Jubel allüberall! Das Volk im Rausch purer Freude, erleichtert, begeistert, glücklich. Eine große Krise ist abgewendet, die Frage aller Fragen, die jeden Bürger*in mehr und mehr quälte, beantwortet: Frank-Walter Steinmeier soll der nächste Bundespräsident werden. Und es gilt der Satz: Amt und Kandidat sind wie füreinander gemacht. Seine Wahl ist alternativlos. Die große Koalition, innerlich und inhaltlich ausgezehrt, hat niemand anderen.
Steinmeier, der den künftigen US-Präsidenten Donald Trump eben noch als „Hassprediger“ auszeichnete, weil er glaubte, der würde die Wahl schon nicht gewinnen, vereint in seiner Person alle Eigenschaften, die in Zeiten schwindenden Lichts als wichtig für einen erfolgreichen Kompromiss zur Kandidatur für eine ungeliebte Präsidentschaft gelten. Er war immer da, aber meistens still. Er verwaltet sein Amt, auf dass er selbst keinen Schaden nehme.
Steinmeier, ein Politiker des Typs Nurdabeistattmittendrin, ist genau der Richtige für den vakanten Posten, den niemand will: Zuvor hatte die CDU keinen eigenen Kandidaten gefunden, die SPD war bei Margot Käßmann abgeblitzt, die Grünen hatten ihren Ministerpräsident Kretschmann nach Berlin abschieben wollen, der aber lehnte auch ab.
Nun also Steinmeier, ein lauwarmer Mann des Ausgleichs, weltoffen, weißhaarig, einst zweiter Mann hinter Schröder, dessen Sprechweise er heute noch imitiert. Steinmeier kann Unschlüssigkeit als Besonnenheit und kaltes Blut als Nachdenklichkeit ausgeben, er ist international respektiert, weil er aus Deutschland kommt, und daheim beliebt, weil alle anderen gegen ihn noch provinzieller, dicker, undisziplinierter, unkultivierter und schlecht erzogener wirken.
Die Große Koalition setzt mit seiner Nominierung bewusst ein Zeichen: Steinmeier, wegen dem Murnat Kurnaz unschuldig in Haft saß, Steinmeier, der immer davon wusste, dass US-Geheimdienste in Deutschland schlimmer spionierten als zu Hause, weil er es ja gewesen war, der die Zusammenarbeit von BND und NSA schon 2002 abgesegnete. Steinmeier, der Bürokrat mit dem Charisma eines Aktenschrankes, der fast noch lebendige Gegenentwurf zur Emotionalität des US-Populisten Donald Trump, der Mann der kühlen Vernunft, dem nur gelegentlich die Pferde durchgehen. Der dann aber sagt: Wir haben nie geglaubt, dass der US-Nachrichtendienst die Meldungen der BND-Agenten in sein Poesiealbum kleben würde.
Dieser Steinmeier wird nun zum Präsidentschaftskandidaten einer großen Koalition, die sich nur auf Notoperationen einigen kann. Der „Spiegel“ lobt ihn als jemanden, der zumindest keiner sei, „der gegen Ausländer hetzt und allen alles verspricht“, sondern „ein überzeugter Demokrat, berechenbar und seriös“. Für die „Welt“ kommt der Wechsel aufs Altenteil des Schlosses Bellevue gerade recht, weil eine US-Administration Trump dem deutschen Außenminister vielleicht doch nachgetragen hätte, dass er ihren Präsidenten als Hassprediger bezeichnet hatte, als er noch glaubte, er werde es nicht werden.
Steinmeier hat die Gewähr, dass er es wird. Im Gegensatz zur US-Demokratie, die aus deutscher Sicht die Schwäche hat, auch Überraschungen zuzulassen, einigt man sich hierzulande bei der Präsidentenwahl vorher und hinter verschlossenen Türen. Das Volk bekommt die Ergebnisse mitgeteilt, begleitet vom Klatschen der Presseorgane.
Natürlich ist der deutsche Präsident nicht mit dem US-Präsidenten zu vergleichen. Das Staatsoberhaupt wirkt hierzulande weniger durch die Tat, sondern mehr durch das Wort. Aber gerade in Zeiten, in denen der politische Meinungskampf schärfer wird und in denen "trumpistische" Parteien auch in Europa mit simplen Parolen Stimmung machen, ist diese Funktion nicht zu unterschätzen. Steinmeier scheint in der Lage, in seiner westfälisch-ruhigen Art wie eine Schlaftablette manch Aufgeregtheit befrieden zu können.
Man hört ihn schon sagen: „Meine Damen und Herren, liebe Hengstinnen, Gestaltwandler und Hochqualizierte, liebe LBGHT-Mensch*innen und Neuzuunsgekommene, ich freue mich, heute bei ihnen sein zu dürfen und zu sehen, wie hier engagiert gedacht/geholfen/geforscht/gearbeitet (jeweils einzusetzen) wird.“
Es werden große Momente, wenn Steinmeier, dem jeder alles abnimmt, seit er über sein Wissen um die NSA-Aktionen in Deutschland so überzeugend Nichtwissen simulierte, so deutlich macht, wem soll man noch glauben kann, was geglaubt werden darf, was richtig ist und was falsch. Der Präsident muss Orientierung geben, er muss ein Vorbild sein. Dieser wird das können, denn er hat in seinen vielen Jahren als Autor der vom Verfassungsschutz beobachteten Linkspostille „Demokratie und Recht“, als Referent für Medienrecht und rechte Hand von Gerhard Schröder, als Staatssekretär für die Geheimdienste, Kanzleramtschef, Hartz-4-Reformer und Außenminister bewiesen, dass er überall durchkommt, ohne bleibenden Schaden zu nehmen. Steinmeier ist, schreibt der „Spiegel“, ein „überzeugter Antinationalist“. Ihn ins höchste Staatsamt einer Nation zu hieven, zeugt von Angela Merkels auch in schweren Stunden ungetrübten Humor.
Zugleich ist die Entscheidung für Steinmeier ein Sieg der kalten Vernunft über die Logik eines „Wettbewerbs“ um den besten Kandidaten, der doch nur denen nützen würde, die das ganze System ablehnen. Längst sind CDU und SPD so nahe zueinandergerückt, dass es völlig unwesentlich ist, ob der gemeinsame Kandidat von der einen oder von der anderen Seite vorgeschlagen wird. Angela Merkel und Horst Seehofer haben den Auswahlprozess, der der Bevölkerung den Eindruck vermitteln soll, es ginge hier um etwas, denn auch nicht künstlich in die Länge, sondern geben sich einen Ruck und stimmen der Nominierung des SPD-Manns zu.
Natürlich kann man jetzt wieder darüber diskutieren, ob dies eine Niederlage für die Demokratie ist. Aber so sehr das erlaubt wäre, so sehr verbietet es sich. „Letztlich haben alle Beteiligten gewonnen“, lobt auch der „Spiegel“. Hier zeige sich ein weiteres Mal, dass die sogenannte politische Elite besser sei als ihr Ruf, das hätten „die Koalitionäre dies ihren Wähler wieder einmal kraftvoll vor Augen“ geführt. Steinmeier rettet so vielleicht nicht nur die Würde des höchsten Staatsamtes, sondern auch die so erfolgreiche große Koalition. Er ist ein würdiger Nachfolger für Joachim Gauck, der selbiges seinerzeit in der Wulff-Krise zustandegebracht hatte.
Steinmeier also. Die Schnee-Eule der Arbeiterbewegung.
Steinmeier, der den künftigen US-Präsidenten Donald Trump eben noch als „Hassprediger“ auszeichnete, weil er glaubte, der würde die Wahl schon nicht gewinnen, vereint in seiner Person alle Eigenschaften, die in Zeiten schwindenden Lichts als wichtig für einen erfolgreichen Kompromiss zur Kandidatur für eine ungeliebte Präsidentschaft gelten. Er war immer da, aber meistens still. Er verwaltet sein Amt, auf dass er selbst keinen Schaden nehme.
Steinmeier, ein Politiker des Typs Nurdabeistattmittendrin, ist genau der Richtige für den vakanten Posten, den niemand will: Zuvor hatte die CDU keinen eigenen Kandidaten gefunden, die SPD war bei Margot Käßmann abgeblitzt, die Grünen hatten ihren Ministerpräsident Kretschmann nach Berlin abschieben wollen, der aber lehnte auch ab.
Nun also Steinmeier, ein lauwarmer Mann des Ausgleichs, weltoffen, weißhaarig, einst zweiter Mann hinter Schröder, dessen Sprechweise er heute noch imitiert. Steinmeier kann Unschlüssigkeit als Besonnenheit und kaltes Blut als Nachdenklichkeit ausgeben, er ist international respektiert, weil er aus Deutschland kommt, und daheim beliebt, weil alle anderen gegen ihn noch provinzieller, dicker, undisziplinierter, unkultivierter und schlecht erzogener wirken.
Die Große Koalition setzt mit seiner Nominierung bewusst ein Zeichen: Steinmeier, wegen dem Murnat Kurnaz unschuldig in Haft saß, Steinmeier, der immer davon wusste, dass US-Geheimdienste in Deutschland schlimmer spionierten als zu Hause, weil er es ja gewesen war, der die Zusammenarbeit von BND und NSA schon 2002 abgesegnete. Steinmeier, der Bürokrat mit dem Charisma eines Aktenschrankes, der fast noch lebendige Gegenentwurf zur Emotionalität des US-Populisten Donald Trump, der Mann der kühlen Vernunft, dem nur gelegentlich die Pferde durchgehen. Der dann aber sagt: Wir haben nie geglaubt, dass der US-Nachrichtendienst die Meldungen der BND-Agenten in sein Poesiealbum kleben würde.
Dieser Steinmeier wird nun zum Präsidentschaftskandidaten einer großen Koalition, die sich nur auf Notoperationen einigen kann. Der „Spiegel“ lobt ihn als jemanden, der zumindest keiner sei, „der gegen Ausländer hetzt und allen alles verspricht“, sondern „ein überzeugter Demokrat, berechenbar und seriös“. Für die „Welt“ kommt der Wechsel aufs Altenteil des Schlosses Bellevue gerade recht, weil eine US-Administration Trump dem deutschen Außenminister vielleicht doch nachgetragen hätte, dass er ihren Präsidenten als Hassprediger bezeichnet hatte, als er noch glaubte, er werde es nicht werden.
Steinmeier hat die Gewähr, dass er es wird. Im Gegensatz zur US-Demokratie, die aus deutscher Sicht die Schwäche hat, auch Überraschungen zuzulassen, einigt man sich hierzulande bei der Präsidentenwahl vorher und hinter verschlossenen Türen. Das Volk bekommt die Ergebnisse mitgeteilt, begleitet vom Klatschen der Presseorgane.
Natürlich ist der deutsche Präsident nicht mit dem US-Präsidenten zu vergleichen. Das Staatsoberhaupt wirkt hierzulande weniger durch die Tat, sondern mehr durch das Wort. Aber gerade in Zeiten, in denen der politische Meinungskampf schärfer wird und in denen "trumpistische" Parteien auch in Europa mit simplen Parolen Stimmung machen, ist diese Funktion nicht zu unterschätzen. Steinmeier scheint in der Lage, in seiner westfälisch-ruhigen Art wie eine Schlaftablette manch Aufgeregtheit befrieden zu können.
Man hört ihn schon sagen: „Meine Damen und Herren, liebe Hengstinnen, Gestaltwandler und Hochqualizierte, liebe LBGHT-Mensch*innen und Neuzuunsgekommene, ich freue mich, heute bei ihnen sein zu dürfen und zu sehen, wie hier engagiert gedacht/geholfen/geforscht/gearbeitet (jeweils einzusetzen) wird.“
Es werden große Momente, wenn Steinmeier, dem jeder alles abnimmt, seit er über sein Wissen um die NSA-Aktionen in Deutschland so überzeugend Nichtwissen simulierte, so deutlich macht, wem soll man noch glauben kann, was geglaubt werden darf, was richtig ist und was falsch. Der Präsident muss Orientierung geben, er muss ein Vorbild sein. Dieser wird das können, denn er hat in seinen vielen Jahren als Autor der vom Verfassungsschutz beobachteten Linkspostille „Demokratie und Recht“, als Referent für Medienrecht und rechte Hand von Gerhard Schröder, als Staatssekretär für die Geheimdienste, Kanzleramtschef, Hartz-4-Reformer und Außenminister bewiesen, dass er überall durchkommt, ohne bleibenden Schaden zu nehmen. Steinmeier ist, schreibt der „Spiegel“, ein „überzeugter Antinationalist“. Ihn ins höchste Staatsamt einer Nation zu hieven, zeugt von Angela Merkels auch in schweren Stunden ungetrübten Humor.
Zugleich ist die Entscheidung für Steinmeier ein Sieg der kalten Vernunft über die Logik eines „Wettbewerbs“ um den besten Kandidaten, der doch nur denen nützen würde, die das ganze System ablehnen. Längst sind CDU und SPD so nahe zueinandergerückt, dass es völlig unwesentlich ist, ob der gemeinsame Kandidat von der einen oder von der anderen Seite vorgeschlagen wird. Angela Merkel und Horst Seehofer haben den Auswahlprozess, der der Bevölkerung den Eindruck vermitteln soll, es ginge hier um etwas, denn auch nicht künstlich in die Länge, sondern geben sich einen Ruck und stimmen der Nominierung des SPD-Manns zu.
Natürlich kann man jetzt wieder darüber diskutieren, ob dies eine Niederlage für die Demokratie ist. Aber so sehr das erlaubt wäre, so sehr verbietet es sich. „Letztlich haben alle Beteiligten gewonnen“, lobt auch der „Spiegel“. Hier zeige sich ein weiteres Mal, dass die sogenannte politische Elite besser sei als ihr Ruf, das hätten „die Koalitionäre dies ihren Wähler wieder einmal kraftvoll vor Augen“ geführt. Steinmeier rettet so vielleicht nicht nur die Würde des höchsten Staatsamtes, sondern auch die so erfolgreiche große Koalition. Er ist ein würdiger Nachfolger für Joachim Gauck, der selbiges seinerzeit in der Wulff-Krise zustandegebracht hatte.
Steinmeier also. Die Schnee-Eule der Arbeiterbewegung.
Tja, liebes PPQ, was denn nun? Dröge Null und gerissener Dolchstoßer zusammen geht nicht.
AntwortenLöschenDer Mann ist ein eiskalter Machtmensch, der es versteht, seine Eiseskälte als Besonnenheit zu tarnen. Dabei ist die Zahl der Gegenbeweise Legion. Niemand hält sich solange da oben, der nicht weiß, wie man sich oder etwas durchsetzt. Und lange hatte er auch begriffen, dass er für die erste Reihe nicht taugt. Bis er sich, wieder ganz Funktionär, breitschlagen ließ, Kanzler werden zu wollen und fast die gerechte Strafe bekommen hätte.
Was der als Außenminister eigentlich getan hat, weiß wohl nicht einmal sein persönlicher Referent. Auf seinem Grabstein wird stehen, er hat gemahnt und gewarnt. Vielleicht noch irgendwas mit Besonnenheit. Bleiben wird Anderes: Wer aussieht wie eine Eule, ist lange noch nicht weise.
Als Außenpolitiker: Ständig durch die Weltgeschichte gereist, um zu warnen und zu mahnen, Besorgnis zu äußern und sonstige Allgemeinplätzchen und Sedativa zu verteilen.
AntwortenLöschenGebacken bekommen hat er: nichts. Minsk I danebengelungen, Minsk II danebengelungen usw. ad nauseam. Als Chefdiplomat: allein schon durch sein Verhalten in der causa Trump blamiert und diskreditiert, gleichzeitig dem Ansehen unseres Landes großen Schaden zufügend. Fazit: Ich habe nichts gegen Oberregierungsräte,so sie auf ihrem Dienstposten loyale und gute Arbeit tun. Von einem deutschen Außenminister, erst recht Bundespräsidenten, erwarte ich allerdings eine etwas andere Statur als das Aussehen, die intellektuelle Befähigung, das sprachliche Ausdrucksvermögen und das Charisma eines Oberregierungsrates.
Nur für das Protokoll:
AntwortenLöschen"Steinmeier, der den künftigen US-Präsidenten Donald Trump eben noch als „Hassprediger“ auszeichnete, weil er glaubte, der würde die Wahl schon nicht gewinnen ..."
In der ZDF-Wahlsondersendung nach der "heute"-Sendung hat Herr Steinmeier noch einmal ausdrücklich betont, dass er seine Wortwahl nicht für unangebracht halte.
Partner beleidigen - Despoten die Füße küssen.
Die Deutschen haben in Herrn Steinmeier schon einen gefunden, der sie sehr gut repräsentiert...
Cher Monsieur Riepe,
AntwortenLöschenIhre freundliches Einverständnis präsumierend, erlaube ich mir, Ihr obenstehendes Posting als kurzen Gastkommentar auf meinem Blog zu bringen*)
Chapeau!
LePenseur
---
*) wenn Sie das nicht möchten, ersuche ich um kurze Mitteilung (entweder gleich hier, oder auf meinem Blog). Dann wird das natürlich gelöscht.
Enchanté de faire votre connaissance, Monsieur LePenseur, et naturellement: d'accord !
AntwortenLöschenDas ganze Amt erscheint mir völlig überflüssig. Abschaffen, Grundgesetz ändern: Staatsoberhaupt ist das Volk. Fertig. Millionen gespart.
AntwortenLöschenWer braucht einen Vorzeigeonkel beim sonntäglichen Kirchenbesuch, als Testbild im Fernsehen, um stets entweder zu lächeln oder debil mahnend dreinzublicken und um im Ausland Canapés zu vertilgen?
@ Frolleinwunder: Wir sind Nackte in einer Wüste, in der es von Schlangen und Skorpione wimmelt. (Geklaut...) - Und von Cuckservativen.
AntwortenLöschenHalbgott in Weiß
So lange wir so viel Zeit und Energie damit verschwenden, einen Hohlkörper wie Steinmeier zu charakterisieren, wird uns die für wichtige politische Aktionen fehlen.
AntwortenLöschenAußerdem ist ein Steinmeier nicht das Problem, sondern die Massen an Steinmeiers, die im deutschen Einheitsbreiwohnzimmern dazu ihr treudoofes Jawoll nicken.