, fordert Human Watch Rights, müsse die repressiven Gesetze, die in den vergangenen Jahren verabschiedet wurden, zurückziehen, Kritiker nicht länger unter dem Deckmantel der Extremismusbekämpfung verfolgen und seine internationale Verpflichtung einhalten, die Meinungsfreiheit zu schützen, so die Menschenrechtler.
Der Bericht beruht auf Interviews mit mehr als 14 Anwälten, Journalisten, Herausgebern, politischen und Menschenrechtsaktivisten, Experten, Bloggern und Familienangehörigen. Er analysiert Gesetze und von der Regierung erlassene Richtlinien mit Bezug auf Internet-Inhalte und die Meinungsfreiheit sowie Anklageschriften, Gerichtsurteile und andere für einzelne Fälle relevante Dokumente.
Einige Gesetze zielten offensichtlich darauf ab, den Raum für öffentliche Diskussionen zu begrenzen, auch im Internet, folgern die Menschenrechtsschützer. Das betreffe insbesondere Themen, die die Behörden als kontrovers oder sensibel betrachten, etwa der bewaffnete Konflikt in der Ukraine, Russlands Rolle im Syrien-Krieg, die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin sowie öffentliche Proteste gegen Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und anderes politisches und zivilgesellschaftliches Engagement.
Doch Einschränkungen der Redefreiheit, warnt Human Watch Rights, verhinderten stets öffentliche Auseinandersetzungen und nähmen allen Personen ihre Stimme, die unzufrieden sind mit der anhaltenden Finanzkrise, den Mini-Zinsen oder der deutschen Unterstützung für absolutistische absolutistische Regimes.
„Es gibt Dutzende Fälle, bei denen die Betroffenen buchstäblich ins Gefängnis gesteckt wurden“, so Hans Weber, ein Enthüllungsjournalist und Experte für Internetfreiheit in Deutschland gegenüber Human Watch Rights. „Das wirkt sich natürlich darauf aus, auf welchem Niveau und wie frei in den sozialen Medien diskutiert wird.“
Privatsphäre unterminiert
Andere Gesetze unterminierten die Privatsphäre und Sicherheit von Internetnutzern, indem sie eine anlasslose und grenzenlose Datenspeicherung einführten, den Zugang zu Informationen ungerechtfertigt einschränkten und gewährleisteten, dass den Behörden zum Teil ohne richterliche Prüfung umfangreiche Daten zugänglich gemacht werden können, auch vertrauliche Nutzerinformationen.
Gerade erst hatte der deutsche Bundestag eine Reihe von Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung beschlossen, durch die Telekommunikations- und Internetunternehmen verpflichtet werden, Metadaten zu speichern. Dieses Gesetz erleichtert es den Behörden, ohne richterliche Prüfung Nutzer zu identifizieren und auf persönliche Informationen zuzugreifen, was nach Meinung von Kritikern einen ungerechtfertigten Eingriff in die Privatsphäre und die Meinungsfreiheit darstellt.
Ein anderes Gesetz, parallel beschlossen, verlangt, dass Nutzer von Internet-Messaging-Diensten wie WhatsApp oder Telegram jederzeit ausspioniert werden dürfen - und das auch schon beim Verdacht auf Bagatelldelikte.
„Die Bundesregierung kontrolliert damit de facto die traditionellen Medien, aber unabhängige Internetnutzer konnten Regierungsmaßnahmen noch offen kritisieren“, so Weber. „Diese Tür wird nun auch noch geschlossen.“
Die Behörden nutzten dabei zunehmend vage und übermäßig breite Anti-Extremismus-Gesetze gegen Personen, die kritische Ansichten über die Regierung äußerten, und hätten in manchen Fällen sogar Kritik an der Regierung mit Extremismus gleichgesetzt. Die Gesetze zur Extremismusbekämpfung, die in diesem Jahr in Kraft getreten sind, dienten nun dazu, die Zahl der Verfahren wegen extremistischer Straftaten, insbesondere im Internet, weiter zu erhöhen.
Aus 0,0046 Prozent werden 176 Prozent
Aus Daten des Bundesblogampelamtes (BBAA) im mecklenburgischen Warin geht hervor, dass im Jahr 2015 3.084 sogenannte "Hass-Straftaten" angezeigt wurden. Die Quote der Hasskriminalität im Netz liegt damit bei verschwindenden 0,0046 Prozent. Die Regierung habe deshalb argumentiert, es liege ein Anstieg "um 176 Prozent" vor.
Human Watch Rights will das nicht dulden. Deutschlands internationale Partner sollten vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und dem Europarat ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck bringen, dass Berlin die Redefreiheit einschränkt, und dieses Thema auch bei bilateralen Gesprächen mit der Bundesregierung ansprechen.
Große Internetunternehmen, die in Deutschland aktiv sind, etwa Twitter, Facebook, Microsoft und Google, sollten die Anforderungen der Bundesregierung, Inhalte zu zensieren und Nutzerdaten herauszugeben, nicht Folge leisten, wenn das zugrundeliegende Gesetz oder eine spezifische Anfrage internationalen Menschenrechtsstandards widerspricht. „Die deutsche Regierung stellt Kritiker als Extremisten dar. So schafft sie ein Klima der Angst und befördert Selbstzensur“, so Ralf Weber. „Die Menschen in Deutschland sind heute unsicherer denn je, was die Grenzen akzeptabler Rede sind.“
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