Samstag, 19. November 2016

BND-Gesetz: Ein klaffendes Loch im Grundgesetz

Als im Zuge der illegalen Machenschaften des verräterischen NSA-Agenten Edward Snowden herauskam, dass amerikanische Geheimdienst deutsche Staatsbürger bis hin zur Kanzlerin selbst seit Jahrzehnten systematisch überwachen und ausspionieren, hatte die Bundesregierung ein Problem. Sie durfte nicht zugeben, dass es kein Mittel gibt, die geheimdienstliche Tätigkeit fremder Mächte auf deutschem Boden zu unterbinden, so lange man nicht bereit ist, die GSG 9 in amerikanische Kasernen zu schicken und den NSA-Chef mit Waffengewalt festzunehmen.

Sie durfte aber ebensowenig zugeben, dass sie es für völlig normal hält, dass US-Geheimdienste auf deutschen Boden systematisch gegen deutsches Recht verstoßen. Und sich dabei von deutschen Geheimdiensten helfen lassen, die mit Wissen und Billigung höchster Regierungsinstanzen deutsche Gesetze brechen.

Angela Merkel reagierte mit einem ihrer Kernsätze: "Spionieren unter Freuden, das geht gar nicht!", behauptete sie öffentlich. Anschließend wurde wie immer der getreue Peter Altmeier zum Krisenmanager ernannt. Altmeier ist so breit und hoch, dass er es leicht schafft, jede Krise auch ohne jedes Krisenmanagement aus dem Blick verschwinden zu lassen.

Der frühere Generalsekretär der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer enttäuschte seine Chefin nicht. Während er die große Vertrauenskrise in Fernsehrunden weglächelte, baute die Exekutive im Hintergrund an einer Illegalitätsbremse für die Machenschaften von Verfassungsschutz, BND und MAD.

Unter den Augen der Medien, die angesichts epochaler Probleme wie Pegida, Sachsen und Gruselclowns keine Kraft mehr hatten, sich auch noch um Nebensächlichkeiten wie die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger zu kümmern, bohrte die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD ein Loch ins Grundgesetz. Das erlaubt dem Auslandsgeheimdienst BND nun auch die Betätigung im Inland, die er immer schon betrieben hatte, nur eben ohne Genehmigung.

Was illegal war, wird nun legal, durch einen einfachen Trick: Künftig sind die Netzknotenpunkte auf deutschem Staatsgebiet, an denen der Geheimdienst bislang grundgesetzwidrig Daten abschnorchelte, um sie geordnet nach amerikanischen Wünschen an die Partnerdienste weiterzugeben, nicht mehr Inland. Sondern Ausland.

Ein semantisches Meisterwerk, ein Superkniff hochentwickleter Staatskunst. Wo die USA noch fremde Staaten wie Rumänien, Deutschland und Polen oder exterritoriale Gebiete wie Guantanamo bemühen mussten, um Foltererfordernisse und Verfassung in eine zumindest dem Wortsinne nach oberflächliche Übereinstimmung zu zwängen, verzichtet Deutschland gleich ganz auf den Versuch, wenigstens so zu tun als ob. Durch die Erklärung von Teilen des Inlandes zu einem Teil des Auslandes darf der deutsche Auslandsgeheimdienst völlig grundgesetzkonform auch im Inland arbeiten. Weil das Inland nun kein Inland mehr ist.

Er muss nur "sicherstellen", dass die "Kommunikation deutscher Staatsbürger" nicht versehntlich mituntersucht und abgehört wird. Das wird nicht möglich sein, weil der BND im Grunde genommen schon gegen das Grundgesetz verstößt, wenn er prüft, ob der Teilnehmer einer E-Mail-Kommunikation deutscher Staatsbürger ist. Zudem versagt diese Prüfung zweifelsohne, wenn ein deutscher Staatsbürger mit yahoo.com- oder gmail.com-E-Mailadresse auf Englisch an einen Freund in Australien schreibt.

Doch das wird nie jemand beweisen können.

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