Das "hässliche Baby aus Kolumbien" wurde geboren aus freier Erfindung, schlechter Übersetzung und unzulässiger Zuspitzung. |
Auch die SPD steht in hartem Abwehrkampf gegen "Fake News". Zumindest offiziell. Mit ihrer Beteiligung an der Zeitung Tag24 gelang es der Partei jetzt aber ein weiteres Mal, mit einer aus der Ferne importierten Lügenstory Mediengeschichte zu schreiben. Weltweit verbreitete sich ein Märchen über eine Großmutter, die ihren häßlichen Enkel im Krankenhaus umtauschen wollte, wie ein Lauffeuer. Obwohl sie nicht stimmt.
Je weiter weg das Ereignis, desto schamloser darf gelogen werden. Kolumbien ist deshalb ein hervorragender Ort für deutsche Medien, um bizarre und aufsehenerregende Meldungen herzustellen. Wie etwa die, dass eine Großmutter in der Stadt Santa Marta – oder wie der Berliner Kurier es nennt, „Santa Martaso“ – das Baby ihrer Tochter nach der Geburt in die Klinik zurückgebracht habe, weil sie es „zu hässlich“ fand.
Eine Lüge wie gemalt
Der Berliner Kurier entnahm das Lehrstück darüber, wie Medien mit Blick auf möglichst hohe Klickzahlen ihrer Verantwortung, Nachrichten zu prüfen, nicht nachkommen, der Dresdner Zeitung Tag24. Auch der Bonner Generalanzeiger oder der Focus bedienten sich bei dem ausschließlich auf schnellklickenden Schwachsinn vertrauenden Boulevardportal, das früher als "Morgenpost" versucht hatte, eine Art seriöse Bild-Zeitung zu spielen.
Zum "Tag24" umfirmiert - und immer noch zu 40 Prozent im Besitz der SPD - vertraut das 1990 gegründete Blatt nun komplett auf fantasiereich erfundene Fake News. Die Meldung über das hässliche Baby etwa wurde aus dem englischen Boulevardblatt Metro abgeschrieben. Das wiederum hatte sich zuvor bei den Revolverkollegen des Mirror bedient, die die obskure Meldung auf dem kolumbianischen Portal El Comercio entdeckt hatten. Dorthin wiederum war es nach einer Erstmeldung des lokalen Fernsehsender Caracol TV gelangt, den nicht nur auszeichnet, dass der inzwischen weltweit zitierte Kronzeuge der Story "Carlos Pallares" hier noch Carlos Payares heißt.
Sondern auch, dass am Quell der weltweit erfolgreichen Lügengeschichte keine Rede von einem "hässlichen" Baby und einem Umtauschwunsch einer offensichtlich wahnsinnigen Großmutter ist.
Sondern allein davon, dass die Oma das Neugeborene aufgrund von dessen "physischen Eigenschaften" nicht als neues Familienmitglied erkennen konnte - die alte Dame fuhr schlicht deshalb zur Klinik zurück, weil sie "wegen der äußerlichen Merkmale des Kindes" (Caracol TV) annahm, es könne in der Klinik vielleicht mit einem anderen Baby vertauscht worden sein.
Die Frau wollte deshalb im Krankenhaus darum bitten, eine eventuelle Verwechslung zu prüfen - kein irrer Wunsch, kein verrücktes Anliegen. Die Klinik tat denn auch wie gewünscht, stellte fest, dass das Baby der einzige Junge war, der an diesem Tag im Krankenhaus geboren worden war – und die Großmutter fuhr mit dem Kind wieder nach Hause.
Unspektakulär. Als Medienstory zur weltweiten Verbreitung ungeeignet.
Gezieltes Verändern, Auslassen und Zuspitzen
Nur durch gezieltes Verändern von Namen zur Verwischung von Spuren, durch das Auslassen von Fakten, durch Zuspitzen, verkehrt übersetzen und auf Effekt trimmen konnte aus dieser keineswegs ungewöhnlichen Geschichte eine weltweite Klickhure gezüchtet werden, deren einziger Zeuge jetzt jener ominöse "Carlos Pallares" ist, den es in Wirklichkeit gar nicht gibt.
Der erfundene Mann tritt ungeachtet dessen weltweit auf: In Vietnam, China, Spanien und Deutschland ist er ein Medienstar, er ist immer mit dem selben Satz zugange, den er nie gesagt hat. Er verleiht dem "hässlichen Baby", dass es nie gab, und seiner irren Großmutter die Weihen der Authentizität.
Aber eigentlich ist alles, was diese Geschichte zum Renner im Internet macht, erfunden, ausgedacht, reine Fantasie. Fake News.
Bezeichnend auch für die Qualität der hier dargebotenen Fake News: Die großen kolumbianischen Zeitungen El Espectator, El Tiempo und El Pais erwähnen "Carlos Pallares", das hässliche Baby oder die wunderliche Großmutter überhaupt nicht.
Sie sind einfach zu nah dran.
Besser wäre doch: Volk ist entsetzt über eigene Kanzlerin und will sie zurückgeben. Dummerweise gibt es für so etwas weder Garantie, Gewährleistung noch Rückgaberecht wegen des Fehlens zugesicherter Eigenschaften.
AntwortenLöschenim moment so: volk klickt komplett unkritisch auf solchen dreck. glaubt ihn. hat wahlrecht.
AntwortenLöschenSepp würde hässliche Kinder verhaften und wegsperren .
AntwortenLöschenCNN und BuzzFeed gingen 4chan auf den Leim: Heikles Trump-Material ist echtes Fake
AntwortenLöschenMehr: https://de.sputniknews.com/panorama/20170111314082365-trump-berichte-fake/
Windenergie-E-Loks gibt es nur in Holland.
AntwortenLöschenNicht "physikalische Eigenschaften" (spezifisches Gewicht? Schalldruck?), sondern "physische". Körperliche Merkmale. Oder schlicht Aussehen. ;-)
AntwortenLöschenklar. danke!
AntwortenLöschen