Freitag, 7. Oktober 2016

7. Oktober: Das andere Deutschland

Mit einer überaus hoffnungsfroh stimmenden Einheitsbilanz hat die Bundesostbeauftragte Iris Gleicke die deutsche Öffentlichkeit zum 67. Geburtstag der DDR überrascht. In einem feinfühlig formulierten Jahresbericht über den Stand der Annäherung des ehemaligen Westens Deutschland an die Lebensumstände in der früheren DDR verwies Gleicke auf die fortschreitende Annäherung der Lebensumstände der Bundesbürger in beiden Teilen Deutschlands an die einzigartigen Bedingungen im früheren Arbeiter- und Bauernstaat.

"Nach 20 Jahren können wir, ohne die Probleme zu verschleiern, stolz sein auf das, was die Menschen in Ost und West erreicht haben“, sagte Gleicke. Inzwischen sei es gelungen, einen beruhigenden Gleichklang in den Medien herzustellen, so dass Bürger nicht von widerstreitenden Darstellungen verunsichert würden. Im Strafrecht lebt der Paragraf 106, der das Gemeinwesen vor „staatsfeindliche Hetze“ schützt, zumindest aus Sicht des Justizministers fort. Im VW-Skandal sei deutlich geworden, dass Umweltdaten auch unter den neuen Bedingungen der demokratischen Kontrolle zuverlässig und dauerhaft gefälscht werden können. Ebenso verhalte es sich mit ökonomischen Daten. Gleicke: "Griechenland hat das vorbildlich gezeigt."

Die Deutsche Einheit sei inzwischen „erwachsen geworden“ und „eine große Erfolgsgeschichte“, sagte die Trägerin des Verdienstkreuzes der Bundesrepublik, die seit 1990 als Bundestagsabgeordnete am Aufbau der gemeinsamen Republik teilhat. Für sie selbst etwa habe sich, berichtete die aus Schleusingen stammende Gleicke, die Lebensqualität weiter an die westdeutscher Abgeordneter  angenähert. Die Wiedervereinigung als bloßen Anschluss zu bezeichnen – wie es vor Jahren der damalige brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) getan hatte – treffe nicht den Kern der Sache. Es sei viel mehr als das. So komme man mit der Überbauung des früheren DDR-Prestigebaus "Palast der Republik" sehr gut voran. Hier entstehe jetzt ein prächtiges Stadtschloss, das der Welt zeigen werde, wie Deutschland mit dem monarchischen Erbe seiner Geschichte umgehe.

Ostdeutsche sähen das zum Teil kritisch, sie hätten sich aber auch in Sachen Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit zahlreiche Eigenheiten bewahrt. Dazu hätten sozialistische Errungenschaften wie Kindergartenplätze, grüner Pfeil und private Zusatzrentenversicherung erhalten werden können. Für den Westen ein Vorbild, wie Umfrageergebnisse und Wirtschaftsdaten zeigen. Danach holt der Westen bei den Wahlergebnissen für die AfD nur langsam auf, der Osten hingegen tut sich schwer, bei den Wirtschaftsdaten nicht immer weiter zurückzufallen.

In den letzten 26 Jahren seien die Voraussetzungen also gewachsen, dass das Zusammenwachsen noch weitere Jahrzehnte Thema bleibe. Die größer gewordene Bundesrepublik habe schon viele Wesenszüge der beigetretenen DDR übernehmen oder aber fast exakt nachbauen können, in anderen Bereichen aber sei man zwar auf einem guten Weg, aber noch lange nicht am Ziel. Ausdrücklich lobte Gleicke: "Der Aufholprozess läuft seit Jahren äußerst verhalten."




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