Trommeln gehört zum Handwerk und Gegenwind erhöht die eigene Laustärke. Der schweizerische Kabarettist Andreas Thiel hat diese Regel verinnerlicht und zu nutzen versucht: Mit kontroversen Aussagen zum Koran, den er als "Aufruf zur Gewalt, eine Anleitung für Krieg und Unterdrückung" bezeichnete, hat Thiel vor einem Jahr Aufsehen erregt. Anschließend endete seine Karriere, wie er jetzt in der Neuen Zürcher Zeitung bekannte.
"In einer Gesellschaft, in der einem alles, was man sagt, auf möglichst negative Weise ausgelegt wird, ist es schwierig, seine Meinung zu äussern", sagt Thiel. Er selbst scheine seit seiner Islam-Kritik "mehr Feinde zu haben, als der Karriere eines Künstlers bekömmlich ist". Theater lüden ihn aus, Kollegen schnitten ihn, Veranstalter lösten Verträge. Er selbst gelte inzwischen als Rassist und Antisemit und fungiere in Ermangelung von Rassisten und Antisemiten in der Schweiz stellvertretend als Zielschiebe für den Anti-Rasismuskampf seiner Künstlerkollegen. "Wenn Menschen an eine Steinigung geraten, begeben sie sich sofort alle auf die Seite der Steinewerfer", beschreibt Andreas Thiel, was ihm widerfahren ist.
Warum? Er hat offenbar gegen eine Grundabsprache der modernen Medienarbeit verstoßen. "Man sucht verzweifelt eine Sprachregelung, die nicht negativ ausgelegt werden kann", glaubt Thiel. Diese Sprachregelung heisse Political Correctness und gründe "auf der falschen Annahme, dass nicht unterschiedliche Standpunkte Differenzen schaffen, sondern falsche Formulierungen".
Die Sprachpolizei ist immer dabei, selbst in der vermeintlich noch so freien Schweiz. Provoziere den Konsens, und das, was Thiel "Rede- und Denkverbot" nennt, schlägt über dir zusammen. Thiel fühlt sich "medial gelyncht", als Opfer einer Rufmordkampagne, er habe immer noch "die ganze Theaterszene und somit viele meiner Freunde gegen mich".
Obwohl der Wind sich gedreht hat und der Mainstream jetzt weiter rechts fließt. Korankritik und Forderungen nach einem modernen Islam gehören längst zum Standardrepertoire im Auflagenkampf wie Grenzschließungen und Mauerbau zur politischen Abwehrschlacht gegen ruchlose Populisten.
Die "Weltwoche" nennt den Koran heute die "Bibel der Gewalt", eine harmlose Talkshow-Islamistin sorgt für Empörungswellen quer durch die linke Zeitungslandschaft. Niemals war so viel Islam-Bashing, wurde die schwarze Frau im dunklen Tuch so einhellig als Gottseibeiuns verflucht und ihr bekenntnis zu Frauenrechten im Islam als IS-Propagandadenunziert.
Alle sind Andreas Thiel und kaum noch zu hören die wenigen mutigen Stimmen, die ein Land sich ändern sehen, und zwar drastisch. Und sich darauf freuen.
Der Artikel lässt mich irgendwie ratlos zurück mit einer Frage: Was hat der Autor denn nun eigentlich für These vertreten, die ihn als Rassismus unterstellt werden?
AntwortenLöschenIch kann mir vorstellen, dass öffentliche Verhetzung auch in der Schweiz in irgendeiner Form strafbar ist. Dennoch scheint seine "Anklage" nur aus Aussagen von Privatleuten über ihn zu bestehen.
Also geht es mehr um eine Haltung, was es im Zweifelsfall nicht besser macht.
"Obwohl der Wind sich gedreht hat und der Mainstream jetzt weiter rechts fließt."
Ich kann dem nicht ganz folgen. Minaretten-Verbot gab es schon viel, viel früher in der Schweiz und Islamkritik existierte schon seit 9/11. Insofern glaube ich, dass sowohl der Autor des Blogs die Lage falsch einschätzt als auch Hr Thile seine Bedeutung als zu groß einstuft.
Aus meiner eigenen religionskritischen Phase kann ich bestätigen, dass manche Anhänger des Islams das Talent haben, im Nachhinein (!) alle Erkenntnisse der Naturwissenschaften auch im Koran zu finden, aus der selben Phase erinnere ich mich auch an manche Auslassungen des Christentums. Doch zugegeben: Die Christen, die sowas behaupten, nimmt man im Mainstream im Grunde nicht mehr ernst.
Was übrig geblieben ist, ist die Behauptung, die Werte unserer Gesellschaft basieren auf den Christentum.
Früher hätte ich das angesichts mancher Bibel-Zitate für absurd abgetan, doch heute erkenne ich an, dass einige christliche Strömungen in den vergangenen Jahrhunderten einen positiven Einfluss auf die Menschheit gehabt haben, z. B. die Quäker. Im Islam soll es mit den Suffis ähnliche Strömungen geben.
Natürlich unterscheiden sich der Islam und das Christentum in wesentlichen Punkten. Deshalb kann eine Kritik auch an anderen Stellen ansetzen. Beim Christentum z. B. beim der Verbindung zwischen Alten und Neuen Testament. Auch soetwas wie Bibelkritik auf Basis einer historisch-kritischen Leseart gibt es zurzeit meines Wissens nur mit den heiligen Texten des Christentums.
Dass die meisten Anhänger einer Religion die heiligen Texte dieser Religion nicht lesen, ist ebenfalls eine korrekte Beobachtung. Oft stellt man fest, dass überhaupt keine tiefere Reflexion über Religion stattgefunden hat. Man wurde als islamisches, christliches oder buddhistisches Kind geboren, dann so erzogen und anschließend praktiziert man die Feiern und Rituale diesen Glaubens, ohne ihre Hintergründe zu kennen oder sich ihrer Bedeutung voll bewusst zu sein.
Das ist übrigens auch der Grund, warum der Atheist in Bezug auf die Auslegung der Religion oft so wirkt, wie ein Fundamentalist. Er nimmt die Schriften beim Wort, legt die wortwörtlich aus und prüft dann die Aussagen. Bestenfalls nimmt er noch einige historische Entwicklungen zur Kenntnis, z. B. beim Zinsverbot.
Nachtrag: Inzwischen habe ich den Link zum Beitrag in der Wirtschaftswoche gefunden...
Natürlich ist das kein Rassismus, was Herr Thiel vertritt. Das sind immer nur die Schlagworte, die verwendet werden, um Andersdenkende zu diffamieren. Siehe auch Sexismus, Xenophopie, Rechtsextremismus. Früher gabs mal Homophopie, aber das zieht nicht mehr, und prähistorisch konnte man auch als Kommunist beschimpft werden. Oder Jude. Oder Ketzer.
AntwortenLöschenDer Mainstream fließt nicht weiter rechts. Er passt nur seine Strömung so an, wie es opportun nötig ist. Die, die heute aktuell einen gemässigten Islam fordern, weil Anhänger dieses Glaubens hier Verbrechen begingen, klatschten letztes Jahr am Bahnhof.
Im aktuellen Meinungsklima gibts das Phänomen, dass von rechtlicher Seite aus kein Handlungsbedarf besteht, und doch gibts zahllose Fälle, wo bei unpassender Meinung die Leute von ihren Mitmenschen im vorauseilenden Gehorsam geschnitten werden. Sozial erledigt.
Was Herr Thiel besonders ankreidet, ist weniger der Koran, sondern dass man seinen Inhalt nicht ungeschminkt darstellen darf. Die Opportunisten dürfen ihre "Islamkritik" verbreiten, man kennt sich - sobald es jemand (Außenstehender) aber ernst meint, wird er medial gesteinigt. Und/oder als Künstler nicht mehr eingeladen. Siehe Pirincci.
Wie auch immer: Wer der erotischen Zoophilie mit Hühnern das Wort redet, wie ja Sascha Loco auch, sollte die Goschen nicht gar so weit aufreißen.
AntwortenLöschen