Der geheime Eingang zur Geldfabrik der EZB. |
86 Milliarden! Als die Nachricht bei Karsten Kunze eingeht, ist es Montagmorgen, der Tag nach der 73. Einigung im Griechenlandpoker. Kunze ist an diesem Tag extra früher aufgestanden, er ging eine Runde mit dem Hund, den er Schänzi nennt, er trank zwei Tassen Kaffee. Es war fünf Uhr, als der als junger Mann als Rettungsgeldreferent bei der EZB anfing und nach der ersten endgültigen Rettung Europas im Frühjahr 2010 auf den Posten des obersten Geld-Logistikers in die Hauptgeldfabrik der Gemeinschaftsbank wechselte.
Kunze, ein agiler Mann mit leicht angegrauten Locken, wusste schon in diesem Moment, was auf ihn und die mittlerweile 11.300 Mitarbeiter der riesigen unterirdischen Fabrik zukommen wird, die die EZB aus Sicherheitsgründen in einer weitgehend entvölkerten Region Hessens aufgebaut hat. "Unsere Maschinen und Druckerpressen laufen seit Jahren bereits 24 Stunden am Tag, zur Not mit Notstrom", erläutert Karsten Kunze, "mit den neuen Rettungnachrichten aber war klar, dass das nicht mehr reichen wird." 12-Stunden-Schichten sind die Norm – aber auch 16 Stunden Arbeit am Stück können durchaus vorkommen. Kunze weiß, wie erschöpft seine Mitarbeiter durch die enorme Belastung aufgrund der anhaltenden Rettungspolitik heute schon sind. Häufig schlafen sie in der Fabrik ein, weil sie zu lange gearbeitet gehaben, der Krankenstand ist hoch, Verschleißteile an wichtigen Gelddruckoffsetmaschinen müssen unablässig gewechselt werden.
Und nun das. 86 Milliarden Euro zusätzlich herzustellen, bedeutet für die Großgeldquelle der EZB ein Plus zum Plan von etwa 7,4 Milliarden Scheinen - die schiere Menge schon erschreckt den Laien. "Wir reden hier von einer Materialmenge, die ausgebreitet mehr als 3,5 Milliarden Quadratmeter bedecken würde", sagt Kunze. Der Geldlogistiker, der mit einer Österreicherin verheiratet ist, gibt einen Größenvergleich: "Das wäre ein Drittel der Agrarfläche Tirols."
Im Neurerwesen des europaeigenen Unternehmens begannen bereits zur Frühstückszeit am Montag die ersten Überlegungen, wie sich die erforderliche Geldmenge noch effektiver und schneller herstellen lässt. "Wir brauchen mehr Papier, mehr Farbe, mehr Trucks, aber das ist ja nicht alles", beschriebt Kunze. Seine Alarmanrufe in Frankfurt, aus einem Reflex heraus getätigt, "weil niemand hier bei uns glauben konnte, wie wir diese Planauflagen bewältigen sollen", wurden bei der EZB gelassen angenommen. "Es hieß, das würde alles schon, erstmal müsse das griechische Parlament beschließen."
Doch Zeit will sich Karsten Kunze nicht lassen. Er weiß, dass seine Druckmaschinen schnell heißlaufen, dass Schmieröl und Transmissionsriemen schnell verbraucht sind. "Wir möchten Qualität bieten", sagt er, "Geld, das hält, was es verspricht." Finanziert durch einen Sechs-Millionenkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau, der kofinanziert wurde durch den Rettungsschirm ESM, gelang es den in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannten Helden der Geldherstellung, den Geldausstoß über die fünf Jahre der laufenden Rettung zu vertausendfachen und den Überblick über die abfließenden Trilliarden dennoch nicht zu verlieren. Was die bewirken, kann Karsten Kunze auf einem Flachbildschirm an der Wand seines kleinen, aber geschmackvoll eingerichteten Büros sehen: "Wir haben durch unsere ausgeweitete Produktion 17 Prozent Kaufkraftverlust in den ersten zehn Jahren erreicht", erläutert er, "und wir rechnen mit weiteren 17 Prozent in den fünf Jahren bis 2017".
Der Bargeld-Euro wäre dann 15 Jahre alt und etwa ein Drittel weniger wert als zu Beginn. Kunze schmunzelt. "Da ist man schon stolz", gibt er zu. Doch wird die finnische Baummühle, aus der der Grundstoff für das europäische Geld kommt, ihren Ausstoß noch einmal verzehnfachen können? Können die unterirdischen Produktionshallen binnen weniger Wochen soweit aus- und umgebaut werden, dass Platz wird für die neuen 2000 Mitarbeiter, die nach ersten Berechnungen Kunzes eingestellt werden müssen, um "die vereinbarte Rettung Griechenlands physisch zu unterlegen", wie er formuliert?
Karsten Kunze, geboren in Köthen und nach einer Lehrzeit in den Ruinen der DDR-Staatsdruckerei über die Bundesbank zur EZB gewechselt, weiß es nicht. "Aber wir werden alles geben", verspricht er.
Kunze, ein agiler Mann mit leicht angegrauten Locken, wusste schon in diesem Moment, was auf ihn und die mittlerweile 11.300 Mitarbeiter der riesigen unterirdischen Fabrik zukommen wird, die die EZB aus Sicherheitsgründen in einer weitgehend entvölkerten Region Hessens aufgebaut hat. "Unsere Maschinen und Druckerpressen laufen seit Jahren bereits 24 Stunden am Tag, zur Not mit Notstrom", erläutert Karsten Kunze, "mit den neuen Rettungnachrichten aber war klar, dass das nicht mehr reichen wird." 12-Stunden-Schichten sind die Norm – aber auch 16 Stunden Arbeit am Stück können durchaus vorkommen. Kunze weiß, wie erschöpft seine Mitarbeiter durch die enorme Belastung aufgrund der anhaltenden Rettungspolitik heute schon sind. Häufig schlafen sie in der Fabrik ein, weil sie zu lange gearbeitet gehaben, der Krankenstand ist hoch, Verschleißteile an wichtigen Gelddruckoffsetmaschinen müssen unablässig gewechselt werden.
Und nun das. 86 Milliarden Euro zusätzlich herzustellen, bedeutet für die Großgeldquelle der EZB ein Plus zum Plan von etwa 7,4 Milliarden Scheinen - die schiere Menge schon erschreckt den Laien. "Wir reden hier von einer Materialmenge, die ausgebreitet mehr als 3,5 Milliarden Quadratmeter bedecken würde", sagt Kunze. Der Geldlogistiker, der mit einer Österreicherin verheiratet ist, gibt einen Größenvergleich: "Das wäre ein Drittel der Agrarfläche Tirols."
Im Neurerwesen des europaeigenen Unternehmens begannen bereits zur Frühstückszeit am Montag die ersten Überlegungen, wie sich die erforderliche Geldmenge noch effektiver und schneller herstellen lässt. "Wir brauchen mehr Papier, mehr Farbe, mehr Trucks, aber das ist ja nicht alles", beschriebt Kunze. Seine Alarmanrufe in Frankfurt, aus einem Reflex heraus getätigt, "weil niemand hier bei uns glauben konnte, wie wir diese Planauflagen bewältigen sollen", wurden bei der EZB gelassen angenommen. "Es hieß, das würde alles schon, erstmal müsse das griechische Parlament beschließen."
Doch Zeit will sich Karsten Kunze nicht lassen. Er weiß, dass seine Druckmaschinen schnell heißlaufen, dass Schmieröl und Transmissionsriemen schnell verbraucht sind. "Wir möchten Qualität bieten", sagt er, "Geld, das hält, was es verspricht." Finanziert durch einen Sechs-Millionenkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau, der kofinanziert wurde durch den Rettungsschirm ESM, gelang es den in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannten Helden der Geldherstellung, den Geldausstoß über die fünf Jahre der laufenden Rettung zu vertausendfachen und den Überblick über die abfließenden Trilliarden dennoch nicht zu verlieren. Was die bewirken, kann Karsten Kunze auf einem Flachbildschirm an der Wand seines kleinen, aber geschmackvoll eingerichteten Büros sehen: "Wir haben durch unsere ausgeweitete Produktion 17 Prozent Kaufkraftverlust in den ersten zehn Jahren erreicht", erläutert er, "und wir rechnen mit weiteren 17 Prozent in den fünf Jahren bis 2017".
Der Bargeld-Euro wäre dann 15 Jahre alt und etwa ein Drittel weniger wert als zu Beginn. Kunze schmunzelt. "Da ist man schon stolz", gibt er zu. Doch wird die finnische Baummühle, aus der der Grundstoff für das europäische Geld kommt, ihren Ausstoß noch einmal verzehnfachen können? Können die unterirdischen Produktionshallen binnen weniger Wochen soweit aus- und umgebaut werden, dass Platz wird für die neuen 2000 Mitarbeiter, die nach ersten Berechnungen Kunzes eingestellt werden müssen, um "die vereinbarte Rettung Griechenlands physisch zu unterlegen", wie er formuliert?
Karsten Kunze, geboren in Köthen und nach einer Lehrzeit in den Ruinen der DDR-Staatsdruckerei über die Bundesbank zur EZB gewechselt, weiß es nicht. "Aber wir werden alles geben", verspricht er.
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