Die Wahl von Alexander van der Bellen und das zugunsten von Wagenknecht und Bartsch ausgegangene Referendum der Linkspartei sind die sichtbarsten Ergebnisse eines politischen Stimmungswandels in den westlichen Demokratien. In Frankreich hat sich der windelweiche Hollande zurückgezogen, um der Linken den Weg zur Erneuerung zu öffnen. In den USA machte der Alt-Linke Bernie Sanders vor allem bei jungen und fortschrittlich gesinnten Leuten Furore. In Thüringen regiert ein Linker, unauffällig und mit harter Hand. Baden-Württemberg wird von Winfried Kretschmann gehalten, einem Altlinken im grünen Cape, der von sich sagt, er habe "die Zeit meiner linksradikalen Verirrung" hinter sich gelassen.
Die Pegida-Bewegung aus Deutschland dagegen macht kaum noch Schlagzeilen, die AfD-Umfragewerte bröckeln. Nirgendwo ist es den Radikalinskis von rechts bisher gelungen, mitzuregieren oder durchzumarschieren. Im Gegenteil: Der rechte Aufschwung erlahmt, seit Medien und Politik sich von den Forderungen der Straße zu tätiger Reue inspirieren lassen. Das Ergebnis: Die CDU der Kanzlerin freut sich um einem seit Jahren nicht gekannten Zuspruch der Wähler. Die Kanzlerin selbst ist so beliebt, dass sie die Fortsetzung ihrer aktiven Laufbahn nur noch im Stil eines Spitzensportlers verkünden muss, damit ihr die Herzen zufliegen.
Dieser - relative - Linksruck geht einher mit einem wachsenden Populismus in der Politik. Was vor zirka einem Jahr noch als blanker Hass verdammt wurde, gilt inzwischen als Ultima Ratio zum Machterhalt. Was muss, das muss, egal wie menschenfeindlich es ist.
Die meisten Kommentatoren sind sich einig, dass die Linke ihre Lektion gelernt hat. Als die Menschen sich massenhaft abwandten, wurde das Klima von zwei wichtigen Faktoren bestimmt: der Angst vor dem Bedeutungsverlust. Und der Sehnsucht, wieder gewählt zu werden, obwohl die Einkommensungleichheit seit der Finanzkrise 2008 in allen westlichen Demokratien deutlich zugenommen hat, der Lebensstandard für die meisten Arbeiter und die Mittelschicht stagnierte und Angst und Feinseligkeit gegenüber Einwanderern – insbesondere gegenüber Muslimen – in einem Maße zunahmen, dass die Medien bei der Aufgabe versagen mussten, gegen eine Flut an Fakenews anzuschreiben.
"Was tun?" (Lenin) Diese Frage stand akut für die gesamte Linke von CDU über SPD bis zu Grünen und der PDS. Traditionell war Ungleichheit in der Vergangenheit schon immer ein Thema der populistischen Linken, Einwanderung ein Thema der Rechtspopulisten. Die punkteten zuletzt mit Ausländerhass. Dass das Pendel jetzt zurückschlagt und der linke Populismus sich anschickt, den rechten wieder rechts zu überholen, wie das Beispiel Wagenknecht zeigt, ist kein Wunder. Die Politik hat nachgedacht, Strategien geprüft und tritt nun dem Eindruck entgegen, als sei Einwanderung ein rein rechtes Thema. Alle wollen jetzt hier regulieren, Grenzen ein bisschen schließen, die niedrigen Löhne für alle erhöhen, die anhaltende Arbeitslosigkeit in den meisten europäischen Ländern zu einem Problem der Ausländer erklären und den steigenden Druck auf die Sozialversicherungen durch geschickte Versteckspiele vor den Volksmassen verbergen, so lange es nur geht.
Natürlich sind die Ursachen in Wahrheit viel komplizierter. Doch aus Sicht der van der Bellen-Wähler, die sich für die einfache Lösung des Weiter-so mit einem großväterlichen Typen, der zum Anlehnen einlädt, entschieden, ist der traditionelle Kern der Gesellschaft – in ihren Augen also die schon länger hier lebende Bevölkerung – verantwortlich für alles Leid der Welt. Der Mitteleuropäer ist den Menschen im Rest der Welt aus Sicht dieser Wählergruppen sowohl intellektuell als auch moralisch so weit überlegen, dass er für alle anderen mitdenken und seine Entscheidungen auch an deren Interessen ausrichten muss.
Unmöglich vereinbar ist mit dieser Sichtweise, dass das Volk Zweifel an Europa hegt, den Eliten misstraut und einen "Zustrom" (Merkel) von Obdachsuchenden verbal ablehnt. Der Wähler in Österreich hat - im Unterschied zum unbelehrbaren Italiener - in diesem Sinne entschieden: Links, wo das Herz schlägt, da machte er sein Kreuzchen. Nicht nur für sich, sondern für ganz Europa.
Theoretisch ist das einleuchtend. Die demokratischen Systeme des Westens unterscheiden sich in ihrer Struktur und Form, aber sie alle basieren auf dem Prinzip, dass die Wähler das letzte Wort haben. Das ist ein gutes Prinzip, das beste, das je erdacht wurde. Aber es basiert auf einer verrückten Voraussetzung, die nie erfüllt worden ist: dass die Wähler informiert und bedacht sind.
Im Zeitalter von Facebook aber, in dem die Wähler ihre Entscheidungen auf der Basis von Facebook-Fakenews treffen, statt sich von echten Informationen leiten zu lassen, die von unparteiischen Leitmedien geliefert werden, ist die Demokratie trotz der vorübergehenden Entwarnung auch nach dem Votum von Österreich weiter akut bedroht.
Trotzdem sprechen manche Beobachter bereits von einer "friedlichen Revolution an der Wahlurne". Der Wähler, eben noch ein leicht beinflussbares Wesen mit einem Hang zu einfachen Deutungen, ist wieder souverän, bedacht in seiner Entscheidung, ein guter Mensch, der das Richtige wählt. Europa kann überleben, der Euro kann ein Segen bleiben, selbst das Verhältnis zu den USA ist vielleicht reparabel, wenn dort ein Neuanfang ohne Trump gelingt. Andere sehen die Zukunft der Globalisierung schon durch das Votum um die Wiener Hofburg wieder positiver, weil intelligente, an menschengemachten Klimawandel, Bürgerversicherung und Nullzinspolitik glaubende Linke nun wieder proeuropäische Politik für die Abgehängten machen können.
Vielleicht stimmt beides. Langfristig sicher ist jedoch: Die Linkspopulisten, die jetzt an die Macht kommen, werden die Probleme, die zu ihrer Wahl geführt haben, nicht lösen.
Denn auch der bei Linken beliebte politische Mix aus hohen Steuern, der Ablehnung jeder Privatisierung öffentlicher Aufgaben und der Aufblähung des Sozialstaates wird den ökonomisch Abgehängten, die die Linken gewählt haben, nicht helfen. Letztere hatten zuletzt oft aus Protest und Fremdenfeindlichkeit rechts gewählt. Nun haben sie sich für links entschieden. Beides hilft vermutlich aber nicht.
Das ist das Paradox der Gegenwart. Künftig dürfte es noch größere Probleme geben, wenn die Wähler erkennen, dass sie mit ihren Erwartungen erneut in die Irre geführt worden sind. Nur in die andere Richtung.
Dennoch ist die Demokratie gastfreundlich gegenüber diesem Populismus, der langfristig denselben Schaden anrichtet. Nur größer, weil es nach seinem Versagen kein "dann geht doch rüber" mehr geben kann.
Die Pegida-Bewegung aus Deutschland dagegen macht kaum noch Schlagzeilen, die AfD-Umfragewerte bröckeln. Nirgendwo ist es den Radikalinskis von rechts bisher gelungen, mitzuregieren oder durchzumarschieren. Im Gegenteil: Der rechte Aufschwung erlahmt, seit Medien und Politik sich von den Forderungen der Straße zu tätiger Reue inspirieren lassen. Das Ergebnis: Die CDU der Kanzlerin freut sich um einem seit Jahren nicht gekannten Zuspruch der Wähler. Die Kanzlerin selbst ist so beliebt, dass sie die Fortsetzung ihrer aktiven Laufbahn nur noch im Stil eines Spitzensportlers verkünden muss, damit ihr die Herzen zufliegen.
Dieser - relative - Linksruck geht einher mit einem wachsenden Populismus in der Politik. Was vor zirka einem Jahr noch als blanker Hass verdammt wurde, gilt inzwischen als Ultima Ratio zum Machterhalt. Was muss, das muss, egal wie menschenfeindlich es ist.
Die meisten Kommentatoren sind sich einig, dass die Linke ihre Lektion gelernt hat. Als die Menschen sich massenhaft abwandten, wurde das Klima von zwei wichtigen Faktoren bestimmt: der Angst vor dem Bedeutungsverlust. Und der Sehnsucht, wieder gewählt zu werden, obwohl die Einkommensungleichheit seit der Finanzkrise 2008 in allen westlichen Demokratien deutlich zugenommen hat, der Lebensstandard für die meisten Arbeiter und die Mittelschicht stagnierte und Angst und Feinseligkeit gegenüber Einwanderern – insbesondere gegenüber Muslimen – in einem Maße zunahmen, dass die Medien bei der Aufgabe versagen mussten, gegen eine Flut an Fakenews anzuschreiben.
"Was tun?" (Lenin) Diese Frage stand akut für die gesamte Linke von CDU über SPD bis zu Grünen und der PDS. Traditionell war Ungleichheit in der Vergangenheit schon immer ein Thema der populistischen Linken, Einwanderung ein Thema der Rechtspopulisten. Die punkteten zuletzt mit Ausländerhass. Dass das Pendel jetzt zurückschlagt und der linke Populismus sich anschickt, den rechten wieder rechts zu überholen, wie das Beispiel Wagenknecht zeigt, ist kein Wunder. Die Politik hat nachgedacht, Strategien geprüft und tritt nun dem Eindruck entgegen, als sei Einwanderung ein rein rechtes Thema. Alle wollen jetzt hier regulieren, Grenzen ein bisschen schließen, die niedrigen Löhne für alle erhöhen, die anhaltende Arbeitslosigkeit in den meisten europäischen Ländern zu einem Problem der Ausländer erklären und den steigenden Druck auf die Sozialversicherungen durch geschickte Versteckspiele vor den Volksmassen verbergen, so lange es nur geht.
Natürlich sind die Ursachen in Wahrheit viel komplizierter. Doch aus Sicht der van der Bellen-Wähler, die sich für die einfache Lösung des Weiter-so mit einem großväterlichen Typen, der zum Anlehnen einlädt, entschieden, ist der traditionelle Kern der Gesellschaft – in ihren Augen also die schon länger hier lebende Bevölkerung – verantwortlich für alles Leid der Welt. Der Mitteleuropäer ist den Menschen im Rest der Welt aus Sicht dieser Wählergruppen sowohl intellektuell als auch moralisch so weit überlegen, dass er für alle anderen mitdenken und seine Entscheidungen auch an deren Interessen ausrichten muss.
Unmöglich vereinbar ist mit dieser Sichtweise, dass das Volk Zweifel an Europa hegt, den Eliten misstraut und einen "Zustrom" (Merkel) von Obdachsuchenden verbal ablehnt. Der Wähler in Österreich hat - im Unterschied zum unbelehrbaren Italiener - in diesem Sinne entschieden: Links, wo das Herz schlägt, da machte er sein Kreuzchen. Nicht nur für sich, sondern für ganz Europa.
Theoretisch ist das einleuchtend. Die demokratischen Systeme des Westens unterscheiden sich in ihrer Struktur und Form, aber sie alle basieren auf dem Prinzip, dass die Wähler das letzte Wort haben. Das ist ein gutes Prinzip, das beste, das je erdacht wurde. Aber es basiert auf einer verrückten Voraussetzung, die nie erfüllt worden ist: dass die Wähler informiert und bedacht sind.
Im Zeitalter von Facebook aber, in dem die Wähler ihre Entscheidungen auf der Basis von Facebook-Fakenews treffen, statt sich von echten Informationen leiten zu lassen, die von unparteiischen Leitmedien geliefert werden, ist die Demokratie trotz der vorübergehenden Entwarnung auch nach dem Votum von Österreich weiter akut bedroht.
Trotzdem sprechen manche Beobachter bereits von einer "friedlichen Revolution an der Wahlurne". Der Wähler, eben noch ein leicht beinflussbares Wesen mit einem Hang zu einfachen Deutungen, ist wieder souverän, bedacht in seiner Entscheidung, ein guter Mensch, der das Richtige wählt. Europa kann überleben, der Euro kann ein Segen bleiben, selbst das Verhältnis zu den USA ist vielleicht reparabel, wenn dort ein Neuanfang ohne Trump gelingt. Andere sehen die Zukunft der Globalisierung schon durch das Votum um die Wiener Hofburg wieder positiver, weil intelligente, an menschengemachten Klimawandel, Bürgerversicherung und Nullzinspolitik glaubende Linke nun wieder proeuropäische Politik für die Abgehängten machen können.
Vielleicht stimmt beides. Langfristig sicher ist jedoch: Die Linkspopulisten, die jetzt an die Macht kommen, werden die Probleme, die zu ihrer Wahl geführt haben, nicht lösen.
Denn auch der bei Linken beliebte politische Mix aus hohen Steuern, der Ablehnung jeder Privatisierung öffentlicher Aufgaben und der Aufblähung des Sozialstaates wird den ökonomisch Abgehängten, die die Linken gewählt haben, nicht helfen. Letztere hatten zuletzt oft aus Protest und Fremdenfeindlichkeit rechts gewählt. Nun haben sie sich für links entschieden. Beides hilft vermutlich aber nicht.
Das ist das Paradox der Gegenwart. Künftig dürfte es noch größere Probleme geben, wenn die Wähler erkennen, dass sie mit ihren Erwartungen erneut in die Irre geführt worden sind. Nur in die andere Richtung.
Dennoch ist die Demokratie gastfreundlich gegenüber diesem Populismus, der langfristig denselben Schaden anrichtet. Nur größer, weil es nach seinem Versagen kein "dann geht doch rüber" mehr geben kann.
Grämet Euch nicht. Ob nun der Rechtspopulist oder der sieche Grüne Khmer, den bald Hel in ihr Reich zu sich beordern wird - es ist alles Schiet mit Rotz.
AntwortenLöschenHalbgott in Weiß
P.S. Ein Fortschritt wäre ja, auf ein gewisses angebliches Eregnis der jüngeren Geschichte, seine Chemiekenntnisse der Mittelstufe zuzüglich der vier Grundrechenarten zuzüglich der zehn Regeln der Kriminalromane nach Agatha Christie u.a. - anzuwenden. Hohoho!