Für die Meinungsbühne: Kampf gegen "Hetze" ist in. |
Inmitten seiner "Zeit"-Kollegen wirkt der Bundesrichter Thomas Fischer seit Jahr und Tag wie ein ernsthafter Wissenschaftler auf einem Wahrsagerkongress. Fischer pflegt das offene Wort, das sich, ungewöhnlich in diesen Zeiten, an der Realität misst. Er ist nie opportunistisch, er folgt einer inneren Richtschnur, die es ihm zu verbieten scheint, die unter der Mehrheit seiner Teilzeit-Kollegen gängigen Ansichten zu schätzen, nur weil sie von der Mehrheit für alternativlos gehalten werden.
Fischer ist zudem geschwätzig. In Zeiten der Sieben-Zeilen-Meldung, die den werbetechnisch lukrativen Primärklick auf die Leitmedienhomepage auslösen soll, nachdem sich der schlagartig uninteressant gewordene Leser dann auch schnell wieder verkrümeln kann, liefert Thomas Fischer zuverlässig halbe Bücher als Kolumne. Fischer braucht Zeit, Fischer lohnt meist jede Minute. Ein Mann, im wahrsten Sinne des Wortes aus der "Zeit" gefallen, den die transatlantische, zugleich aber antiamerikanische, hochtolerante, zugleich aber beispielhaft engstirnige Redaktion nur duldet, weil Fischer seinen Platz im Meinungsregal längst auch ohne die Tribüne der Verlagshomepage behaupten würde.
Das kommt davon, dass der frühere Schulabbrecher, Rockmusiker und Panzerjäger nicht mitspielt im allgemeinen Aufregungsbingo. Sondern Irrsinn Irrsinn, nackte Kaiser nackte Kaiser und peinliches Staatstheater peinliches Staatstheater nennt.
Wie jetzt den regierungsamtlich als Hauptaufgabe aller Parteien ausgerufenen "Kampf gegen Hate-Speech", der Thomas Fischer knapp und zutreffend "eines der vordringlichen Lückenfüllungsprogramme" nennt. Denn selbstverständlich ist Hass notwendig, wichtig und erlaubt und er wird es weiter bleiben. Fischer nennt das "eine jahrtausendealten Sublimations-Maschine", der nur eben gerade aus durchsichtigen politischen Gründen das Existenzrecht abgesprochen werden soll.
Nichts werde mehrvergeben, nichts werde verziehen, alles bleibe auf ewig halten, schreibt er. Und jeder dürfe Opfer sein oder sich als Opfer fühlen, die Gesellschaft damit unter Druck setzen, ihn mehr wertzuschätzen. Und damit das Beste für sich herausholen.
Dagegen spricht der Hass, auf Maasisch "Hate". "Hate" hat "Hass" ersetzt wie damals nach 2001 der "Muslim" den "Moslem" ersetzte. Mit der Umbenennung entfernte sich die "Hate-Speech-Debatte" stickum vom Leben: "Von "Hass"", meint Fischer, "kann unter den Menschen, die sich gegenseitig der Hate-Speech-bezichtigen, gar nicht die Rede sein. Hass, Liebe, Vertrauen, Nähe, Zartheit, Abstoßung, Verachtung, Verbundenheit: Das alles sind doch Emotionen zwischen lebendigen Personen."
Hass im Netz, das ist wie Liebe literarischer Personen in einem Buch. Aufgeschrieben. Nicht lebendig. "Wer seine Wirklichkeit auf einem Smartphone lebt, hat zwar die Alternativen "Hate" und "Love", also eine extreme Beschränkung der menschlichen kommunikativen Möglichkeiten, als angebliche Konsequenz ihrer extremsten Ausweitung ins Unermessliche und Ewige, also den puren Blödsinn", sinniert Fischer. Jeder Schimpanse im Zoo habe zehnmal mehr emotionale Lernmomente als ein Redakteur auf Twitter, denn dieser müsse den "Hass", den er zu meinen meint, erst einmal neu erfinden: "Die zerstörerische, gewalttätige Emotion muss in ein Wort-Bett gebracht werden, das der extrem reduzierten intellektuellen Potenz genügt."
Wer mit deftigen Äußerungen leben muss, lernt auch, mit ihnen zu leben. Wem dies vom Staat erspart werden soll, der wird dünnhäutig, seine Empfindlichkeit nimmt, immer neue Worte dürfen nicht gesagt, nicht geschrieben, nicht gedacht werden. Und Ersatz muss her, der auch wieder verschleißt.
Früher hingegen? "Der Genscher ist eine armenische Mischung aus marokkanischem Teppichhändler, türkischem Rosinenhändler, griechischem Schiffsmakler und jüdischem Geldverleiher und ein Sachse", sagte einst (1978) Herr Strauß über einen amtieren Minister. Und ein Fraktionsvorsitzender sagte zu einem Redner: "Waschen Sie sich erst mal! Sie sehen ungewaschen aus! Sie sind ein Schwein, wissen Sie das?"
"Heutzutage", fasst Thomas Fischer zusammen, "wären das natürlich lauter Verbrecher: Hate-Speecher der schlimmsten Sorte, geschäftsmäßig und im besonders schweren Fall. Ganze Kreiskrankenhäuser müssten erbaut werden zur Therapierung ihrer schwer traumatisierten Opfer."
Wie das komme? Wer das verantworte? Wo führt das hin? "Das Bett heißt "Mainstream"", argwöhnt der Bundesrichter. Der säusele dahin ein lauwarmer Wind. Niemand wolle dazugehören. Aber alle seien danach süchtig. "Wer war früher am Thema? Wer hat Klicks, von wem auch immer?"
Die ganze Kolumne steht hier.
Fischer ist zudem geschwätzig. In Zeiten der Sieben-Zeilen-Meldung, die den werbetechnisch lukrativen Primärklick auf die Leitmedienhomepage auslösen soll, nachdem sich der schlagartig uninteressant gewordene Leser dann auch schnell wieder verkrümeln kann, liefert Thomas Fischer zuverlässig halbe Bücher als Kolumne. Fischer braucht Zeit, Fischer lohnt meist jede Minute. Ein Mann, im wahrsten Sinne des Wortes aus der "Zeit" gefallen, den die transatlantische, zugleich aber antiamerikanische, hochtolerante, zugleich aber beispielhaft engstirnige Redaktion nur duldet, weil Fischer seinen Platz im Meinungsregal längst auch ohne die Tribüne der Verlagshomepage behaupten würde.
Das kommt davon, dass der frühere Schulabbrecher, Rockmusiker und Panzerjäger nicht mitspielt im allgemeinen Aufregungsbingo. Sondern Irrsinn Irrsinn, nackte Kaiser nackte Kaiser und peinliches Staatstheater peinliches Staatstheater nennt.
Wie jetzt den regierungsamtlich als Hauptaufgabe aller Parteien ausgerufenen "Kampf gegen Hate-Speech", der Thomas Fischer knapp und zutreffend "eines der vordringlichen Lückenfüllungsprogramme" nennt. Denn selbstverständlich ist Hass notwendig, wichtig und erlaubt und er wird es weiter bleiben. Fischer nennt das "eine jahrtausendealten Sublimations-Maschine", der nur eben gerade aus durchsichtigen politischen Gründen das Existenzrecht abgesprochen werden soll.
Nichts werde mehrvergeben, nichts werde verziehen, alles bleibe auf ewig halten, schreibt er. Und jeder dürfe Opfer sein oder sich als Opfer fühlen, die Gesellschaft damit unter Druck setzen, ihn mehr wertzuschätzen. Und damit das Beste für sich herausholen.
Dagegen spricht der Hass, auf Maasisch "Hate". "Hate" hat "Hass" ersetzt wie damals nach 2001 der "Muslim" den "Moslem" ersetzte. Mit der Umbenennung entfernte sich die "Hate-Speech-Debatte" stickum vom Leben: "Von "Hass"", meint Fischer, "kann unter den Menschen, die sich gegenseitig der Hate-Speech-bezichtigen, gar nicht die Rede sein. Hass, Liebe, Vertrauen, Nähe, Zartheit, Abstoßung, Verachtung, Verbundenheit: Das alles sind doch Emotionen zwischen lebendigen Personen."
Hass im Netz, das ist wie Liebe literarischer Personen in einem Buch. Aufgeschrieben. Nicht lebendig. "Wer seine Wirklichkeit auf einem Smartphone lebt, hat zwar die Alternativen "Hate" und "Love", also eine extreme Beschränkung der menschlichen kommunikativen Möglichkeiten, als angebliche Konsequenz ihrer extremsten Ausweitung ins Unermessliche und Ewige, also den puren Blödsinn", sinniert Fischer. Jeder Schimpanse im Zoo habe zehnmal mehr emotionale Lernmomente als ein Redakteur auf Twitter, denn dieser müsse den "Hass", den er zu meinen meint, erst einmal neu erfinden: "Die zerstörerische, gewalttätige Emotion muss in ein Wort-Bett gebracht werden, das der extrem reduzierten intellektuellen Potenz genügt."
Wer mit deftigen Äußerungen leben muss, lernt auch, mit ihnen zu leben. Wem dies vom Staat erspart werden soll, der wird dünnhäutig, seine Empfindlichkeit nimmt, immer neue Worte dürfen nicht gesagt, nicht geschrieben, nicht gedacht werden. Und Ersatz muss her, der auch wieder verschleißt.
Früher hingegen? "Der Genscher ist eine armenische Mischung aus marokkanischem Teppichhändler, türkischem Rosinenhändler, griechischem Schiffsmakler und jüdischem Geldverleiher und ein Sachse", sagte einst (1978) Herr Strauß über einen amtieren Minister. Und ein Fraktionsvorsitzender sagte zu einem Redner: "Waschen Sie sich erst mal! Sie sehen ungewaschen aus! Sie sind ein Schwein, wissen Sie das?"
"Heutzutage", fasst Thomas Fischer zusammen, "wären das natürlich lauter Verbrecher: Hate-Speecher der schlimmsten Sorte, geschäftsmäßig und im besonders schweren Fall. Ganze Kreiskrankenhäuser müssten erbaut werden zur Therapierung ihrer schwer traumatisierten Opfer."
Wie das komme? Wer das verantworte? Wo führt das hin? "Das Bett heißt "Mainstream"", argwöhnt der Bundesrichter. Der säusele dahin ein lauwarmer Wind. Niemand wolle dazugehören. Aber alle seien danach süchtig. "Wer war früher am Thema? Wer hat Klicks, von wem auch immer?"
Die ganze Kolumne steht hier.
http://www.gleichberechtigt.eu/gleichberechtigt-kinder-1000-euro.pdf
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