Experten waren so sicher. Und nun kommt alles anders. |
Einigkeit über alle Presseorgane hinweg, das Recht, auf jeden Fall recht zu haben und die Freiheit, im anderen Fall nicht mehr daran erinnert zu werden, dass man es nicht hatte: Kurz nach dem Brexit jagten die deutschen Meiden in einer bewundernswerten Kollektivanstrengung die Mär von Ende Großbritanniens durch die Welt. Ohne die EU müsse das perfide Albion den Preis zahlen für seine Rückkehr zu splendid isolation und Ausländerhass. Die Wirtschaft werde kollabieren, ein Zug von jungen, Europafans mit Start Ups im Gepäck sich nach Berlin und Paris wälzen, Banker flöhen vor sinkenden Mieten und abstürzendem Pfund genauso wie höchsttalentierte Fußballer aus aller Welt.
Britannien war erledigt, wenigstens auf dem Papier. Während Schreckensprognosen die Runde machten und deutsche Politiker die Angst vor einer erneuten Flüchtlingskrise – diesmal mit einem Zustrom aus England, Wales und Schottland – schürten, blieb der versprochene Crash allerdings aus. Nun rechneten Europas führende Ökonomen ihre Nach-Brexit-Voten für eine akute Wirtschaftskrise noch einmal nach – und zum Entsetzen sowohl der EU-Führung in Brüssel als auch der Bundesregierung sind die Wirtschaftsprognosen für Großbritannien nun nicht nur gut, sondern besser als die für Deutschland. Der Fall des Pfunds habe die Wirtschaft im Königreich genausowenig hart getroffen wie der Fall des Euro die Wirtschaft in der EU. Britische Unternehmen gäben nun bereits optimistische Prognosen für das nächste Jahr ab. Die Bank of England korrigiert ihre zurückhaltenden Vorhersagen und prognostiziert für 2017 ein Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent. Vor drei Monaten war sie noch von 0,8 Prozent ausgegangen. Für Deutschland prognostiziert die OECD nur magere 1,3 Prozent. Bei einer für das kommende Jahr geplanten Ausweitung der Staatsausgaben von 2,9 Prozent faktisch ein Minuswert von 1,6 Prozent.
Eine Ursache des besseren britischen Abschneidens liegt daran, dass der von der Politik ersehnte Investitionsboykott, der Austrittsnachahmer abschrecken sollte, von vielen Firmen nicht beachtet wird. Laut offiziellen Erhebungen sind die Investitionen von Unternehmen in den ersten drei Monaten nach dem Referendum nicht wie gewünscht gefallen, sondern gestiegen. Das Gremium der Fertigungsindustrie EEF spricht zum Beispiel davon, dass die Branche derzeit die „lebendigsten Entwicklungen seit anderthalb Jahren“ erfahre. Viele britische und internationale Unternehmen nutzten die Chance und investierten oder planten neue Stellen. Erst in den letzten Wochen hatten Branchengrößen wie Facebook und Google angekündigt, neue Stellen in Großbritannien schaffen zu wollen.
Ein Problem für ein seit einem Jahrzehnt nicht auf einen Wachstumspfad findendes Europa, das vor seiner Tür kein Beispiel dafür brauchen kann, dass es sich ohne europäische Lösungen besser wirtschaften lässt. Fällt der Weltuntergang aus, als der der Brexit wie ein Menetekel herumgereicht wurde, stärkt das die gern "europafeindlich" genannten EU-kritischen Kräfte.
Großbritannien wird zum Schatten an der Wand, der auf den ganzen Kontinent fällt: Das Königreich ist raus aus der Gemeinschaft. Und nimmt doch mehr Einfluss auf die EU als je zuvor.
Britannien war erledigt, wenigstens auf dem Papier. Während Schreckensprognosen die Runde machten und deutsche Politiker die Angst vor einer erneuten Flüchtlingskrise – diesmal mit einem Zustrom aus England, Wales und Schottland – schürten, blieb der versprochene Crash allerdings aus. Nun rechneten Europas führende Ökonomen ihre Nach-Brexit-Voten für eine akute Wirtschaftskrise noch einmal nach – und zum Entsetzen sowohl der EU-Führung in Brüssel als auch der Bundesregierung sind die Wirtschaftsprognosen für Großbritannien nun nicht nur gut, sondern besser als die für Deutschland. Der Fall des Pfunds habe die Wirtschaft im Königreich genausowenig hart getroffen wie der Fall des Euro die Wirtschaft in der EU. Britische Unternehmen gäben nun bereits optimistische Prognosen für das nächste Jahr ab. Die Bank of England korrigiert ihre zurückhaltenden Vorhersagen und prognostiziert für 2017 ein Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent. Vor drei Monaten war sie noch von 0,8 Prozent ausgegangen. Für Deutschland prognostiziert die OECD nur magere 1,3 Prozent. Bei einer für das kommende Jahr geplanten Ausweitung der Staatsausgaben von 2,9 Prozent faktisch ein Minuswert von 1,6 Prozent.
Eine Ursache des besseren britischen Abschneidens liegt daran, dass der von der Politik ersehnte Investitionsboykott, der Austrittsnachahmer abschrecken sollte, von vielen Firmen nicht beachtet wird. Laut offiziellen Erhebungen sind die Investitionen von Unternehmen in den ersten drei Monaten nach dem Referendum nicht wie gewünscht gefallen, sondern gestiegen. Das Gremium der Fertigungsindustrie EEF spricht zum Beispiel davon, dass die Branche derzeit die „lebendigsten Entwicklungen seit anderthalb Jahren“ erfahre. Viele britische und internationale Unternehmen nutzten die Chance und investierten oder planten neue Stellen. Erst in den letzten Wochen hatten Branchengrößen wie Facebook und Google angekündigt, neue Stellen in Großbritannien schaffen zu wollen.
Ein Problem für ein seit einem Jahrzehnt nicht auf einen Wachstumspfad findendes Europa, das vor seiner Tür kein Beispiel dafür brauchen kann, dass es sich ohne europäische Lösungen besser wirtschaften lässt. Fällt der Weltuntergang aus, als der der Brexit wie ein Menetekel herumgereicht wurde, stärkt das die gern "europafeindlich" genannten EU-kritischen Kräfte.
Großbritannien wird zum Schatten an der Wand, der auf den ganzen Kontinent fällt: Das Königreich ist raus aus der Gemeinschaft. Und nimmt doch mehr Einfluss auf die EU als je zuvor.
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