Petra Hinz ist spät bewusst geworden, dass die SPD kein Streichelzoo ist. |
Ich lebte in zwei Wirklichkeiten, das ist mir später bewusst geworden. All die Jahre, die ich mich in den Dienst meiner Partei gestellt habe, dachte ich, ich diene uns beiden. Der Idee des Sozialdemokratismus, die für mich immer noch das beste Konzept ist, Gerechtigkeit überall auf der Welt zu schaffen, ohne den Menschen die Freiheit zu nehmen. Aber dass mich meine Partei fallen lässt, wegen einer Verfehlung, die wir gemeinsam begangen haben, das hätte ich mir nie träumen lassen.
Nach dem Umgang meiner Genossen mit meinem Kollegen Sebastian Edathy und dem gnadenlosen Abschuss von Michael Hartmann hätte ich es besser wissen müssen. Es gibt kein Verzeihen in der Politik, keine Vergebung, keinen Strafnachlass für treue Dienste. Haben sie dich am Schlafittchen, stürzen sie dich.
Dabei war Hinz über Jahre ein Name, der in der SPD mit großer Achtung ausgesprochen wurde. Ohne Ausbildung, ohne Fachkenntnisse, ohne tiefere Überzeugungen war ich in der Lage, stets den Eindruck zu vermitteln, als habe ich ein Interesse an Politik. Andere bestellten Mont-Blanc-Füller, ich rieb mich im Streit mit faulen Praktikanten auf, um den Wählern und Steuerzahlern möglichst viel Gegenwert für das an mich vergebene Mandat zurückzugeben.
Man ist nicht beliebt, wenn man so agiert. Aber wer nicht beliebt ist, muss auch keine Rücksicht nehmen. Ich wusste, dass die Partei wusste, dass ich wusste, dass ich meinen Lebenslauf vielleicht ein wenig zu sehr poliert hatte. Aber ich wusste auch, dass es der darauf nicht ankam. Hauptsache, du marschierst im Glied, dann gibt es auch keinen Ärger.
Ich bin dann schließlich verraten worden, von Neidern, die es mir gönnten, am Rad der großen Politik zu drehen. All der Hass, der sich über Jahre gegen mich gesammelt hatte, weil ich nie einen Zweifel daran gelassen habe, dass der Auftritt von Willy Brandts in der Grugahalle im Jahr 1969 mich damals, als ich sieben Jahre alt war, überzeugt hat, in die Politik zu gehen, ergoss sich wie aus Kannen über mir.
Die, die mich schon hatten erledigen wollen, als herauskam, dass ich wegen all der Arbeit im Bundestag keine Zeit gefunden hatte, Steuererklärungen abzugeben, zogen wieder los. Grausam effektiv stellten sie mich öffentlich an den Pranger, ich wurde krank, depressiv, mein Arzt warnte mich, ich könne zu Selbstmordgedanken neigen. Was aus der Partei kam, war eine ultimative Aufforderung, mein Mandate binnen 48 Stunden aufzugeben. Keine versöhnende Geste. Kein Gespräch. Alle, die meinen Lebensweg begleitet hatten und alle Einzelheiten kannten, ließen sich verleugnen.
Einen Abgeordneten zur Zurückgabe seines Mandats zu zwingen, das passt in die Auffassung von Demokratie, die ich lange mitvertreten habe. Jetzt aber halte ich es für eine Missachtung der Freiheit des Mandats. Es ist Nötigung, von mir einen letzten Liebesdienst für eine Partei, die mich angeblich großgemacht und genährt hat. Aber ich war es doch, die fast 40 Prozent geholt hat! Muss ich mich da jetzt über Wochen massive und öffentlich bedrängen lassen, dass mir mein Mandat nicht mehr zusteht?
Es ist meines, nicht das von Sigmar, von Frau Kraft, von Willy oder sonstwem. Die SPD darf das Mandat, das mir von den Wählern, nicht von der Partei verliehen wurde, nicht zurückverlangen. Sie tut es dennoch.
Das ist unsere Auffassung davon, wie die Unabhängigkeit des Mandats gewahrt bleibt. Frauenfeindlich, denn Frauen gelten hier nur etwas, wenn sie hart, mutig und autoritär auftreten. Ich sah jahrzehntelang, wie die Leute im Bundestag versuchten, diese Rollen zu spielen - sie spielten sie schlecht.
Das Hohe Haus hat eine Wirklichkeit wie Hollywood. Abends sitzen wir oft daheim in unseren kleinen Übergangswohnungen. Und weinen.
Mehr Doku Deutschland: Unerträglicher Pfaffe
Was glauben Sie denn
Ich bin das Mädchen mit der roten Jacke
Nach dem Umgang meiner Genossen mit meinem Kollegen Sebastian Edathy und dem gnadenlosen Abschuss von Michael Hartmann hätte ich es besser wissen müssen. Es gibt kein Verzeihen in der Politik, keine Vergebung, keinen Strafnachlass für treue Dienste. Haben sie dich am Schlafittchen, stürzen sie dich.
Dabei war Hinz über Jahre ein Name, der in der SPD mit großer Achtung ausgesprochen wurde. Ohne Ausbildung, ohne Fachkenntnisse, ohne tiefere Überzeugungen war ich in der Lage, stets den Eindruck zu vermitteln, als habe ich ein Interesse an Politik. Andere bestellten Mont-Blanc-Füller, ich rieb mich im Streit mit faulen Praktikanten auf, um den Wählern und Steuerzahlern möglichst viel Gegenwert für das an mich vergebene Mandat zurückzugeben.
Man ist nicht beliebt, wenn man so agiert. Aber wer nicht beliebt ist, muss auch keine Rücksicht nehmen. Ich wusste, dass die Partei wusste, dass ich wusste, dass ich meinen Lebenslauf vielleicht ein wenig zu sehr poliert hatte. Aber ich wusste auch, dass es der darauf nicht ankam. Hauptsache, du marschierst im Glied, dann gibt es auch keinen Ärger.
Ich bin dann schließlich verraten worden, von Neidern, die es mir gönnten, am Rad der großen Politik zu drehen. All der Hass, der sich über Jahre gegen mich gesammelt hatte, weil ich nie einen Zweifel daran gelassen habe, dass der Auftritt von Willy Brandts in der Grugahalle im Jahr 1969 mich damals, als ich sieben Jahre alt war, überzeugt hat, in die Politik zu gehen, ergoss sich wie aus Kannen über mir.
Die, die mich schon hatten erledigen wollen, als herauskam, dass ich wegen all der Arbeit im Bundestag keine Zeit gefunden hatte, Steuererklärungen abzugeben, zogen wieder los. Grausam effektiv stellten sie mich öffentlich an den Pranger, ich wurde krank, depressiv, mein Arzt warnte mich, ich könne zu Selbstmordgedanken neigen. Was aus der Partei kam, war eine ultimative Aufforderung, mein Mandate binnen 48 Stunden aufzugeben. Keine versöhnende Geste. Kein Gespräch. Alle, die meinen Lebensweg begleitet hatten und alle Einzelheiten kannten, ließen sich verleugnen.
Einen Abgeordneten zur Zurückgabe seines Mandats zu zwingen, das passt in die Auffassung von Demokratie, die ich lange mitvertreten habe. Jetzt aber halte ich es für eine Missachtung der Freiheit des Mandats. Es ist Nötigung, von mir einen letzten Liebesdienst für eine Partei, die mich angeblich großgemacht und genährt hat. Aber ich war es doch, die fast 40 Prozent geholt hat! Muss ich mich da jetzt über Wochen massive und öffentlich bedrängen lassen, dass mir mein Mandat nicht mehr zusteht?
Es ist meines, nicht das von Sigmar, von Frau Kraft, von Willy oder sonstwem. Die SPD darf das Mandat, das mir von den Wählern, nicht von der Partei verliehen wurde, nicht zurückverlangen. Sie tut es dennoch.
Das ist unsere Auffassung davon, wie die Unabhängigkeit des Mandats gewahrt bleibt. Frauenfeindlich, denn Frauen gelten hier nur etwas, wenn sie hart, mutig und autoritär auftreten. Ich sah jahrzehntelang, wie die Leute im Bundestag versuchten, diese Rollen zu spielen - sie spielten sie schlecht.
Das Hohe Haus hat eine Wirklichkeit wie Hollywood. Abends sitzen wir oft daheim in unseren kleinen Übergangswohnungen. Und weinen.
Mehr Doku Deutschland: Unerträglicher Pfaffe
Was glauben Sie denn
Ich bin das Mädchen mit der roten Jacke
ich weine auch
AntwortenLöschenLieber Herr PPQ,
AntwortenLöschenvielen Dank für diesen Blick hinter die Kulissen der Nacht. Auch ich war schockiert. Allerdings davon, dass die Lebensläufe aller anderen Abgeordneten offenbar w a h r sind. Das heisst die Realität ist ja noch viel realitätsferner als ich je dachte...Mir wird auf einmal wieder so kalt...
Yeah, baby! Diez "pausiert" ein Jahr beim Spiegel und geht als Nieman Fellow nach Havard. Sehr gute Idee seines Chefs!
AntwortenLöscheninteressant auch die Reaktion der Politklasse ; ganz unironisch weil sei verarscth wurde . die bauernschlaue Sozimitläuferin hat einfach begriffen : nur der Zettel zählt - gut , wenn zei Leute mit 2. Sztaatexam mal nachfragen ist natürlich Schicht im Schacht . aer grundsätzlich darwinistisch hat ie es geschnallt : faken , nicht erwische lassen , kassieren und gut ist
AntwortenLöschenIch kann mir nicht helfen, aber ich finde, sie hat einfach Recht.
AntwortenLöschenMan darf seinen Arbeitgeber nicht bezüglich seines Ausbildungsstandes belügen, das könnte Betrug sein (es seie denn, er hätte nur Vorteile davon), aber ggü. Facebook oder einer Partei braucht niemand seine Hosen oder Kleider auszuziehen.
Etwaige Urkundenfälschung steht auf einem anderen Blatt - das Fallenlassen der heißen Kartoffel aber auch. Man könnte sie z.B. auf den Tisch legen, statt auf den Boden zu schmetern.
Man sieht, der Realitätsverlust nach ein Paar Jahren Bundestag ist nicht vertuschbar.
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