Schien schon besiegt: Nun aber hebt die Angstmache wieder ihr häßliches Haupt. |
Als Walter Steinmeier nach der umfangreichsten Machtrochade der bundesrepublikanischen Geschichte endlich sein zugetauschtes Traumamt als Bundespräsident antrat, schien der Kampf schließlich doch gewonnen. Da war nun ein "Mutmacher gegen die Angstmacher" (Spiegel), ein Mann, der "all jenen Hoffnung geben will, die vom Geschrei derer übertönt zu werden drohen, die mit der Angst Politik machen".
Steinmeiers Einsatz zeigte schnell Wirkung: Wo Angstmacher ein Jahr zuvor noch Brüssel hatten missbrauchen können, zeigten nun Millionen Franzosen, dass "ein Sieg über die Angstmacher" möglich ist.
Aber ist er auch von Dauer? Ein Beitrag aus der ehemals der Herbeiführung der deutschen Einheit verpflichteten "Welt" lässt daran zweifeln. Als hätte es die jahrelangen Warnungen vor den "Attacken der Angstmacher" (n-tv) nicht gegeben, als hätten Angstmacher nicht schon längst viele Fundamente der Gesellschaft zerrüttet und als sei nicht Angstmachen ein zynisches Geschäft, das nur gemeinschaftsfeindliche Angstmacher gewissenlos betreiben können, lässt das Blatt aus Berlin mit Stefanie Bolzen eine besonders wenig fingerfertige Angstmacherin von der Leine. "Theresa Mays Vision für Großbritannien macht Angst", offenbart die London-Korrespondentin, die seit der Brexit-Entscheidung der Briten zu einer Art Propagandistin gegen Großbritannien geworden ist.
Angstmachen, das Geschäft der Hetzer
Angstmachen, das Geschäft der Hetzer, Hasser und Zweifler, langt im Medienmainstream an. Wie alle Angstmach-Profis verwechselt auch Bolzen routiniert Furcht und Angst, wie alle schürt sie irrationale Ressentiments gegen Minderheiten, arbeitet mit Vorurteilen und beschimpft Andersdenkende. Theresa May habe ein "nationalistisches Wahlprogramm" vorgelegt, heißt es da, das "auf Wähler am rechten und linken Rand" ziele. Die Premierministerin breche damit mit Großbritanniens "großer Tradition als weltoffenste, toleranteste Nation des Westens".
Wohlgemerkt des Westens, Stefanie Bolzen kennt offenbar zahlreiche weitere noch tolerantere und weltoffenere Nationen im Süden und Osten, über die sie nur noch nicht sprechen kann. Denn jetzt gilt es erst einmal, das Britenbashing zu betreiben, als könne die mächtige Feder der früheren Brüssel-Korrespondentin das abtrünnige Inselvolk zu einer späten Umkehr bewegen.
Der "eigene Weg" der Briten - schlecht. Einwanderung als Grundproblem definiert - schlecht.
Sozialer Zusammenhalt aufgelöst durch Entsolidarisierung wegen beständiger Ausweitung der Bezugsgröße - unmöglich. Im Stil der besten Angstmacher argumentiert Stefanie Bolzen nicht etwa gegen Mays Wahlprogramm, nein, mit harter antibritischer Rhetorik sammelt sie die Leser, die ohnehin schon Angst vor einer EU ohne die Engländer haben. Und mit Drohungen vor einem britischen Zusammenbruch die, die bisher noch glauben, auch am Ende des Brexit werde Europa wohl irgendwie auch noch in zehn oder 50 Jahren weiterexistieren.
Es braucht eine Angstkampagne
Es ist ein dickes Brett, das die Mittvierzigerin wohl noch viele, viele Artikel lang weiterbohren muss, wie die Kommentare verraten. Noch fehlt es etwa 95 Prozent aller Leser, die sich zur populistischen Angstmache von Stefanie Bolzen äußern, an der Einsicht, dass es keinen anderen Blick auf die britische Politik geben soll, kann und darf als den staatsoffiziellen der Bundesregierung, die den Brexit vor allem als Übung begreift, die so auszugestalten ist, dass nicht künftig weitere Länder von der EU-Fahne gehen. Es braucht mehr Angst, gezieltere Angstmacherei, vielleicht sogar eine breite, bunte Angstkampagne, wie sie die CDU im NRW-Wahlkampf schon angeschoben hatte.
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