Freitag, 29. April 2016

Süddeutsche Zeitung: Wie man es schafft, den Täter nicht zu nennen

Für die einen sind es "die Fluchtursachen", für die anderen ist es "die Gewalt". Immer aber geht es den Betreffenden um Entpersönlichung, um eine Verschiebung der Betrachtungsebene von der Verantwortungdimension zu der einer unverhinderbaren Schicksalhaftigkeit.

Wo die große Politik dann beherzt Fluchtursachen bekämpft, weil das allemal einfacher ist als die Frage zu stellen, wer etwa den Schlamassel in in Syrien durch eine konsequent inkonsequente Politik von Einmischung und Raushalten herangezüchtet hat, versucht es die Süddeutsche Zeitung auf kleinerer Ebene mit einem Beweis in Schriftform.

Auf immerhin 26 Zeilen berichtet das Münchner Blatt über die "heftigsten Kämpfe in der Ost-Ukraine seit 2014", darunter akut über einen, Wortwahl SZ, "jüngsten Vorfall nahe der Rebellenhochburg Donezk", wo bei einem "Beschuss" (SZ) "mindestens vier Zivilisten getötet und acht weitere verletzt worden seien".

Bei einem Beschuss also. Der aus heiterem Himmel, so zumindest liest sich der Rest der Schreibtischreportage, herunterfiel, ausgelöst von niemand konkreten, gezielt auf niemand direkt. 26 Zeilen, die ihr Thema vermeiden.

Ein Wetterschlag vielmehr, diese "Gewalt", dieser "Beschuss", dieser "Vorfall", der womöglich rein zufällig Menschen getroffen hat, die in Oleniwka leben, einem Ort, den die "Rebellen" (SZ) beherrschen.

Haben die also, perfide Putin-Freunde die sie sind, wiedermal auf sich selbst geschossen? Um die Morde mitten im Waffenstillstandgebiet wie gewohnt dem freundlichen, friedlichen, nach Westen orientierten EU-Verbündeten Petro Poroschenko in die Schuhe zu schieben? Was die SZ selbstverständlich bemerkt hat, so dass sie nicht darauf hereinfallen ist und die eigentlich fällige Schlagzeile "Ukrainische Regierungstruppen töten Zivilisten im Ostukraine" tunlichst zu vermeiden wusste.

Deutsche Medien haben das ja über Jahrzehnte trainiert. Den Täter zu verschweigen, wenn einem das Opfer nicht passt, steckt in der DNA, nicht erst seit der Silvesterparty von Köln.

Auch wenn Israel von arabischen Terroristen angegriffen wird, werden in Deutschland regelmäßig die Angreifer zu Opfern. Und die Angegriffenen zur Ursache der Gewalt.



3 Kommentare:

  1. Vermutlich haben die ukrainischen Freiheitskämpfer ja auch nur zurückgeschossen.

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  2. Das ist das "A erschießt B nach Messerattacke"-Syndrom.

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  3. "Das ist das "A erschießt B nach Messerattacke"-Syndrom"

    A hat gestern B erschossen. Das ist in diesem Jahr der (große Zahl). Fall, wo ein A einen B erschossen hat. Der Vorsitzende des B-Vereins nannte die Tötung einen feigen Mord und bezichtige die A in genozidaler Absicht zu handeln. Der UN-Generalsekretär forderte beide Seiten zur Mäßigung auf und sprach den Hinterbliebenen des Mordopfers B sein aufrichtiges Mitleid aus. Dem tödlichen Schuß vorangegangen war ein Messerangriff von B auf A.

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