Anne Wizorek wurde berühmt, nachdem sie eine Äußerung des früher bekannten FDP-Politikers Rainer Brüderle nutzte, um unter dem Haschtag #aufschrei beim Kurznachrichtendienst Twitter Markenbildung zu betreiben. Im Interview spricht die zuletzt wieder in die Unsichtbarkeit abgetauchte Aktivistin über die Ereignisse in Köln und die Doppelmoral der Ankläger. PPQ-Gebärdendolmetscherin Frauke Hahnreich hat die Antworten der hübschen Brünetten aus dem Sexistischen übersetzt.
PPQ: Frau Wizorek, Sie haben sich seinerzeit bei Twitter eine Aktion gegen Rainer Brüderles Altherrensexismus ausgedacht gehabt. Warum hört man derzeit wenig von ihnen?
Das stimmt nicht. Meine Aktion Aufschrei wurde nicht gegen Rainer Brüderle initiiert. Der war nur zufällig anwesend und ermöglichte es uns, eine richtig große Sache draus zu machen. Damals - die Älteren erinnern sich - war gerade nichts anderes los, die Medien waren begierig auf so eine Affäre. Zumal die FDP ohnehin auf der Abschussliste stand. Deshalb ist es ein bisschen bizarr, dass man uns vorwirft, wir hätten Brüderle kritisiert. Haben wir nicht. Wir haben ihn einen Sexisten geschimpft. Dass wir jetzt nicht kritisierten, was in Köln passiert ist, liegt auf der Hand. Wir beschäftigen uns tagtäglich mit diesen Themen und verdeutlichen, dass Sexismus und sexualisierte Gewalt zusammenhängen. Da das niemand mehr hören kann, nimmt das nur keiner wahr. Uns fehlt eine Zielscheibe wie Brüderle.
PPQ: Deshalb also die Tabuisierung der sich als links begreifenden und so liberal gebenden Medienöffentlichkeit? Weil die Täter diesmal die Falschen sind?
Das ist absurd. Wir verurteilen sexualisierte Gewalt von Migranten genauso wie von Nicht-Migranten. Nur manchmal tun wir das öffentlich, manchmal nicht, wenn wir glauben, unsere Kritik könnte missbraucht werden. Jeder Übergriff ist einer zu viel, aber nicht jeder ist medial gleich viel wert. Das leuchtet doch ein. Würde Seehofer Manuela Schwesig missbrauchen, gäbe das selbstverständlich mehr Stoff her als wenn irgendein Ali eine Angelika betatscht. Das leuchtet doch ein, oder?
PPQ: Noch ist aber klar, dass in Köln massenhaft Menschen, die neu zu uns gekommen sind, etwas getan haben, was wir nicht mögen können. Warum bewerten Sie dann nicht auch diesmal richtig krass, was wir nicht wissen?
Dass Frauen im öffentlichen Raum sexuell belästigt werden, ist doch nicht neu. Das gibt es seit tausenden von Jahren, zehntausenden, schätze ich mal. Aber die Massivität, in der das offenbar in Köln geschehen ist, die ist zumindest all denen neu, die den II. Weltkrieg nicht miterlebt haben. Andererseits meldet das Oktoberfest pro Jahr im Schnitt zehn Vergewaltigungen; zwar auf ein paar Millionen Teilnehmer, während es in Köln ja nur ein paar tausend waren. Aber wenn ich die Dunkelziffer von 200 dazurechne, die sich mal jemand ausgedacht hat, kann ich das alles schon öffentlich relativieren. Im Karneval werden Frauen K.O.-Tropfen verabreicht! Darüber finden keine Debatten statt. Da hatten wir auch noch nie ein Kampagne. Das ist normal! Sexualisierte Gewalt zeichnet sich dadurch aus, dass sie überall und von allen Schichten verübt wird, von Migranten ebenso wie von Nicht-Migranten. Mal mehr, mal weniger. Warum sollen wir uns also darüber aufregen? Wenn gar kein FDP-Politiker in der Nähe ist?
PPQ: Es macht aus Ihrer Sicht also einen Unterschied, dass die Täter Migranten und Flüchtlinge waren?
Alle Menschen, die das tun, müssen bestraft werden. Der Unterschied besteht darin, wer die Vorfälle instrumentalisiert – sind wir das? Oder bieten die Ereignisse den Falschen eine Plattform? Leute, die solche Vorfälle während unserer Aufschrei-Debatte noch verharmlosten, weil sie einen Blick in den Ausschnitt einer Frau für normal halten, nutzen die massiven Missbrauchsgeschehnisse in Köln nun für rassistische Hetze. Das geht nicht. Das ist unser Thema! Bloß weil da an ein paar Hintern gegrabscht, ein paar Slips zerrissen und Frauen untenrum angefasst wurden. Ich bitte Sie. Was in Syrien jeden Tag passiert, ist viel schlimmer.
PPQ: Ist es nicht so, dass Männer aus der islamischen Welt mit einem anderen Frauenbild aufwachsen und deshalb eher zu sexueller Gewalt neigen?
Das mag so sein, aber das sind fremde Länder, andere Kulturen. Sexismus hier bei uns aber beschränkt sich nicht auf diese Menschengruppe. Er durchzieht unsere gesamte Gesellschaft wie eine Pest, eine Seuche, wie ein Menetekel für die Unfertigkeit des Mannes – und das ist das Problem, über das wir reden müssen. Es geht nicht darum, wer schlimmer ist, sondern darum, dass das Thema dann am besten funktioniert, wenn es überraschend aus Schichten kommt, wo man es nicht vermutet. Nicht der Islam ist das Problem, sondern der Mann! Täter mit Migrationshintergrund? Da gähnt jeder. Die Leute, die die Vorfälle von Köln kritisieren, sind gleichzeitig oft jene, die sexualisierte Gewalt von Deutschen verharmlosen und betroffenen Frauen die Schuld daran geben. Ihnen steht das folglich nicht zu.
PPQ: Potenzieren aber die vielen jungen Männer aus muslimischen Ländern, die neu zu uns kommen, womöglich das Dilemma? Ein knappes Drittel der verdächtigen Sexualstraftäter sind Ausländer.
Es ist mir völlig egal, ob schlimmer oder nicht schlimmer. Die Probleme Sexismus und sexualisierte Gewalt sind, wie gesagt, schon längst da. Warum wir sie immer erst in den Fokus nehmen, wenn sie von muslimischen Männern ausgehen, bloß, weil die nach aktuellen Zahlen aus der Schweiz zehnmal häufiger zum Täter werden, verstehe ich nicht. Der vergewaltigten Frau ist doch egal, ob sie von Rainer Brüderle mit Blicken ausgezogen oder von einem Kölner Antänzer im Gedränge mit dem Finger penetriert wird! Die deutschen muslimischen Männer, die sich für eine gleichberechtigte Gesellschaft stark machen, in der Frauen am Herd bleiben, kommen wiederum in der Debatte gar nicht erst vor. dabei kommt auch in deren Haushalten vermutlich auch sehr viel sexistische Gewalt vor. Und die Dunkelziffer ist mit Sicherheit sogar noch höher. Wenn nicht sogar.
PPQ: Frau Wizorek, Sie haben sich seinerzeit bei Twitter eine Aktion gegen Rainer Brüderles Altherrensexismus ausgedacht gehabt. Warum hört man derzeit wenig von ihnen?
Das stimmt nicht. Meine Aktion Aufschrei wurde nicht gegen Rainer Brüderle initiiert. Der war nur zufällig anwesend und ermöglichte es uns, eine richtig große Sache draus zu machen. Damals - die Älteren erinnern sich - war gerade nichts anderes los, die Medien waren begierig auf so eine Affäre. Zumal die FDP ohnehin auf der Abschussliste stand. Deshalb ist es ein bisschen bizarr, dass man uns vorwirft, wir hätten Brüderle kritisiert. Haben wir nicht. Wir haben ihn einen Sexisten geschimpft. Dass wir jetzt nicht kritisierten, was in Köln passiert ist, liegt auf der Hand. Wir beschäftigen uns tagtäglich mit diesen Themen und verdeutlichen, dass Sexismus und sexualisierte Gewalt zusammenhängen. Da das niemand mehr hören kann, nimmt das nur keiner wahr. Uns fehlt eine Zielscheibe wie Brüderle.
PPQ: Deshalb also die Tabuisierung der sich als links begreifenden und so liberal gebenden Medienöffentlichkeit? Weil die Täter diesmal die Falschen sind?
Das ist absurd. Wir verurteilen sexualisierte Gewalt von Migranten genauso wie von Nicht-Migranten. Nur manchmal tun wir das öffentlich, manchmal nicht, wenn wir glauben, unsere Kritik könnte missbraucht werden. Jeder Übergriff ist einer zu viel, aber nicht jeder ist medial gleich viel wert. Das leuchtet doch ein. Würde Seehofer Manuela Schwesig missbrauchen, gäbe das selbstverständlich mehr Stoff her als wenn irgendein Ali eine Angelika betatscht. Das leuchtet doch ein, oder?
PPQ: Noch ist aber klar, dass in Köln massenhaft Menschen, die neu zu uns gekommen sind, etwas getan haben, was wir nicht mögen können. Warum bewerten Sie dann nicht auch diesmal richtig krass, was wir nicht wissen?
Dass Frauen im öffentlichen Raum sexuell belästigt werden, ist doch nicht neu. Das gibt es seit tausenden von Jahren, zehntausenden, schätze ich mal. Aber die Massivität, in der das offenbar in Köln geschehen ist, die ist zumindest all denen neu, die den II. Weltkrieg nicht miterlebt haben. Andererseits meldet das Oktoberfest pro Jahr im Schnitt zehn Vergewaltigungen; zwar auf ein paar Millionen Teilnehmer, während es in Köln ja nur ein paar tausend waren. Aber wenn ich die Dunkelziffer von 200 dazurechne, die sich mal jemand ausgedacht hat, kann ich das alles schon öffentlich relativieren. Im Karneval werden Frauen K.O.-Tropfen verabreicht! Darüber finden keine Debatten statt. Da hatten wir auch noch nie ein Kampagne. Das ist normal! Sexualisierte Gewalt zeichnet sich dadurch aus, dass sie überall und von allen Schichten verübt wird, von Migranten ebenso wie von Nicht-Migranten. Mal mehr, mal weniger. Warum sollen wir uns also darüber aufregen? Wenn gar kein FDP-Politiker in der Nähe ist?
PPQ: Es macht aus Ihrer Sicht also einen Unterschied, dass die Täter Migranten und Flüchtlinge waren?
Alle Menschen, die das tun, müssen bestraft werden. Der Unterschied besteht darin, wer die Vorfälle instrumentalisiert – sind wir das? Oder bieten die Ereignisse den Falschen eine Plattform? Leute, die solche Vorfälle während unserer Aufschrei-Debatte noch verharmlosten, weil sie einen Blick in den Ausschnitt einer Frau für normal halten, nutzen die massiven Missbrauchsgeschehnisse in Köln nun für rassistische Hetze. Das geht nicht. Das ist unser Thema! Bloß weil da an ein paar Hintern gegrabscht, ein paar Slips zerrissen und Frauen untenrum angefasst wurden. Ich bitte Sie. Was in Syrien jeden Tag passiert, ist viel schlimmer.
PPQ: Ist es nicht so, dass Männer aus der islamischen Welt mit einem anderen Frauenbild aufwachsen und deshalb eher zu sexueller Gewalt neigen?
Das mag so sein, aber das sind fremde Länder, andere Kulturen. Sexismus hier bei uns aber beschränkt sich nicht auf diese Menschengruppe. Er durchzieht unsere gesamte Gesellschaft wie eine Pest, eine Seuche, wie ein Menetekel für die Unfertigkeit des Mannes – und das ist das Problem, über das wir reden müssen. Es geht nicht darum, wer schlimmer ist, sondern darum, dass das Thema dann am besten funktioniert, wenn es überraschend aus Schichten kommt, wo man es nicht vermutet. Nicht der Islam ist das Problem, sondern der Mann! Täter mit Migrationshintergrund? Da gähnt jeder. Die Leute, die die Vorfälle von Köln kritisieren, sind gleichzeitig oft jene, die sexualisierte Gewalt von Deutschen verharmlosen und betroffenen Frauen die Schuld daran geben. Ihnen steht das folglich nicht zu.
PPQ: Potenzieren aber die vielen jungen Männer aus muslimischen Ländern, die neu zu uns kommen, womöglich das Dilemma? Ein knappes Drittel der verdächtigen Sexualstraftäter sind Ausländer.
Es ist mir völlig egal, ob schlimmer oder nicht schlimmer. Die Probleme Sexismus und sexualisierte Gewalt sind, wie gesagt, schon längst da. Warum wir sie immer erst in den Fokus nehmen, wenn sie von muslimischen Männern ausgehen, bloß, weil die nach aktuellen Zahlen aus der Schweiz zehnmal häufiger zum Täter werden, verstehe ich nicht. Der vergewaltigten Frau ist doch egal, ob sie von Rainer Brüderle mit Blicken ausgezogen oder von einem Kölner Antänzer im Gedränge mit dem Finger penetriert wird! Die deutschen muslimischen Männer, die sich für eine gleichberechtigte Gesellschaft stark machen, in der Frauen am Herd bleiben, kommen wiederum in der Debatte gar nicht erst vor. dabei kommt auch in deren Haushalten vermutlich auch sehr viel sexistische Gewalt vor. Und die Dunkelziffer ist mit Sicherheit sogar noch höher. Wenn nicht sogar.
Das nenne ich den passenden Nagel im richtigen Kopf treffen :-D.
AntwortenLöschenHier gleich die passende Lektüre.
Diese Frau Wizorek hat voll einen an der Klatsche. Mehr justiziable Netiquette fallen mir nicht ein.
AntwortenLöschenEs wundert mich sehr stark, dass über die letzte Woche noch nicht der Begriff des Medialen Grapschers geprägt worden ist. Mir fallen da auf Anhieb einige Beispiele ein.
AntwortenLöschenWizeorek spielt doch bloß Block-Flöte. Das Ganze kommt aus den USA.
AntwortenLöschenMan entgrenzt Begriffe ("sexualisierte Gewalt") Oder man erfindet Vergewaltigungen.
Erklärt ein Bursche nach dem zwoten Sexualkontakt, daß er das Mädchen doch nicht mehr treffen will, hat er sie wohl zweimal vergewaltigt. Oder man erfindet (Univ. of Virginia) eine Gruppenvergewaltigung und läßt sie über eine gewogene Journalistin im RollingStone veröffentlichen.
Ist es nicht mehr zu vermeiden, zuzugeben, daß es sich um eine Erfindung hielt, erklärt man halt eine mangelende Empathie bei X, Y, Z zur neuen "Gewalt".
Allerdings, und da schließt sich der Kreis: Täter dürfen keine Ne ... äh ... Afro-Ameriakner/-Afrikaner sein ! Und In Westeuropa dürfen die Täter keine Araber/Türken/Afriakner sein.
"Taharrush gamea" ist jedenfalls kein europäisches Phänomen, jedenfalls nicht bis gerade eben.
AntwortenLöschenFür den Umgang mit Nichtmuslimen sind der Quran, Sunna und einzelne Werke der Sharia etwa der Qanun i-Raja von Bedeutung.
Ebenso das Werk Reliance of the Traveller (and Tools of the Worshiper) - Umdat as-Salik wa 'Uddat an-Nasik.
Sie alle prägen neben Adat, Sheref, Ifet, Namus, Töre das Menschen-, Frauen- und Familienbild des Islam, ebenso die Sicht auf Gewalt und Nichtmuslime (die bekanntlich infam als Götzendiener oder Ungläubige bezeichnet werden).
Vor dem Hintergrund dieser kulturellen Prägung der Muslime entstehen dann die Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffe.
Bei uns wie im islamischen Raum selbst.
In einem Ausmaß und einer Systematik wie sie zumindest hier bei uns bisher unbekannt waren - jedenfalls in Friedenszeiten.
Aber so ist es eben, Muslime sind aufgrund ihrer religiösen und kulturellen Prägung permanent im Ausnahmezustand bzw in einem Krieg.
Gegen Nichtmuslime, gegen Frauen generell, gegen alles vermeintlich oder tatsächlich Unislamische, und gegen ihre eigene Angst und Unsicherheit.
Alles ist mit Scham besetzt, und Schuld tragen grundsätzlich immer andere...
An jeder Ecke lauert bereits die nächste Verletzung der Ehre des Islam oder der Ehre ihrer Familie (manifestiert in der Sexualität ihrer Frauen) oder ihres übergroßen Egos.
Nur folgerichtig, dass dann diese übersteigerte Selbstaufwertung, dieser religiöse Kultur-Narzissmus, auch mit einer Verachtung für die anderen einhergeht.
Zeugt doch bereits deren reine Existenz davon, dass ein anderes Leben und andere Werte möglich sind.
Doch bereits das kommt einem Angriff auf das muslimische Selbstwertgefühl gleich.