Mittwoch, 15. Juli 2015

Bärenfell zum Frühstück

Noch nicht erlegt, da wird der Bär schon gehäutet, serviert und gegessen. Ein Siegesmahl für Deutschland, das sich, so zumindest die deutschen Leitmedien, im Grund gegen alle griechischen Wünsche durchgesetzt hat. Schaut man genauer hin, reibt man sich die Augen: Ja, der Internationale Währungsfonds bleibt in Griechenland. Und ja, es wird keinen Schuldenschnitt geben. Und noch mal ja, die Griechen müssen ihre Renten reformieren und die Mehrwertsteuer erhöhen. Dazu soll es einen Privatisierungs-Treuhandfonds geben, aus dem die Milliarden in den kommenden Jahren nur so sprudeln werden.

Im Gegenzug bekommen sie nicht die vor kurzem noch erwünschten sieben Milliarden. Sondern 86. Zwölfmal mehr.

Weil es mehr nutzt als es schadet, sagt die Kanzlerin. Und das tut es, versichert sie. Aber hat Europa wirklich zwölfmal mehr bekommen als es vor sechs Wochen noch verlangt hat? Als die Griechen sich weigerten, „zu liefern“ (Wolfgang Schäuble)?

Im Juni noch eskalierte der Streit wegen der von den "Geldgebern" (Der Spiegel) geforderten "umfassenden Flexibilisierung des Arbeitsmarkts" und der "tiefgreifenden Reform des kostspieligen Rentensystems" (Tagesschau). Tsipras hatte seinerzeit vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus zu erhöhen, die meisten Frührenten abzuschaffen und die Reichen des Landes mit einer Sondersteuer zu belegen, zudem willigte Tsipras ein, der EU zu versprechen, in den kommenden Jahren einen rein rechnerischen Haushaltsüberschuss vorzuweisen.

Genau das hat Europa auch bekommen, abzüglich der Reichensteuer, allerdings plus eines "Treuhandfonds", der umfangreiche Privatisierungen vorantreiben soll. Privatisierungen, die bereits im ersten Hilfspaket vor fünf Jahren fest vereinbart worden waren - zufällig in derselben Höhe wie heute: 50 Milliarden. Wirklich privatisiert wurden Vermögenswerte für 2,6 Milliarden.

Es ist also noch genug da, um weitere fantastrilliardische Rechenspiele anzustellen. Bis zu 25 Milliarden der nicht existenten Euro sollen verwendet werden, um die griechischen Banken zu rekapitalisieren. Mit den 25 Milliarden, die ebensowenig existieren, weil niemand irgendwo in Griechenland eine Lotterie, ein Gaskraftwerk oder die mit hohen Steuerschulden belastete Bahn kaufen wird, sollen zur Schuldentilgung verwendet werden und der griechischen Regierung die Möglichkeit geben, Investitionen zu tätigen. Die Zeit wird dafür ein weiteres Mal gestreckt: Griechen haben 30 Jahre Zeit, die geforderten 50 Milliarden Euro zusammenzusuchen.

Um die Abwicklung des Verkaufs werden sich Experten kümmern - nicht aus Deutschland, wo dergleichen Bemühungen dazu führten, dass die gesamte Wirtschaft mit Hilfe einer Anschubfinanzierung von 150 Milliarden für letztlich 30 Milliarden Euro an neue Eigentümer verkauft werden konnte. Nein, die Griechen übernehmen die Leitung ihrer Treuhand selbst.

9 Kommentare:

  1. Man hat sich im übrigen etwas Neues einfallen lassen:
    Diese chice kleine Medienkampagne (incl. social media), mit der tränenüberströmt Hitler-Schäuble als Aussauger Griechenlands dargestellt wird.

    Lustig ist, daß unsere Presse nur stotternd erklären kann kann, was denn die Gegenleistung für schlapp 80-90 Mrd. Euro sein soll.

    "Ja, also, da sollen Renten reformiert werden und außer wird die Mehrwertsteuer erhöht. Zudem verspricht Griechenland irgendwann einen Primärüberschuß zu erwirtschaften und selbstvertsöbndlich wird hier niemalsnicht die Bilanz gefälscht. Und außerdem gibt es diesen Rostigebahnschinenverkaufsfonfds."

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  2. Volkskunst : Laibach spielt in Nordkorea . Ein Konzert in israel wurde kurzfristig abgesagt als bekannt wurde , daß der Bandleader Seife in seinem Fanshop verkauft hat . ( Spiegel )

    der Sepp

    Reichskombinat für angewandelte Kulturkritik

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  3. Ich stieß gestern auf dieses Video:
    Die "Politische Vorlesung" am 3.7.15 im Rahmen der Hayek-Tage 2015 in Leipzig.
    Klaus-Peter Willsch (CDU), MdB „Euro-Rettung – Freiheit ohne Verantwortung“.
    https://youtu.be/HM4mFqlBt24

    Ich hatte gar nicht gewusst, daß ich im innerdeutschen Griechenland wohne.

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  4. haben die den hayek, also seine gesellschaft, nicht auch gerade verboten? wegen liberalisierungstendenzen?

    @herold: dasselbe gestottere nehme ich überall wahr. ein eiertanz in der pfanne, herrlich anzusehen

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  5. "Im Gegenzug bekommen sie nicht die vor kurzem noch erwünschten sieben Milliarden. Sondern 86."

    Die sieben Milliarden geisterten ein paar Wochen durch die Medien. Zuerst dachte ich, dass sei ein Versprecher oder ich hätte mich verhört. Das wäre ja ein Traditionsbruch sondersgleichen, wenn Merkel Deutschland nicht um Vielfache von Zehnmilliarden, sondern nur um Milliarden im einstelligen Bereich schädigt.
    Aber doch, es wurde offiziell so kolportiert.

    Am Ende bin ich über die 86.000.000.000 ganz froh. Bleibt alles beim Alten, ich muss mein Weltbild nicht ändern.
    Sehr bequem. Deshalb vielen Dank an die Partei- und Staatsführung.

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  6. "...ein eiertanz in der pfanne, herrlich anzusehen"

    "Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou, eine der härtesten Kritikerinnen innerhalb von Syriza, spricht kurz vor der Abstimmung gar von einem ""Völkermord"."
    Quelle: derstandard

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  7. @ppq
    Nicht die Gesellschaft wurde verboten, sondern die Gesellschaft verbat sich die Kursänderung durch ihre Geschäftsführerin. Die wollte mehr Gender-Multikulti-Kampfgegenrächts, wie es heute selbst bei der Deutschen Kriegsgräberfürsorge Usus ist. Die gute Frau Horn wollte weniger Konservative und Reaktionäre, sprich weniger Scheixxliberale in ihrem Verein. :-)
    Seit vorgestern ist sie nicht mehr im Verein. Gleichschaltung mißlungen wegen dieser elenden Liberalen.

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  8. http://www.pic-upload.de/view-27704041/buy-some-debts.jpg.html

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  9. Killerbee, der geifernde Gilb, nannte die Hayekianer die Salafisten unter den Kapitalisten. Trotz einiger unbedeutender Meinungsverschiedenheiten(grins) neige ich dazu, ihm darin recht zu geben (nochmalgrins). In der SBZ gab es einen plumpen Scherz: "Was ist der Unterschied zwischen einem Büstenhalter und einem Ökonomen*?"
    (*Den "Spatz" hier ausdrücklich ausgenommen...)
    -- Halbgott in Weiß --

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