Montag, 14. März 2016

Landtagswahlen: Nicht mal aufs Wetter lässt es sich schieben

 
Es ist schön, wenn ein toller Plan funktioniert. Der der Landtagsparteien in Sachsen-Anhalt war es, den sich ankündigenden Triumph der Alternative für Deutschland zu verhindern, indem die demokratischen Restbestände der Bevölkerung im weitgehend entvölkerten Land zur Teilnahme an der Wahl motiviert werden sollten. Mit einer millionenschweren Werbekampagne der parteiunabhängigen Landeszentrale für politische Bildung trommelte die Regierung für den Urnengang, Testimonial war eine graukostümierte Gouvernante, die streng und dominant zur Teilnahme peitschte: "Triff die Wahl!" hieß es. In der illusorischen Vorstellungswelt der Parteizentralen nämlich bedeutet eine hohe Wahlbeteiligung stets schwache Ränder und eine starke Mitte.

Das ganze Gegenteil ist der Fall. Bei einer Wahlbeteiligung, die höher ausfiel als bei jeder Wahl seit 1998, sind die Ränder am Tag danach breiter denn je. 17 Prozent bei der Linken bedeuten zwar den größten Verlust einer SED-Nachfolgepartei seit 1990. Doch knapp 23 Prozent Zuwachs für die AfD schmälern das seit Jahren beständig schrumpfende Potential der Traditionsparteien auf nur noch 60 Prozent.

Ein Erdbeben, ausgelöst von der Ignoranz der Großparteien den Themen gegenüber, die die Bürger auf der Straße diskutierten, während die Wahlkämpfer in ihren eingeschworenen Anhang in abgeschirmten Sälen auf den Kampf gegen die neue Konkurrenz von rechts einschworen. Die Marktplätze überließen CDU, SPD, Grüne und Linke der AfD, als hätten sie den Kampf um die Köpfe der Wähler schon lange aufgegeben.

Nicht mal aufs Wetter lässt sich der Aderlass der Altparteien diesmal schieben. Der Versuch, über eine Verbreiterung der Beteiligungsbasis etwas am Ergebnis zu ändern, ist nach hinten losgegenagen: Nun kann die geringe Wahlbeteiligung nicht mal mehr, wie traditionell üblich, als Grund dafür herhalten, dass das eigene Abschneiden unter den Erwartungen geblieben ist.

Doch war es wirklich die bizarre Kampagne mit der graubestrumpften Domina, die die Wähler an die Urnen getrieben hat? Eher nicht. Wer sich in den letzten Wochen im Land umhörte, für den war schnell klar, dass eine Denkzettelwahl ansteht. Je mehr die Funktionäre der etablierten Parteien vor der AfD warnten, umso eher waren ehemalige Stammwähler von CDU, SPD und - vor allem - der Linken bereit, die verteufelte Neupartei nun gerade zu wählen.

Es ist wie immer und wie in der DDR gelernt: Sobald Propaganda als Propaganda erkennbar wird, verwandelt sie sich in Gegenpropaganda und wirkt ausschließlich gegen sich selbst.

16 Kommentare:

  1. Apropos, "Denkzettel": Ungewqölhnlich ist, daß sie sogar - in Sachsen-Anhalt mehr als jeden dritten - Wahlkreis gewonnen haben.

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  2. eine erschütterung, die keinerlei folgen zeitigen wird. sie machen es wie immer, schieben es auf die wähler. die haben einfach nicht verstanden, wie gut das alles gemeint war. da muss man künftig "mehr erklären".

    ich frage mich immer, ob es wirklich möglich ist, so eine irre nummer über jahrzehnte durchzuziehen, ohne irgendwann mal richtig dafür bestraft zu werden

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  3. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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  4. danke für die wortmeldung. ich habe sie gelöscht.

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  5. ja , ist ok , ist ja dein blog , kannste löschen waste willst

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  6. Carl GustafMärz 14, 2016

    Ich warte noch auf das "Putin-ist-Schuld" Argument.
    In der heutigen Zeit, wo die Demoskopen die Wählerwanderung bis auf die fünfte Stelle nach dem Komma nachzeichnen können, sollte es doch möglich sein, u.a. den Anteil der Russlanddeutschen zu bestimmen, die auf Putins Geheiss hin die Kanzlerin stürzen sollten.

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  7. @anonym: ja, und ich mags gern mit stil

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  8. @carl: das institut infam (ulm) und ich arbeiten dran

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  9. Da hilft nur eins. Alle sozialdemokratischen Parteien zusammenschliessen und die christsozialen in allen Bundeslaendern aufstellen.

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  10. cdu und linke können sich leider seit jahren nicht auf den richtigen weg zum sozialdemokratismus einigen

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  11. Ein Höhepunkt, gestern auf PI: "Es ist vollbracht". Wohl Joh.19.30. Oh Gott, oh Gott.

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  12. Die Kommentare heute sind Klasse. Am besten gefällt mir Reinhard Müller, der in der FAZ um Verständnis wirbt für die Trottel aus SA. Auch wenn die ausweislich des Wahlergebnisses geistig ziemlich zurückgeblieben sind, ist ihnen gegenüber Hochmut fehl am Platze.

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  13. Immer daran denken: Keine fünf Jahre nach dem Fall der Mauer haben @ppq und die anderen ehemaligen JungenPioniere von Sachsen-Anhalt die SED wieder in die Regierung gewählt (Tolerierung Höppner ab 1994).

    Nebenbei: Ist der Wahlkreis Halle_I eigentlich Hanoi ?

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  14. @ Volker: Wahrhaftigen G_ttes (Es gelüstet mich halt, Davidele zu verhöhnen): Das Geseiher dieses Müller ist das Menschenmögliche. Die speien uns mit Anlauf ins Gesicht und spotten: Was schwitzt'n so? Eine andere Deutung wäre: Die Verblödung ist schon soweit fortgeschritten, daß bald etliche wieder auf allen vieren gehen und Grunzlaute ausstoßen werden.

    Zonendödel

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  15. wolpertingerMärz 19, 2016

    @derherold
    Fünf Jahre nach dem Mauerfall hatten etliche Supermarktketten und auch Baumärkte Lieferschwierigkeiten,wegen der großen Nachfrage.Begrüßungsgeld gab es auch nicht mehr.Die politisch hochgebildeten und sensiblen Anhalter/innen entschieden also folgerichtig:do gönn ma ja gleich wieda de äs ä dää wäln.

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