Ausgewogen und zugespitzt: Der Wutschreiber legt großen Wert darauf, seine Leser zu informieren. |
Der Wahlsieg des amerikanischen Populisten Donald Trump ist ihre größte Niederlage, schließlich hatten sie Trump anderthalb Jahre lang totgeschrieben, begraben und für verrottet erklärt. Doch im Gewerbe des Wutschreibers zählt nie, was gestern war, keine Analyse, keine Prognose, kein Kommentar bindet den, der ihn aus seiner Feder gequetscht hat, um die Welt nach seinem Bild zu formen. Ganz im Gegenteil: Wird der Wutschreiber von der Wirklichkeit enttäuscht, verdoppelt, ja, verdreifacht er seine Anstrengungen, seine Lautstärke, die Zahl seiner Flüche, die Bedingungslosigkeit seiner Urteile. Dann keift er von "Faschisten", sieht Hitler allerorten und setzt demokratisch gewählte Politiker mit dem Bösesten der Bösen gleich.
Der Fall Trump, der Demut hätte wecken müssen in den Großraumbüros der Sende- und Schreibanstalten, wird zum Großalarm für die, die alles vorher wussten und nun eigentlich ganz, ganz still sein müssten, weil sie gar nichts wussten. Doch der Wutschreiber kann nicht still sein, keinen Moment. Er muss verurteilen, mahnen, empfehlen, klatschen, verdammen, herabwürdigen, gleichsetzen, schimpfen und toben. Er bricht mit der bürgerlichen Tradition, dass zur politischen Mitte auch eine innere Mitte gehört, also Gelassenheit, Contenance.
Der Wutschreiber buht, schreit, hasst. Er ist grün, links, fortschrittlich, immer auf der Seite des Guten, sei es Klima, Frieden, Gerechtigkeit oder Käfer. Er ist gutsituiert, nicht mehr jung. Früher war er staatsfeindlich, jetzt ist er zutiefst empört über das Volk, das politikfeindlich ist. Er zeigt Flagge dagegen, er legt fest, was gut und was schlecht ist, er ist der gutgekleidete Graukopf, der Pegida-Demonstranten die Outdoor-Klamotten nachrechnet und den obersten Pegida-Schreihals Bachmann nimmermüd "mehrfach vorbestrafter Einbrecher und Drogenhändler" nennt, weil sich dadurch doch irgendwann, beim zehn- oder hunderttausendsten Mal vielleicht, die Menschen abwenden werden von dem Demagogen. Bestimmt.
Wutschreiber ereifern sich nicht nur, sie geifern. Wie ein Sprudelbrunnen verspritzen sie das Gift der Herablassung gegen alle, die nicht ihrer Meinung sind. "Trump wird Hass liefern", wissen sie heute schon wie sie vorgestern wussten, dass Clinton ganz sicher gewinnen wird. "Wut, Hass und Desinformation" seien Trumps Geschäft. Da kennen sie sich aus.
Dass der Protest gegen die Regierung, die sie als die ihre begreifen, auch von Bürgerlichen getragen wird, darunter ehemalige CDU-Wähler, frühere Linke, Rentner und Ex-Kollegen, ist wie ein Dorn in ihrem Hintern. Sie haben doch dagegen angeschrieben, immer und immer wieder! Sie haben doch die Medienmacht! Und noch während die Auflagen ins Bodenlose fielen, haben sie sich stark gemacht für ihre Werte, den Energieausstieg, das Plastiktütenverbot, das Gendersternchen. Nun scheint alles nichts genützt zu haben. Die ganze Medienmacht verpufft.
Haben sie denn überhaupt noch Macht? Nur nicht darüber nachdenken. Lieber sich von der nackten Wut weitertreiben lassen, Tag für Tag, Woche für Woche in neue Gefechte gegen die alten Gegner. Eva Herman, Sarrazin, Wulff, Bachmann, Pirincci, Trump, Varoufakis, Pegida, AfD, Brexit, Johnson. Hasser, Hetzer, Zweifler ziehen ihn wie magisch an, er ist wild entschlossen, kein Fußbreit Boden preiszugeben, in fanatischer Gegnerschaft zu jedem, der ausschert, abweicht, kritisiert.
Ja, der Wutschreiber denkt an sich zuletzt, denn sein Gehalt kommt pünktlich. Seine Aufgabe ist es, die Zukunft der Gesellschaft zu sichern. Er vergisst nie, dass er die Demokratie trägt, dass keine Demokratie ohne ihn auskommen kann, dass sein Denken dem Bürger wie der Politik Richtschnur sein kann, ja, sein muss. Der Wutschreiber hat das Gefühl, die Mehrheit zu sein, weil seine Aufsätze mehr Menschen lesen als die von anderen. Dadurch kann er die Lage besser beurteilen, besser als normale Leute, besser auch als die Politik. Er ist die letzte Instanz, an ihm hängt das gesamte System. Das wird der Amerikaner ebenso begreifen müssen wie der deutsche Pegida-Anhänger.
Der Wutschreiber hat noch Hoffnung. Er hat zuletzt viel geschrieben, gegen die AfD, gegen die Rechtspopulisten, gegen Trump. Herausgekommen ist wenig, etwa so wenig wie aus Draghis Niedrigzinsen in Griechenland Aufschwung schwang. Wenn also die Medizin nicht hilft, dann braucht es mehr davon und noch mehr. Den Wutschreiber ärgert, dass Menschen sagen, sie glaubten ihm nicht mehr. Dass sie ihn "Lügenpresse" schimpfen. Das dürfen sie nicht, schreibt er in großen Aufsätzen. Denn das ist gemein. Der Wutschreiber will, dass alles so bleibt, wie es war. Dass man ihm glaubt. Dass er sagt, wo es langgeht. Er ordnet ein, er wichtet und wägt. War es nicht immer so?
Der Wutschreiber macht nicht mehr mit bei der Meckerei über die Regierung. Sind nicht die Minister so alt wie er? Aus demselben Milieu? Von denselben Universitäten? Seine Leute, manche duzt er gar. Er wird deshalb weiterkämpfen für seinen Staat, der nur den Bürgern fremd geworden ist, die seine Kolumnen nicht gelesen haben. Wenn er Trump schon nicht verhindern konnte, dann wird er ihm das Leben schwer machen, sehr schwer. Bis er ihn eines Tages weggeschrieben haben wird. Dann wird seine größte Niederlage nicht nur vergessen sein. Sondern ein Sieg.
Der Fall Trump, der Demut hätte wecken müssen in den Großraumbüros der Sende- und Schreibanstalten, wird zum Großalarm für die, die alles vorher wussten und nun eigentlich ganz, ganz still sein müssten, weil sie gar nichts wussten. Doch der Wutschreiber kann nicht still sein, keinen Moment. Er muss verurteilen, mahnen, empfehlen, klatschen, verdammen, herabwürdigen, gleichsetzen, schimpfen und toben. Er bricht mit der bürgerlichen Tradition, dass zur politischen Mitte auch eine innere Mitte gehört, also Gelassenheit, Contenance.
Der Wutschreiber buht, schreit, hasst. Er ist grün, links, fortschrittlich, immer auf der Seite des Guten, sei es Klima, Frieden, Gerechtigkeit oder Käfer. Er ist gutsituiert, nicht mehr jung. Früher war er staatsfeindlich, jetzt ist er zutiefst empört über das Volk, das politikfeindlich ist. Er zeigt Flagge dagegen, er legt fest, was gut und was schlecht ist, er ist der gutgekleidete Graukopf, der Pegida-Demonstranten die Outdoor-Klamotten nachrechnet und den obersten Pegida-Schreihals Bachmann nimmermüd "mehrfach vorbestrafter Einbrecher und Drogenhändler" nennt, weil sich dadurch doch irgendwann, beim zehn- oder hunderttausendsten Mal vielleicht, die Menschen abwenden werden von dem Demagogen. Bestimmt.
Wutschreiber ereifern sich nicht nur, sie geifern. Wie ein Sprudelbrunnen verspritzen sie das Gift der Herablassung gegen alle, die nicht ihrer Meinung sind. "Trump wird Hass liefern", wissen sie heute schon wie sie vorgestern wussten, dass Clinton ganz sicher gewinnen wird. "Wut, Hass und Desinformation" seien Trumps Geschäft. Da kennen sie sich aus.
Dass der Protest gegen die Regierung, die sie als die ihre begreifen, auch von Bürgerlichen getragen wird, darunter ehemalige CDU-Wähler, frühere Linke, Rentner und Ex-Kollegen, ist wie ein Dorn in ihrem Hintern. Sie haben doch dagegen angeschrieben, immer und immer wieder! Sie haben doch die Medienmacht! Und noch während die Auflagen ins Bodenlose fielen, haben sie sich stark gemacht für ihre Werte, den Energieausstieg, das Plastiktütenverbot, das Gendersternchen. Nun scheint alles nichts genützt zu haben. Die ganze Medienmacht verpufft.
Haben sie denn überhaupt noch Macht? Nur nicht darüber nachdenken. Lieber sich von der nackten Wut weitertreiben lassen, Tag für Tag, Woche für Woche in neue Gefechte gegen die alten Gegner. Eva Herman, Sarrazin, Wulff, Bachmann, Pirincci, Trump, Varoufakis, Pegida, AfD, Brexit, Johnson. Hasser, Hetzer, Zweifler ziehen ihn wie magisch an, er ist wild entschlossen, kein Fußbreit Boden preiszugeben, in fanatischer Gegnerschaft zu jedem, der ausschert, abweicht, kritisiert.
Ja, der Wutschreiber denkt an sich zuletzt, denn sein Gehalt kommt pünktlich. Seine Aufgabe ist es, die Zukunft der Gesellschaft zu sichern. Er vergisst nie, dass er die Demokratie trägt, dass keine Demokratie ohne ihn auskommen kann, dass sein Denken dem Bürger wie der Politik Richtschnur sein kann, ja, sein muss. Der Wutschreiber hat das Gefühl, die Mehrheit zu sein, weil seine Aufsätze mehr Menschen lesen als die von anderen. Dadurch kann er die Lage besser beurteilen, besser als normale Leute, besser auch als die Politik. Er ist die letzte Instanz, an ihm hängt das gesamte System. Das wird der Amerikaner ebenso begreifen müssen wie der deutsche Pegida-Anhänger.
Der Wutschreiber hat noch Hoffnung. Er hat zuletzt viel geschrieben, gegen die AfD, gegen die Rechtspopulisten, gegen Trump. Herausgekommen ist wenig, etwa so wenig wie aus Draghis Niedrigzinsen in Griechenland Aufschwung schwang. Wenn also die Medizin nicht hilft, dann braucht es mehr davon und noch mehr. Den Wutschreiber ärgert, dass Menschen sagen, sie glaubten ihm nicht mehr. Dass sie ihn "Lügenpresse" schimpfen. Das dürfen sie nicht, schreibt er in großen Aufsätzen. Denn das ist gemein. Der Wutschreiber will, dass alles so bleibt, wie es war. Dass man ihm glaubt. Dass er sagt, wo es langgeht. Er ordnet ein, er wichtet und wägt. War es nicht immer so?
Der Wutschreiber macht nicht mehr mit bei der Meckerei über die Regierung. Sind nicht die Minister so alt wie er? Aus demselben Milieu? Von denselben Universitäten? Seine Leute, manche duzt er gar. Er wird deshalb weiterkämpfen für seinen Staat, der nur den Bürgern fremd geworden ist, die seine Kolumnen nicht gelesen haben. Wenn er Trump schon nicht verhindern konnte, dann wird er ihm das Leben schwer machen, sehr schwer. Bis er ihn eines Tages weggeschrieben haben wird. Dann wird seine größte Niederlage nicht nur vergessen sein. Sondern ein Sieg.
Habe es hier kommentiert:
AntwortenLöschenhttps://www.q-software-solutions.de/blog/2016/11/nun-sind-ja-2-tage-ins-land-gegangen/
womit ich nur schreibe q.e.d
Ha ha....
AntwortenLöschenVerzweiflung und Verbitterung tropfen ja schon förmlich heraus.
Der Ewigmorgige, gutgekleidete Wutschreiber mit seinem Fischgrätparkett..... - bei ihm soll möglichst alles so bleiben wie es ist.
Aber wenn die Kritiker, Andersmeinenden, Ablehner [übersetzt: Hetzer, Hasser, Zweifler] etwas erhalten wollen wie es ist - dann sind sie Ewiggestrige.
- - - - - - -
*Hr. Willeke/'Zeit' offenbarte mit seinem 'Eppendorf-Syndrom' eine ungeheure Arroganz. "Wir, die Journalisten meinungsbildender Blätter..." ... "Natürlich stammt kaum jemand von uns aus einer Hartz-IV-Familie. Natürlich leben wir viel zu oft in denselben bürgerlichen Stadtteilen derselben Großstädte, in Berlin-Prenzlauer Berg oder in Hamburg-Eppendorf. Altbau, hohe Decken, Fischgrätparkett.“ Und natürlich tendieren „die Journalisten der großen Zeitungen […] stärker zum rot-grünen Milieu als die meisten Wähler." [Wähler übersetzt: der Pöbel]
> http://spiegelkritik.de/tag/journalismus/
Ebenso Sascha Lobo mit Offenbarungseid :)
AntwortenLöschenhttp://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/wahl-in-amerika-das-ende-unserer-gewissheiten-kolumne-a-1120465.html