Irgendwer scheint gestorben zu sein. |
Was treibt sie nur in diese Selbstmordmission? Woher kommt der Hang, sich vor aller Augen in das Schwert der öffentlichen Verachtung zu stürzen? Wieso wirken rapide fallende Auflagen, Kommentarspalten voller Widerspruch, persönliche Gespräche im Freundes- und Bekanntenkreis und eigene Beobachtungen über eine Demokratie, die bereits im 67. Jahr ihres Bestehens zu einem Ringelrein der Rituale geworden ist, nicht auf den Erkenntnisprozess?
Deutsche Medien am Tag nach Martin Schulz, eine Einöde aus Einhelligkeit, die über weite Strecken nur noch sarkastisch wirkt. Der Brüsseler Bürokrat, charismatisch wie ein Blatt Löschpapier, fotogen wie ein Autounfall und originell wie die EG-‐Verordnung Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, wird gefeiert, als sei ein Messias herabgestiegen.
Massaker im Meinungszirkus
Zu Besuch in einer Parallelwelt, der Welt der Zeitungsredaktionen. Der zweite Rückzug des Sigmar Gabriel von der rein imaginären SPD-Kanzlerkandidatur geht hier als "treu geblieben" durch, sein Rückzug vom SPD-Vorsitz als mutiger Schachzug. Der ins Loch geschobene Martin Schulz aber, den meisten Deutschen mutmaßlich völlig unbekannt und nur mit Mühe in der Lage, seine letzte, von der "Süddeutschen Zeitung eilfertig als "emotional" berühmte Rede stockend vom Blatt abzulesen, wird als Umfragen-Liebling präsentiert, als einer, der Europa toll gemacht hat, der Visionen habe und eine Art Volkstribunen.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich die deutsche Presse wie von einer Feder geschrieben der Besoffenheit flächendeckend gleichgearteter Ansichten ergibt. Von Sarrazin bis Ukraine, von Pegida und Putin bis zu Trump schaffen es ehemals so unterschiedlich angelegte Blätter wie die FAZ und die Taz, die SZ, die "Bild"und die Welt, der "Spiegel" und der "Focus" immer wieder, wie abgesprochen ähnliche Thesen zu vertreten. Böse und gut, schlecht und schön, verdammenswert und unser Mann, alles ist sauber eingeteilt. Der Widerspruch, der eigentlich Inhalt der veröffentlichten Debatte sein müsste, findet sich weggekämmt und ausrasiert wie in der Legende vom nordkoreanischen Einheitshaarschnitt.
Nicht nur das Parteiensystem, das meistensteils wie eine einzige Partei agiert, stößt an seine Grenzen. Sondern auch die 4. Gewalt, die ihre Rolle als die eines Transmissionsriemens für die Botschaften der Macht nach unten sieht. Ein Land, das seiner DNA treu bleibt, ein einig Vaterland auch im Äußern und Denken.
Quittung für fortgesetztes Versagen
Wirtschaftlich allerdings ist es offenkundig Selbstmord, sein Publikum gegen dessen Willen erziehen zu wollen - und von ihm zu erwarten, dass es dafür auch noch zahlt. Die aktuellen Auflagenzahlen der IVW lesen sich wie eine Quittung für fortgesetztes Versagen. Mehr als zehn Prozent verliert die Bild-Zeitung, die FAZ sackt um 6,8 Prozent ab, die Welt um sieben, die Taz um knapp vier. Bei den Illustrierten sieht es ähnlich aus, ebenso bei den Wochenblättern und den Sonntags- und Regionalzeitungen.
Und doch überstrahlt der Wunsch der Journalisten, wie die Welt sein möge - Sigmar Gabriel ein mutiger Entscheider, Martin Schulz ein Charismat, Angela Merkel beliebt wie nie, Europa stark wie nie, Deutschland zufrieden wie nie - das Bild, das die Realität wirklich abgibt. Als könnte ausdauerndes Anschreiben gegen die Wirklichkeit, wie sie Leser, Abonnenten und Zuschauer erleben, diese davon überzeugen, dass sie sich irren, hält nahezu die komplette Medienbranche an ihrem Konzept fest, die Bürger aus Regierungsperspektive zu kritiseren. Statt, was einstmals ihre Aufgabe und Lebensversicherung war, den Regierenden im Auftrag der Wähler auf die Finger zu schauen.
Das Rezept für einen Untergang
Getreulich wird jede noch so durchsichtige Ablenkungskampagne mitgefahren, zuverlässig bleiben die entscheidenden Fragen ungestellt, wie am Nasenring lassen sich die früher als Juroren der Politik auftretenden Zeitungen und Magazine wegtrösten, abspeisen und zum Teil einer Maschine machen, die als einziges Ziel den eigenen Machterhalt kennt.Im Fall des Martin Schulz, eines in 23 Jahren in Brüssel gestählten Profiteurs einer Kultur, in der Prinzipienlosigkeit zum obersten Grundsatz geworden ist, schlägt die trotzige Deutung eingebildeter Fakten Schaum. Völlig losgelöst von der Realität schwingen sich Hymnen auf, Lobpreisungen stapeln sich im Altpapier. Als liege in einer absurden Übertreibung die Möglichkeitkeit, das mitzuteilen, was anders nicht mitgeteilt werden kann, wird der dröge Machtmensch Schulz als "feinfühliger Polit-Berserker", als "erster Mann gegen den Abstieg der SPD", als "der unbequemere Gegner", als "Joker" und "Mister Europa" beklatscht wie einst Erich Honecker beim Einmarsch zum SED-Parteitag.
Kabarett, das nicht einmal zum Schmunzeln ist. Sollen die Leser doch in Scharen von der Fahne gegen. Hauptsache, im Willy-Brandt-Haus schmunzelt der Praktikant beim Zusammenstellen der Pressemappe. Ist es Trotz? Ist es Todessehnsucht? Ist es der unterdrückte Wunsch, von Schulz oder Gabriel oder Merkel oder sonstirgendwem ein Schulterklopfen,einen dankbaren Händedruck, ein verstehendes Lächeln zu ergattern?
Bald wird jeder Haushalt den Nachweis führen müssen, dass er eine überregionale Zeitung abonniert hat. Das wird dann durch eigens eingerichtete Ämter kontrolliert. Presse gerettet und Arbeitslosigkeit weiter gesenkt.
AntwortenLöschenIm ersten Absatz unter Massaker im Meinungszirkus fand bei der Datenübertragung ein Massaker an der deutschen Sprache statt.
AntwortenLöschen... von der "Süddeutschen Zeitung einfertig ...
Da könnten einfältig, eilfertig, einschlägig usw. stehen. Welche Diktion PPQ meinte, weiß ich nicht. Dem Datenübertrager würde ich wegen Datenverfälschung eine Warnung aussprechen.
Vera Lengsfeld
AntwortenLöschenWenn die CDU Sinn für Humor hätte, würde sie Elmar Brock, den ausgeschiedenen Europa-Abgeordneten gegen Schulz ins Rennen schicken.
Kann man diesen Artikel nicht an alle einschlägigen Printmedien verschicken?
AntwortenLöschenPPQ ist ein reines Lesevergnügen für alle die noch selber denken.
"Wenn die CDU Sinn für Humor hätte, würde sie Elmar Brock, den ausgeschiedenen Europa-Abgeordneten gegen Schulz ins Rennen schicken."
AntwortenLöschenBei aller Ernsthaftigkeit und getreu dem Motto "gegen bösen Populismus hilft nur guter Populismus", aber die Sache mit Schulz schreit gerade danach, auch den Sonneborn aus dem EU-Parlament in den Bundestag zu verhelfen. Wir hätten dann zwar vollends italienische Verhältnisse, aber eine Partei Die PARTEI im Bundestag zu haben, würde dem gegenwärtigen Wahnsinn mehr als gerecht werden.
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenwie machst du das mit dem link?
AntwortenLöschen>> wie machst du das mit dem link?
AntwortenLöschenIch habe den Kommentar in den passenden Post zur Schulz-Beliebtheit kopiert. Da paßt er besser.
Ich mache da gar nichts mit dem Link. Da macht der Webserver etwas. Der hat eine Rewrite-Rule und verwirft alles hinter der Zahl. Er nimmt die Adresse (URL) entgegen und interessiert sich intern ausschließlich für articlexxxxxyyyyzzz. Das ist der Zeiger in eine Datenbank, in der der zu übermittelnde Text steht. Und weil da bei den meisten hartcodierten CMS auch drin steht, wie sich der Redakteur ursprünglich die Adresse dachte, wird die gleich mitgeliefert. Muß aber nicht.
Eignetlich funktioniert das bei so ziemlich alle großen Seiten.
das leuchtet mir ein. aber das "finde-merkel-doof", ist das nun von dir oder vom dem redakteur?
AntwortenLöschen>> aber das "finde-merkel-doof", ist das nun von dir
AntwortenLöschenSicher finde ich die doof. Aber wer mir das gesteckt hat, das verrate ich nicht.
Die Adresse kannst du schreiben wie es beliebt, solange der Teil mit articlexxxyyyzzz erhalten bleibt. Da sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Zu deutsch. Der Textteil hinter der Numerik ist gar nicht erforderlich.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article161524832/Deutsche-wollen-Merkel-abwählen.html
Bei der süddeutschen Prawda mit einer drögen, von Allgemeinplätzen strotzenden Rede zu punkten, ist relativ einfach, hält sie doch Prantl auch für einen hervorragenden Journalisten.
AntwortenLöschenEin ganz interessanter Kommentar zur Selbstmordmission.
AntwortenLöschenWarum sollen die Leser noch zahlen, wenn sie geprügelt werden?
@ Volker: Interessant schon, aber das Drecksblättchen h a t nun einmal gelogen, Existenzen vernichtet, jeden gegen jeden gehetzt, die physiologische Basisdummheit der Masse noch gesteigert. Und seit Jahren läuft ein Wettbewerb um die größere Unflätigkeit mit dem Kurier. Der Feind meines Feindes, in diesem Fall dem ganzen Rote-Khmer-Verschnitt, ist eben nicht mein Freund.
AntwortenLöschenSollte die Politik Systemrelevanz in den Printmedien erkennen, dann wird bei noch größerem Weglaufen von Lesern einfach wie bei den öffentlich rechtlichen TV Sendern, ein Pflichtbeitrag gesetzlich verankert. Ich denke darauf spekuliert diese Branche. Daher die Systemtreue. Anregung dazu gab es seitens der Printmedien ja schon. Sie wurden bisher nur noch nicht erhöhrt.
AntwortenLöschenHinzu kommt, kein Printmedium arbeitet noch mit Schwarzen Zahlen, folglich hat man Verpflichtungen gegenüber den Kreditgebern. Das dürften die Gleichen wie die Haupt Gläubiger des Staates sein.
Bezüglich der Absagen an Printmedien wegen deren "Inhalte" habe ich Bedenken. Man kann ja nur vielleicht eine Stunde am Tag Zeitungen oder Netzinhalte lesen. Aufschluss gäbe die Zahl der Netzabonnements.
AntwortenLöschenSchulz´ Rede muss man zeitgemäß deuten: Wer für den biologischen Erhalt der europäischen Völker ist, kann ansonsten Kommunist oder Anarchist sein, er ist "Ultranationalist". Das deckt sich damit, dass er in D höchstrichterlich zum Verfassungsfeind erklärt wurde. Die Verfassung ist dann offenbar geheim, denn im GG finde ich nichts Entsprechendes.