Freitag, 1. Januar 2016

Energieausstieg: Deutschlands Geschenk an die Welt

Es war ein Hammer, als Bundesumweltminister Barbara Hendricks direkt vor der Klimakonferenz von Paris die nächste Stufe des deutschen Energieausstieges ankündigte. Nach der Atomenergie und der Steinkohle ist nun die Braunkohle dran - zu schmutzig, zu einheimisch, so Hendricks. Die Energieexpertin Susi Weber sieht im PPQ-Interview gute Chancen für eine Abwicklung des Energiesektors, von dem auch die Arbeitnehmer profitieren könnten. Sie plädiert für den Komplett-Ausstieg.

PPQ: Frau Weber, die Bundesregierung bereitet nun offenbar die nächste Stufe des Energieausstieges vor. Was halten Sie davon?
Weber: Das ist überfällig. Wir brauchen einen schnellen Ausstieg, und er hätte schon längst eingeleitet werden müssen, da wir noch immer viel zu viel Strom im deutschen Stromsystem haben. Das treibt die CO2-Emissionen trotz unseres beispielhaften Solar- und Windstrombooms nach oben, also das behaupte ich jetzt mal. Und führt zu hohen Preisen. Daran kann sich die ganze Welt ein Beispiel nehmen. Kohle-Kraftwerke werden nicht mehr gebraucht, sie sind nicht kompatibel mit dem Bild, das Deutschland der Welt zeigen will. Sie produzieren zu viele Treibhausgase und sind zu flexibel, gerade in der Kombination mit erneuerbaren Energien.

PPQ: Haben Sie Vertrauen, dass es nun schnell genug geht? 
Weber: Ich sehe die Entscheidung als große Chance. Es geht darum, Kraftwerke in einem Zeitraum von vier Jahrzehnten abzuschalten, bis unser Strom direkt nur noch aus der Steckdose kommt. Je früher man beginnt, diesen Ausstieg gemeinsam zu erarbeiten, desto mehr Perspektiven gibt es auch für die Stromwirtschaft. Wichtig ist, dass man den Strukturwandel hin zu erneuerbaren Energien entsprechend umsetzt. Da müssen weiter Fördermittel fließen, das ist klar. Und unsere Stromverbraucher müssen weiter bereit sein, sich zu solidarisieren.

PPQ: Ist die Versorgung mit Energie künftig gesichert?
Weber: Das werden wir sehen. Im Moment haben wir einen gigantischen Überschuss; deshalb sind die Preise ja so hoch. Wir könnten heute schon einen Teil der alten, ineffizienten Kohlekraftwerke abschalten – und das sofort. Das würde sogar den Markt bereinigen, und die Emissionsminderungsziele könnten erreicht werden. Der Strompreis an der Börse würde dadurch steigen, so dass andere Kraftwerke wieder rentabel wären, zum Beispiel flexible, umweltfreundliche Gaskraftwerke, die derzeit nur Verluste produzieren. Langfristig geht es um einen Ausstieg aus dem Energiesystem insgesamt – denn bedenken Sie, wo immer Energie verbraucht wird, wie man im Allgemeinen sagt, gibt es Verluste, gibt es Ineffizienzen, Umweltverschmutzung und Klimabelastungen.

PPQ: Wie müsste die Bundesregierung den Kohleausstieg gesellschaftlich organisieren?
Weber: Es wird ein Plan öffentlich gemacht, dann gibt es einen Vollzugskorridor und bei der Durchsetzung wendet man die Klimaschutzinstrumente an. Das könnten etwa höhere Preise für den CO2-Ausstoß sein. Eine andere Option wäre, Ausstoß-Grenzwerte für Kraftwerke festzulegen, so wird das in den USA oder in England gemacht. Die USA haben ja beim Kyoto-Protokoll nicht mitgemacht, die waren damals an allem schuld. Das darf uns nicht passieren. Eine unserer Studien zeigt, dass man darüber einen Ausstieg aus der Kohle gestalten kann. Es ist jetzt an der Bundesregierung, einen Weg zu wählen.

PPQ: Wird die Stromwirtschaft Entschädigungen fordern?
Weber: Die großen Unternehmen werden es sicher versuchen. Aber damit kommen sie nicht durch. Sinnvoll wäre es, ihnen das vorher klar zu machen. Dinosaurier sind dazu bestimmt, auszusterben.

PPQ: Was raten Sie den Gewerkschaften des Kohlesektors?
Weber: Sie sollten die Chancen erkennen, die sich auftun, wenn die Bundesregierung den Energieausstieg erklärt. Die meisten Arbeitsplätze konnten doch schon abgewickelt und in die Dienstleistungsbranche überführt werden. Wir hatten 600.000 Arbeitsplätze in der Kohle, heute sind es noch 50 000. Im Sektor der erneuerbaren Energie sind es schon 400 000 Jobs. Man sollte weltweit so viele neue Arbeitsplätze in der Energiewendewelt entstehen lassen.

PPQ: Die letzten Zahlen von Eon und RWE waren katastrophal. Ist die Zeit der Stromriesen vorbei?
Weber: Die schlechten Zahlen sind selbstgemacht und die Folge von Managementfehlern. Man hat viel zu lange an der Vergangenheit festgehalten und nicht ausreichend in den Energieausstieg investiert. Eon hätte längst ein Internetkonzern werden können, RWE könnte Elektroautos bauen. Jetzt bekommen die Unternehmen dafür die Quittung. Jeder Konzern kann die wirtschaftlichen Chancen des Energieausstieges nutzen und in die Systemgastronomie gehen. Viele tun das intelligent, manche nicht. Es ist nicht so, dass die Zeit bestimmter Unternehmen vorbei ist. Das trifft nur auf Solarworld und QCells zu. Aber Starbucks, Zalando und Tripadvisor zeigen - es kommt auf die Entscheidungen des Managements an.


3 Kommentare:

  1. Nach aktuellen Plänen werden die Kraftwerke auf Direktfeuerung mit Geldscheinen umgestellt.

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  2. Weiter gehende Pläne sehen die Direktfeuerung der Kraftwerke mit Klimapolitikern vor.

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  3. Also ich hatte bei diesem Blog auf Satire gehofft. Aber dann kommt doch nur Doku.

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