Sonntag, 26. März 2017

Erstmals unterm Mikroskop: Der Schulz-Effekt

Nachrichten aus dem Reich der Fake News: Martin Schulz hat mit seinem Midas-Touch das Saarland verzaubert.

Seit Monaten schon wird er verzückt beschrieben, beklatscht, gefeiert, er hat die politische Landschaft Deutschlands verändert wie zuletzt die Gründung der AfD im Namen des Kreml und er versprach sogar, Dauerkanzlerin Angela Merkel ansatzlos aus dem Amt zu fegen. 


Martin Schulz, die letzte Patrone der Sozialdemokratie im Kampf um die weitere Teilhabe an der Macht, avancierte binnen weniger Tage zum Gottkanzler einer neuen Generation politikbegeisterter Teenager, er trieb Alt-Sozialisten in Legionsstärke zurück in die Arme der Partei, die seit 153 Jahren mehr Gerechtigkeit verspricht, und er schaffte es sogar, die eigene Gier nach Bedeutung als Tugend an große Magazine zu verkaufen.

Fast waren die Verhandlungen um die Aufteilung der Ministerposten im Saarland schon begonnen und gelaufen, Sozialdemokraten, Linke und Grüne hätten den rot-rot-grünen Koalitionsvertrag nur noch unterschreiben müssen. Dann aber gelang es den Wählerinnen und Wählern im kleinsten Bundesland jedoch überraschend, den von Meinungsforschern und parteinahen Medien-Arbeitern erfundenen "Schulz-Effekt" unter ein Mikroskop zu zerren. Erstmals ist die magische Wirkung des ersten 100-Prozent-Mannes der SPD damit realiter und in freier Wildbahn zu beobachten.

Schulz  macht Punkte - für die CDU


Und Schulz zeigte tatsächlich, was er kann und was sein Charisma vermag. Gegenüber der letzten Umfrage von Infratest-Dimap vor der Wahl verlor die SPD mehr als fünf Prozent, die CDU legt hingegen um rund vier Prozent im Vergleich zur Umfrage zu. Auch die Linke schwächelt, die Grünen sind gleich ganz aus aus dem Landtag, in den dafür die AfD einzieht.

Ein Rechtsruck, der die Union wieder ein Stück näher in Richtung der knapp 50 Prozent der Stimmen bringt, die die Partei 2004 einmal erobert hatte. Und der die SPD, 1994 noch unumschränkt stärkste Kraft im schwächsten Land, weiter dorthin zieht, wo Regieren nur noch im Schatten und von Gnaden der CDU möglich ist.

Ein Paukenschlag und der erste Triumph des Mannes, den sie Martin nennen. Mit seinem Midas-Touch hat er bisher jeden Artikel über sich in pures Gold verwandelt, wie berauscht hingen die Kommentatoren an seinen ewig feuchten Lippen, das Medienvolk lauschte gebannt seinen Fabeln über den anstehenden Gerechtigkeitsschub unter seiner Herrschaft und den lauen Dementis, er habe nie Regeln der EU gebrochen, sondern sie immer nur zu seinen Gunsten ausgelegt.

Der Zauberer aus Würselen - splitternackt


Das Saarland, aus Tradition rot und historisch bedingt selbst eine Art Mini-EU, zeigt den Zauberer aus Würselen nackt, ein Männlein ohne Fortune, der der mit 1,80 Meter etwas übergroßen Schulz-Pappfigur  verblüffend gleicht, mit der die Jusos, im Namen des Kandidaten hausieren gehen.

Sciencefiles zum Schulz-Effekt

6 Kommentare:

  1. Ach herrje, hamse wieder ihre Glkaskugelprognosne zum Maß der Dinge gemacht und die Verzerrung nicht rausgerechent bekommen? Man wünschte sich, Lotto würde so funktionieren, daß ein großzügiges Streufeld um die gezogenen Zahlen herum auch zu den Gewinnscheinen führt.

    Wer mal was mit ernsthafter Soziologie zu tun hatte, der weiß, daß Umfragen bei 1000 Leuten als Religionsausübung zählen, also Gebet, Bangen und Hoffen sind. Scharlatanerie.

    Schön, daß nun geklärt ist, daß Schulz als Totengräber der sozialdemokratischen Idee aquiriert wurde.

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  2. Ob die Journalisten den Mist wirklich geglaubt hatten?

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  3. Könnte es wohl sein, daß es von vornherein der Sinn der Sache war? Diese Schießbudenfigur aufzustellen, um die CDU zu pushen...

    @ ViolentRetard: Haben Sie das Zwiedenken vergessen, Winston? - Scherz beiseite: Ich neige dazu, Journalisten grob einzuteilen in ältere und jüngere. Die alten Schmierfinken sind Charakterlumpen multipliziert mit Dreckschwein (Näheres bei Louis Aragon), die jungen Tintenkulis sind wohl tatsächlich so blitzblöd. Überschneidungen nicht ausgeschlossen.

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  4. Jaja, höhnt nur und suhlt Euch in Eurer Schadenfreude. Ich sage Euch, noch ist der Schulz nicht verloren. Nicht wer kleine Scharmützel gewinnt, ist am Ende der Sieger, sondern der im letzten Gefecht siegt. Wie gewann Herberger 1954 die Fußball-WM? Er lullte die Ungarn im Vorrundenspiel ein, trat mit einer Ersatzmannschaft an und verlor grandios mit 6:1. Im entscheidenden Spiel ließ er die Löwen raus und gewann folgerichtig mit 3:2. Wartet nur erst einmal auf die Wahl in NRW. Hier tritt er mit den Spitzen Kraft und Jäger des untergehenden Eisbergs NRW an, daß es den Gegnern eiskalt den Buckel runter läuft. Zieht Euch warm an, kann ich nur raten, der Eisberg wird Euch versenken. Im September wird er dann selbst aufs Feld laufen und durch Powerspiel nach Art eines EU-Präsidenten die kleinkarierten Provinzklopper bis hinter die Torlinie zurückdrängen. Ein 100%-Sieg ist ihm schon jetzt gewiß. Stellt Euch bei Zeiten darauf ein, dann bleibt Euch ein grausames Erwachen im roten Land erspart

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  5. @ Sauer: Dubium sapientiae initium. Des Weisen Herz ist wenig froh, sagt die Edda, und wo viel Weisheit ist, da ist viel Grämens, sagt Shlomo der Weise.
    Wenn die sich doch gleich auf Kohlenmonoxid geeinigt hätten, passend zu Auschwitz-Monowitz - ich würde heute noch dran glauben.
    Mit Martin Luther frisch alles geglaubt - oder nichts geglaubt. Alles is' halt 'n beeten veel verlangt.

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  6. Guckt mal hier, das haben alle schon wieder vergessen:
    http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/schulz-will-nicht-spd-kanzlerkandidat-werden-13028047.html

    Niemand hat je gefragt, warum er sich so rasant um 180° gedreht hat. Da würde sogar Merkel schwindelig.

    >Anonym hat gesagt...
    >Könnte es wohl sein, daß es von vornherein der Sinn der Sache war?
    >Diese Schießbudenfigur aufzustellen, um die CDU zu pushen...

    Dagegen spricht, dass nur eine einzige Schießbudenfigur wirklich zur Auswahl stand. Den Schaumschläger mit Rente in Sicht konnte man durchs Minenfeld schicken, und hop oder top kommt er entweder an oder fliegt in die Luft. Die restlichen Top-Sozialdemokraten a.k.a. Top-Volksverräter müssen noch ein paar Jahre Karriere durchhalten, weil sie sonst nichts weiter gelernt haben.

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